Eine Zusammenfassung und Kurzanalyse von Oliver Waack-Jürgensen
Nun ist es tatsächlich passiert. Der Bundestag hat am 19.01.2017 ein Gesetz beschlossen, das die Versorgung von PatientInnen mit medizinischem Cannabis regelt. Das Gesetz wurde am 10.03.2017 rechtskräftig. Dies ist sensationell, wenn wir bedenken wie lange es gedauert hat, und natürlich auch, weil endlich den Menschen geholfen werden kann, die auf Cannabis gut reagieren. Mit dem Gesetz fallen einige Hürden weg mit denen Betroffene bisher zu kämpfen hatten, manche davon waren unüberwindbar.
Eine wichtige Neuerung: es muss für Cannabis keine Ausnahmegenehmigung mehr beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beantragt werden. Die Behörde hatte in einem Zeitraum von knapp 2 Jahren etwa 400 Ausnahmegenehmigungen erteilt, die Antragsmenge war offenbar eine Überforderung.
Endlich entfällt zudem in Zukunft der Nachweis, PatientInnen seien mit allen anderen in Frage kommenden Mitteln austherapiert worden, ein Procedere das bisher nur Leid produziert und abgeschreckt hatte. Der Weg zum Schwarzmarkt war dann doch der weniger unangenehme, als Tabletten zu nehmen, die nicht vertragen werden, nur um zu beweisen, dass sie nicht vertragen werden.
Das wird jetzt nicht mehr nötig sein, denn: Betroffene bekommen von informierten und gesonnenen ÄrztInnen ein Rezept, lösen es in der Apotheke ein, und die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Endlich wird der Medizindroge Cannabis der entsprechende gesetzliche Rahmen gegeben.
Also, alles schön? Schauen wir genauer auf den Wortlaut der geänderten Vorschriften und Gesetze, beginnend mit dem BtmG, §19, Abs 2a, der neu hinzugefügt wurde:
(2a) Der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken unterliegt der Kontrolle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Dieses nimmt die Aufgaben einer staatlichen Stelle nach Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe d und Artikel 28 Absatz 1 des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe vom 30. März 1961 (BGBl. 1973 II S. 1354) wahr. Der Kauf von Cannabis zu medizinischen Zwecken durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe d Satz 2 und Artikel 28 Absatz 1 des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe erfolgt nach den Vorschriften des Vergaberechts. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte legt unter Berücksichtigung der für die Erfüllung der Aufgaben nach Satz 2 entstehenden Kosten seinen Herstellerabgabepreis für den Verkauf von Cannabis zu medizinischen Zwecken fest.-
Das BfArM wird also in Zukunft den Handel und die Produktion von Cannabis regeln, Standards und Preise festlegen und Produktionsaufträge an Firmen vergeben. Für diese Aufgaben wird die Cannabis Agentur als Unterorganisation gegründet.
Die nächste gesetzliche Änderung, Verschreibung durch einen Arzt/eine Ärztin, §2 des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften:
2a. | Cannabis in Form von getrockneten Blüten | 100.000 mg,
2b. | Cannabisextrakt (bezogen auf den Δ9-Tetrahydrocannabinol-Gehalt) | 1.000 mg-
Ein Arzt, eine Ärztin darf also bis zu 100g Cannabisblüten verschreiben, was in etwa einem monatlichen Bedarf durch Schwerkranke entspricht. Ich benötige z. B. etwa 60-70g/Monat je nach Qualität.
Der §15 regelt den vereinfachten grenzüberschreitenden Verkehr, es wurde folgender Zusatz hinzugefügt:
(1) Die Vorschriften der §§ 1 bis 12 finden keine Anwendung auf Zubereitungen der in den Anlagen II und III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführten Stoffe, die entweder
1. durch Ärzte, Zahnärzte oder Tierärzte zur zulässigen ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Berufsausübung oder zur ersten Hilfeleistung in angemessenen Mengen oder
2. durch andere Personen in der Dauer der Reise angemessenen Mengen auf Grund ärztlicher Verschreibung oder Bescheinigung für den eigenen Bedarf im grenzüberschreitenden Verkehr mitgeführt werden. Satz 1 Nummer 2 gilt auch für den in der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführten Cannabis in Form von getrockneten Blüten.
Absolut neu ist, dass PatientInnen ihre Blüten über Landesgrenzen hinaus mitführen können, ohne Probleme befürchten zu müssen.
Jetzt werfen wir einen Blick auf den interessantesten Teil des neuen Gesetzes, die Änderungen im SGB V. Arzneimittel und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung §31, Absatz 6:
(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Arzneimittel nach Satz 1 beauftragt. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 5 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten und nutzen. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 8 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 4 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht.-
Im Klartext: eine ärztliche Verordnung von med, Cannabis kann von den Kassen nicht, bzw. nur unter erheblichen vorliegenden Gründen abgelehnt werden, muss zügig bearbeitet werden und das Gesundheitsministerium führt eine Evaluation durch das angeschlossene BfArM auf dem Rücken der Kassen durch. Cannabisblüten können ganz normal verordnet werden, von normalen niedergelassenen ÄrztInnen, wenn die Diagnose stimmt. Diese Veränderung im SGB V ist die eigentliche Sensation, für die das europäische und internationale Ausland grade sehr aufmerksam nach Deutschland schaut und auf die die betroffenen PatientInnen und MedizinerInnen so lange gewartet haben. Jetzt ist es dringend notwendig, die durch 40 Jahre Horrorpropaganda verkrusteten Vorurteile und Irrtümer über Cannabis aufzubrechen, zu informieren und natürlich genug von der Medizin zur Verfügung zu stellen.
Der Anbau und die Standardisierung der im Cannabis enthaltenen Wirkstoffe sollen ebenfalls gesetzlich geregelt werden. Leider ist die Möglichkeit der Eigenversorgung durch Eigenanbau für PatientInnen zum Auffangen von Versorgungslücken im Gesetz nicht vorgesehen. Ein Manko mit Folgen, schon jetzt herrscht große Unsicherheit was Versorgungs- und Rechtslage angeht, es wird sicher eine Weile dauern, bis sich alles normalisiert hat und auch Ärzte und Apotheker, die bisher nichts oder wenig über Cannabis wussten, verantwortlich damit umgehen.
Ich habe heute mein Rezept erhalten, es an die KK gefaxt und bin auf die Reaktion gespannt. Ihr könnt das hier in der Kommentarspalte weiter verfolgen, ich halte euch auf dem Laufenden.
Die kontinuierliche Versorgung ist laut BfArM bis 2019 durch Importe aus Kanada und den Niederlanden gesichert. Im Jahr 2019 soll dann die Versorgung durch Produzenten im eigenen Land unter dem Dach der Cannabis Agentur gewährleistet sein:
http://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Cannabisagentur/_node.html
Wir wissen aber, dass es in der Vergangenheit bei knapp eintausend registrierten PatientInnen zu erheblichen Versorgungsschwierigkeiten kam, obwohl bereits aus den Niederlanden importiert wurde, und gehen davon aus, dass mit dem neuen Gesetz auch ein Ansturm auf Praxen stattfindet in dessen Folge sich die Anzahl der PatientInnen vervielfacht. Länder, die med. Cannabis liefern können stehen selbst an der Schwelle zur med. Freigabe und können bisher kaum die eigenen Leute versorgen. Nach meiner Einschätzung ist es ausgeschlossen, bis 2019 mit der Entwicklung Schritt zu halten, daher bleibt die Forderung nach Eigenversorgung durch Eigenanbau, individuell und als Cannabis Social Club.
Das Argument, es entstünde wieder ein Schwarzhandel, kann leicht entkräftet werden. Einfachste Gegenmaßnahme ist die Freigabe von Cannabis für Erwachsene, dann kann der Handel besteuert werden und unter Aufsicht stattfinden. Es wird ja auch problemlos zwischen Pfefferminze als Tee und als med. wirksames Kraut unterschieden, warum nicht auch Cannabis?
In einem Cannabis Social Club organisierte PatientInnen sichern ihre Versorgung dadurch, dass sie Fachkundigen Mitgliedern die Aufgabe übertragen, durch professionellen, geschützten Anbau die benötigten Mengen zur Verfügung zu stellen. Dies kann problemlos von MedizinerInnen und ApothekerInnen beaufsichtigt werden, die Inhaltsstoffe und die Wirksamkeit kann getestet werden und nach den neuen Standards bewertet (s.o.). Überschüssige Mengen können über Apotheken an andere PatientInnen weitergegeben werden.
Es gibt Risiken bei der industriellen Erzeugung von med. wirksamen Cannabis. Der Befall mit Schimmelpilz ist eine davon, in den USA kam es bereits zu einem Todesfall aufgrund einer Reaktion auf Schimmelpilz in med. Cannabis. Dieser Schimmel kann, wie erfahrene ProduzentInnen wissen, quasi über Nacht auf einzelnen Blüten der Pflanzen auftreten, es reicht wenn der Bereich nicht ausreichend durchwirbelt ist, oder die Blüte einfach zu dick und saftig wird. In einer Halle oder auf dem Feld kann Mensch unmöglich alle Blüten täglich auf Schimmel kontrollieren. In einem hermetischen Raum, der bis etwa einhundert Menschen die Versorgung sichern soll, schon.
Die Krankenkassen haben unlängst die Kostenübernahme abgelehnt, Begründung: Cannabis sei unwirksam. Ich finde das sehr unverschämt, in diesem Land wurden nicht wenige Menschen ihrer Freiheit beraubt für eine Droge, die gesetzlich auf einer Höhe wie Heroin rangierte. Jetzt so dummdreist zu argumentieren ist ein Schlag ins Gesicht Betroffener. Zum Glück spricht das Gesetz Klartext, die Kassen werden sich danach richten müssen. Ihr dürft euch nicht abwimmeln lassen, bitte helft euch untereinander, bei der Suche nach MedizinerInnen und organisiert euch. Schreibt mir wenn ihr Hilfe braucht, holt euch Rat bei Leuten, die Ahnung haben. Erzählt den ÄrztInnen von euren Erfahrungen, sie sind es, die jetzt von euch lernen können.
Bedenken oder nicht, endlich wurde seitens der Regierung gehandelt und endlich können Menschen die positive medizinische Wirkung von Cannabis genießen ohne kriminalisiert zu werden. Das ist als ein vernünftiger erster Schritt sehr zu begrüßen, in dessen Folge noch weitere zu erwarten sind. Das Cannabis kommt aus der Schmuddelecke heraus, geben wir diesem Kraut seinen Platz als Medizin und Genussmittel zurück.
Quellen:
http://www.buzer.de/gesetz/12424/l.htm
http://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Cannabisagentur/_node.html
Hi Olli,
eine Frage habe ich dann doch. Welche Krankheiten werden, oder können (oder dürfen) denn behandelt werden? Nur Krankheiten mit Schmerzen, oder vielleicht auch Bluthochdruck?
Hallo Mirco,
Die essentielle Hypertonie ist wohl eher keine Indikation für med. Cannabis, jedenfalls ist mir zu diesem Krankheitsbild nichts bekannt. Werde bei Gelegenheit mal recherchieren. Du könntest auf den entspannenden Effekt hinweisen, dass du dich mit Cannabis nicht so schnell aufregst und die Dinge gelassener siehst, was ja eine positive Wirkung auf den Blutdruck hat.
Du brauchst verständige/n Arzt/Ärtin, das ist entscheidend.
„…eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.“ sagt das neue Gesetz. das lässt durchaus Spielraum für findige MedizinerInnen, meine ich.
Update 1
Ich habe ja wie oben beschrieben, mein Rezept über 50g Cannabis zusammen mit folgendem Text an die zuständige Krankenkasse gefaxt, und nur 3 Tage später postalisch Antwort erhalten.
Hier mein Text:
Mit der Bitte um Kenntnisnahme und schnelle Bearbeitung auf der Grundlage des Artikel 4 §31 SGB V in der ab 10.03.2017 geltenden neuen Fassung.
Diagnosen … können durch den verschreibenden Arzt bestätigt werden. Bitte ermöglichen sie mir zeitnah einen Zugang zu dem Medikament, welches mir am besten hilft.
…
Hier die Antwort der KK, nach 3 Tagen, die mir im Original vorliegt:
…
Wir erhielten für sie einen Antrag auf Kostenübernahme von Cannabis Blüten.
Im Rahmen gesetzlicher Änderungen wurden die Zugangsvoraussetzungen zu Cannabispräparaten, insbesondere auch die Voraussetzungen für eine etwaige Kostenübernahme entsprechender Präparate durch die gesetzliche Krankenversicherung, neu geregelt. (Stimmt!)
Damit wir über den uns vorliegenden Antrag entscheiden können, fehlen uns weiterführende Informationen zu ihrem Krankheitsbild und dem bisherigen Behandlungsverlauf. Aus diesem Grund haben wir ihren behandelnden Arzt schriftlich per Telefax kontaktiert und um eine ärztliche Stellungnahme gebeten.
Sobald uns diese vorliegt, werden wir die zur Verfügung stehenden Unterlagen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Bitte um eine sozialmedizinische Beurteilung vorlegen. (nicht im Gesetz verpflichtend vorgesehen, aber ok.)
Wir möchten sie aus diesem Grund um etwas Geduld bitten und werden sie unaufgefordert über unsere Entscheidung informieren. Vielen Dank für ihr Verständnis.
Haben sie Fragen? Rufen sie uns an, wir beraten sie gerne.
…
Was fällt auf? Transparenz, keine Fragenkataloge bevor überhaupt ein Rezept ausgestellt wurde, keine verpflichtende Registrierung des verschreibenden Arztes, Kontaktaufnahme zur Diagnosebestätigung ist ein normaler Vorgang.
Das Rezept ist schlicht auf 50g Cannabisblüten ausgestellt, es ist kein BTM Rezept, es hat keine Angaben zum Produkt, es ist ein ganz normales Rezept wie für Tramal, Diazepam oder Ibuprofen. Und die Kasse bearbeitet es offenbar.
Wozu also dieser Fragenkatalog der AOK, der widerspruchlos als vermeintlich hilfreiche Handreichung hingenommen wird, wenn es offenbar doch viel einfacher geht, genau wie es im Gesetz auch gemacht wurde: einfacher Zugang für PatientInnen.
Der Rest ist Augenwischerei und Nebelwerfen.
Lest genau, was jetzt Recht ist und lasst euch nichts vernebeln.
Update 2
Hier die Antwort des BfArM auf eine Patientenanfrage, zum Thema wer darf wie verschreiben. Meine Einschätzung wird bestätigt:
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1480755865288429
Grundsätzlich darf jeder Arzt/jede Ärztin ein Rezept auf med. Cannabis ausstellen.
Update 3
Howto med. Cannabis
Ein kurzer Leitfaden für Patientinnen und MedizinerInnen
Mit dem neuen Gesetz zur Abgabe von med. Cannabis an PatientInnen sind viele Herausforderungen an Betroffene verbunden. Was Jahrzehnte lang verpönt und in der schmuddeligen Drogenecke verortet wurde, ist nun Medizin für bestimmte Krankheitsbilder. Das führt zu Missverständnissen und Fehleinschätzungen auf allen Seiten.
Bei welchen Krankheiten hilft med. Cannabis und in welcher Form? Kann für den Schmerz der Arthritis das Gleiche verschrieben werden wie bei Migräne?
Der folgende kurze Leitfaden soll MedizinerInnen und PatientInnen helfen, sich zu orientieren und gemeinsam die nötigen ersten Schritte zu tun, um die passende Anwendung zu finden.
Bei welchen Krankheitsbilder ist med. Cannabis im Sinne der neuen Verordnung angezeigt?
1. Schwere und schwerste Erkrankungen.
2. Erkrankungen bei denen andere Therapien bisher versagten oder aus Gründen nicht angewendet werden können.
3. Krankheiten mit schweren Schmerzsyndromen, oder chronisch degenerative Erkrankungen bei denen eine nicht geringe Aussicht auf Besserung der Symptome in absehbarer Zeit besteht, z.B. chronische Polyarthritis, Arthrose, Multiple Sklerose, Morbus Bechterev, Neuralgien, Migräne und migränöser Kopfschmerz, Neuopathien, Poliomyelitis, Epilepsie, Schlafstörungen, Posttraumatische Störungen, Alzheimer, u.v.m.
Wie und wieviel med. Cannabis kann ich als MedizinerIn verschreiben?
Ein normales Rezept wie für andere Schmerzmittel auch kann ausgestellt werden. Auf einer Verordnung können bis zu 100g (einhundert Gramm) angegeben werden, für sehr schwer Erkrankte ist das etwa die monatliche Dosis. Im, Durchschnitt sind etwa 50-60g/Monat ausreichend. In Einzelfällen kann das aber um ein Vielfaches erhöht sein.
Wie nehme ich die Wirkstoffe zu mir? Muss ich das rauchen?
Rauchen ist nur eine mögliche Form, um die medizinisch wirksamen Bestandteile von Cannabis dem Körper zuzuführen. Manche bevorzugen den Konsum der getrockneten Blüten der Pflanze, Anderen bekommt das Medikament in Tropfenform, als Tablette, oder als Spray besser. Für die Ungeübten ist das High oft unangenehm oder unerwünscht, daher kommen eventuell isolierte Extrakte der wirksamen Cannabinoide in Frage. Andere PatientInnen schätzen die volle Wirkung der getrockneten Blüten, die aufrichtende Wirkung des sanften Highs.
Die unterschiedliche Wirkung von Cannabinoiden auf den Organismus ist hierzulande noch unerforscht. Die Cannabis Agentur möchte, in Zusammenarbeit mit MedizinerInnen, Herstellern und Patientinnen, diese Forschung begleitend zum neuen Gesetz durchführen und die Ergebnisse der Evaulation regelmäßig veröffentlichen. Wir sind also gefordert, mutig und wachsam auf dieses neue Medikament zuzugehen und unsere Erfahrungen damit zu machen.
http://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/Cannabis/Cannabisagentur/_node.html
Die Blüten können geraucht oder verdampft werden, was bekömmlicher und medizinisch wirksamer ist als rauchen. Ebenso können passende Dosierungen in Speisen eingenommen werden. Medizinische Verdampfer sind im Fachhandel erhältlich, bei guten Geräten lässt sich die Temperatur genau regulieren.
Was mache ich als PatientIn mit dem Rezept?
Das erste Rezept wird einmalig kopiert an die Krankenkasse, speziell die Abteilung für Arzneimittelgenehmigung, geschickt oder gefaxt. Sobald der Eingang durch die Kasse bestätigt wird, ist der Antrag auf Übernahme der Koste für med. Cannabis in Bearbeitung, s.o.
Die Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ist gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben. Die Bearbeitung soll zügig erfolgen.Die Kostenübernahme ist „nur in begründten Ausnahmefällen abzulehnen.“
Werden die Kosten übernommen, gilt das laut Gesetz auf unbestimmte Zeit, zumindest bis zum Ende der angeschlossenen Erhebung durch das BfArM 2022.
Für die folgenden Rezepte gilt also die Kostenübernahme bis auf Widerruf. In dem Punkt ist das Gesetz ganz klar, s.o.
Update 4
Die Kostenübernahme für meine Verordnung von med. Cannabis wurde von der Krankenkasse abgelehnt.
In dem Schreiben wird die Ablehnung der Kostenübernahme mit der Einschätzung des eingeschalteten MDK begründet. Der begutachtende Mediziner des MDK sieht in meinem Fall keine schwere Erkrankung vorliegen.
Zudem seien von meinem Arzt nur unzureichende Angaben zum Fall gekommen.
Mein Arzt hatte sich die Mühe gemacht, ein 4-seitiges Attest zu erstellen, in dem umfangreich Krankheitsgeschichte, Verlauf und Prognose enthalten waren, ebenso wie die Probleme der Medikation mit Opioiden und Antiphlogistika. Der positive Gebrauch von Cannabis zur Linderung meiner Beschwerden wird ebenfalls attestiert. Die Behauptung, es seien unzureichende Angaben von ihm gekommen, hat ihn ziemlich aufgeregt.
Ich bin schon entsetzt, wie eine so sorgfältige Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch eine anonyme Person in einer gesetzlich in diesem Fall nicht zwingend vorgeschriebenen Kontrollinstanz derart abgeschmettert werden kann, indem einfach das Gegenteil der vorgelegten Fakten behauptet wird. Eine Ablehnung der Kostenübernhame darf laut Gesetz nur in extremen Ausnahmefällen begründet sein. So eine dreiste Behauptung ist keine Begründung für eine Ablehnung.
Es versteht sich von selbst, dass ich das so nicht hinnehmen werde, aber ich frage mich schon, wie so eine Vorgehensweise den Betroffenen helfen soll, an ihre Medizin zu kommen. Welcher Erkrankte hat die Energie, Zeit uind den Willen sich gegen eine solche Ignoranz zu wehren?
Wer euch wie helfen kann, und was sich sonst so ereignet, demnächst hier auf PEIRA.
Noch etwas. Wir möchte einen Infoflyer Howto med. Cannabis für Patienten und Ärzte drucken und bitten dafür um Spenden an PEIRA e.V. Stichwort Flyer, die Daten findet ihr auf der Homepage.
Danke!
Update 5
Inzwischen habe ich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme Widerspruch eingelegt. Daraufhin erhielt ich ein 2-seitiges Schreiben einer Person, die offenbar der bisherigen Sachbearbeiterin vorgesetzt ist.
Sehr ausführlich werde ich über die Sicht der Krankenkasse in meinem Fall informiert. Über die enorme Verpflichtung, sorgfältig zu arbeiten. Mein Hinweis, unsere Korrespondenz hier anonymisiert zu veröffentlichen, löste einen Alarm in der Rechtsabteilung aus.
Um dem vorzubeugen, und euch wirklich ärgerliches Herumgeeier zu ersparen, gibt es hier nur meine Antwort auf die Antwort auf den Widerspruch zur Ablehnung, anonymisiert:
Sehr geehrter XXXXXX,
ihr Schreiben vom 25.04.2017 habe ich erhalten, und bedanke mich für die Zeit, die sie sich in meinem Fall nehmen, um mich über die Zusammenhänge meinen Antrag auf Kostenübernahme von med. Cannabis betreffend, aus Sicht der Krankenkassen aufzuklären.
Obwohl ich gehofft hatte, ihre Abteilung wäre willens und fähig die neue Lage wohlwollend und offen beurteilen zu können, finde ich ihre wiederholte Fehldeutung meines Falles und der medizinischen Diagnose enttäuschend.
Durch meine Tätigkeiten in der Pflege, in der Altenpflege und als Physiotherapeut, sowie als Beauftragter für Suchtpolitik im LV Berlin habe ich durchaus eine konkrete Vorstellung davon, wie es im Gesundheitswesen läuft, auch wenn ich zugegebenermaßen länger nicht mehr in Pflege gearbeitet habe. Ich wurde durch meine Krankheit 2015 arbeitslos, bin von der Amtsärztin als nicht vermittelbar eingestuft und lebe von SGB2.
Sie schreiben, dass eine Verordnung von cannabishaltigen Arzneimitteln nicht automatisch in der Regel als genehmigt gelten darf. Hier stimme ich ihnen zu, allerdings muss die Genehmigung bei Vorhandensein einer schweren Erkrankung erteilt werden. Ich gehe später nochmal darauf ein.
Dann schreiben sie, dass es ihre Pflicht ist, wenn es die Schwere der Erkrankung oder der Krankheitsverlauf erfordert, den MDK zur Beurteilung hinzuzuziehen. Im Umkehrschluss bedeutet das wohl, dass bei mir eine schwere Erkrankung vorliegt.
Lauf der neuen Verordnung soll der MDK allerdings nur bei sehr schweren und schwersten Erkrankungen nach $37b hinzugezogen werden müssen, wo dann allerdings eine Entscheidung innerhalb von 3 Tagen gefällt werden muss. Stichwort Palliativmedizin.
Es ist also bei einer „normalen“ schweren Erkrankung keinesfalls so, dass der MDK beteiligt werden muss. Hier greifen andere Kriterien, deren Erläuterung ich ihnen erspare.
Ich habe nie behauptet sie hätten dazu kein Recht, allerdings gibt es, wie in meinem Fall, auch keine Pflicht. Sie müssen es nicht, wenn sie die neue Verordnung wohlwollender interpretierten, als sie es offenbar tun. Eine ärztliche Verordnung genügt, das haben andere Kassen mittlerweile begriffen.
Ich empfinde es als unangenehm, wenn durch einen anonymen Gutachter meinem Arzt so quasi Nachlässigkeit und mangelnde Mitarbeit unterstellt wird, die ärztliche Verordnung hat noch einen gewissen Wert, der MDK ist dafür kein Ersatz. Der Chirurg hat mit Abstand die beste Arbeit von Allen geleistet. Ihre Ablehnung hat ihn schockiert. Wir bitten sie, uns mitzuteilen welcher Medizinische Dienst zur Stellungnahme herangezogen wurde.
Der zuständige Chirurg und Orthopäde hat ihnen ein 4Seitiges Gutachten geschrieben. Sie haben einen Haufen Daten über mich gespeichert, abrufbar, meine Operationen, die erste mit 18, Beck´sche Bohrung, meine Implantate, die schwere bis schwerste Arthrose in diversen Gelenken, was ist eigentlich genau ihr Problem? Glauben sie Cannabis ist des Teufels? Ich versichere ihnen, dass dem nicht so ist. Mir tut es sehr gut. Ich muss auch nicht mehr nachweisen, alle anderen Medikamente probiert zu haben, weil es eine „oder“, keine „und“ Bestimmung ist. Ich brauche es auch nicht als Suchtmittel, das hat der Arzt bereits beurteilt.
Eine weitere Fehlannahme ist meiner bescheidenen Meinung nach, dass cannabishaltige Arzneimittel auch nach den gesetzlichen Änderungen nach wie vor nicht in der Regel zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören. Genau das ist der Fall, wenn schwere und schwerste Erkrankungen, sowie die ärztliche Verordnung vorliegen. Nach den gesetzlich neu festgelegten „oder“ Kriterien. Die ärztliche Verordnung genügt, dazu gibt es eine schriftliche Bestätigung des BfArM und der AOK.
Der für mich wichtigste Punkt: wenn „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.“
Das ist wohl unstrittig, dass dies bei mir der Fall ist. Also geben sie sich einen Ruck, hören sie auf, auf Zeit zu spielen und übernehmen sie bitte zeitnah die Kosten für mein Medikament.
Ein letztes Missverständnis, das es aufzuklären gilt, ist die anonymisierte Veröffentlichung unserer Korrespondenz. Mir schleierhaft, wieso sie ignorieren, dass ich „anonymisiert“ schrieb, und dafür die Rechtsabteilung bemühen.
Mein Bestreben ist es, den Patienten und PatientInnen, denen medizinisches Cannabis hilft, zu ihrem neuen Recht zu verhelfen, welches wir als echten Fortschritt und Erleichterung begrüßen, aus vielen Gründen. Daher wird alles, was mit meinem Antrag auf Kostenübernahme zu tun hat, anonymisiert gepostet um anderen Betroffenen, Patienten wie Ärzten, etwas in die Hand zu geben, zu informieren und zu helfen. Es geht nicht darum ihnen eins auszuwischen, oder Druck zu erzeugen. Es tut mir leid, wenn Transparenz sie stresst, aber so geht’s nunmal, anonymisiert und doch transparent. Bevor sie weiter ihre Juristen bemühen, werde ich vorläufig nur meine Antworten posten.
Eins noch: der Widerspruch ist als Fax eingegangen, nicht als Email. In der Email wurde der Widerspruch angekündigt, eingegangen ist er als Fax, das muss nicht unterschrieben sein, da es, wie dieses Schreiben, direkt von meinem Modem kommt, und ist somit juristisch Gültigkeit hat. Bitte ersparen sie uns das mit den „Formfehlern“, und helfen sie einfach.
Damit das erledigt ist und sie nicht weiter stört, sende ich parallel den Widerspruch und dieses Schreiben unterzeichnet postalisch zu.
Mit freundlichen Grüßen
Update 6
Nach zwei weiteren ablehnenden Schreiben der Kasse ist für mich erstmal Schluss mit dem Versuch, auf diesem Wege etwas zu erreichen.
Warum soll ich mich Menschen ggü wieder und wieder rechtfertigen, warum soll meinem Arzt mehr und mehr zusätzliche Arbeit aufgebürdet werden, wenn doch langsam klar wird, die Kostenübernahme für mein med. Cannabis wird nicht genehmigt, bzw. so lange verschleppt, bis ich aufgebe oder die Juristen bemühe.
Das tue ich jetzt, ich bemühe Juristen und wende mich an die Aufsichtsbehörden der Krankenkassen.
Hier mein finaler Text an die Abteilung Arzneimittelgenehmigung der IKK Hamburg.
Hallo Herr Xxxxx,
ihr Schreiben von vergangener Woche habe ich erhalten und zur Kenntnis genommen. Sie fordern darin eine genaue Aufstellung der verordneten Medikamente, mit Zeitangaben und ausführlichen Beschreibungen der Nebenwirkungen.
Damit ist mir klar geworden, dass sie einer offenen Argumentation nicht zugänglich sind, und mir mein Medikament mit fadenscheinigen Argumenten und unnötigen Zusatzhürden wieder und wieder verwehren werden, während meine Not großer wird und die Krankheit voran schreitet.
Eine Austherapiertheit ist gesetzlich nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Welche Medikamente ich eingenommen habe und wie sie wirkten, habe ich ihnen bereits beschrieben, es ist für die Kostenübernahme irrelevant da 2 weitere Voraussetzungen (schwere Erkrankung, nicht geringe Aussicht auf Besserung der Symptome) gegeben sind, und bereits dokumentiert wurden.
Zu ihren Ausführungen, was die fehlende Zulassung von med. Cannabis als Arzneimittel betrifft, merke ich folgendes an: dem Gesetzgeber war dies bewusst und deshalb wurde der Leistungskatalog der GKV gesetzlich erweitert, eine Regelung, der sie sich konsequent verweigern. Ihre ganze Art und Weise mit meinem Antrag umzugehen, ist auf Hinhalten, Blockieren und Abwimmeln ausgelegt. Bestimmt ein Traumjob.
Im Übrigen warten wir noch darauf, dass uns mitgeteilt wird, welcher MDK zur Beurteilung meines Falles herangezogen wurde, bitte holen sie dies unverzüglich nach.
Dieses Schreiben ist vorläufig das Letzte, welches sie von mir erhalten. Es stehen ihnen alle Unterlagen und Fakten zur Verfügung, um meinen Fall positiv zu bescheiden.
In Zukunft werde ich mich falls nötig direkt an die für diesen Fall zuständigen Aufsichtsbehörden und Gerichte wenden. Jeden weiteren Tag, an dem ich mir das Medikament auf dem Schwarzmarkt besorgen muss, mit allen Risiken, Kosten und dem damit verbundenen Bewegungsschmerz, verdanke ich ihnen, und da bin ich sehr wahrscheinlich nicht der Einzige.
Ich behalte sie daher als einen Menschen in Erinnerung, der vorsätzlich schwer Erkrankte auflaufen lässt.
Danke für Nichts.
Oliver Waack-Jürgensen
Hallo Olli,
habe gerade das Gleich vor. Bin jetzt bei meinem ersten Widerspruch bei der BKK Mobil Oil.
Bin gespannt wie die reagieren. Hab da schon einmal ein Verfahren gehabt, was leider sehr lange dauerte und letztendlich anders geregelt wurde.
Wenn allerdings mein Widerspruch abgelehnt wird, dann schalte ich den VdK oder den DGB-Rechtsschutz ein.
Bin dort zum Glück Mitglied, wegen meiner Klage auf EMR und GdB usw.
Recht muss Recht bleiben und das setzen wir hoffentlich durch, auch wenn wir von SGB II leben, das geht schon!
Ich werd mir diese Seite speichern und deine Berichte verfolgen. Wenn sich bei mir etwas ergibt melde ich mich wieder.
Viel Erfolg!!!
Ralf
Nach einer längeren Sommerpause geht die Geschichte um meinen Antrag auf Kostenübernahme für mein medizinisches Cannabis in die nächste Runde.
Im August erhielt ich ein Schreiben der Widerspruchsstelle, in dem auf drei Seiten alles aufgezählt und wiederholt wurde was bisher an Schriftsätzen hin und her ging. Am Ende auf Seite 4 wurde mein Widerspruch mit der Begründung abgelehnt, das Fax mit dem Widerspruch sei nicht unterzeichnet gewesen.
Also eine rein formale Begründung, bei der die gesamte bisherige Argumentation weggewischt wird, weil angeblich eine Unterschrift fehlte. Das Fax sei deshalb „ein simples elektronisches Dokument“ und daher nicht rechtsgültig.
Ich könne gegen die Entscheidung, die der MDK in Sachsen getroffen hat beim Sozialgericht Berlin Widerspruch einlegen.
Da, nach meiner bescheidenen Auffassung, die Ablehnung der Kostenübernahme bereits rechtswidrig war, war ich natürlich bereit auch den nächsten Schritt zu gehen.
Also hab ich meine ganzen Papiere zusammen gekramt, sortiert, kopiert, unterschrieben und ging zum Sozialgericht Berlin in der Invalidenstraße, unweit vom Hauptbahnhof.
Am Eingang wurde ich gründlich durchleuchtet und abgetastet, mein immer sichtbar angeschwollenes Kniegelenk hat den Beamten leicht irritiert und er bewies Sorgfalt, indem er das Gelenk gründlich abtastete.
Nachdem ich noch den Smoothie aus der Tasche geholt habe, um zu zeigen das die Glasflasche harmlos ist und eine normale Funktion erfüllt, nämlich zu verhindern das der Smoothie in die Tasche fließt, durfte ich endlich eintreten.
Der Flur vor der Rechtsantragsannahmestelle war bis auf eine Frau, die kurz vor mir eintraf, leer.
Als ich an der Reihe war meinen Antrag auf ein Verfahren beim Sozialgericht zu stellen, wurde ich von 2 BeamtInnen mit der Frage empfangen, worum es denn in meinem Fall ginge. Ich erklärte in kurzen Worten mein Anliegen und war einigermaßen überrascht über die durchaus offene und hilfreiche Reaktion. Selbst mich kostet es immer noch einige Überwindung frei über Cannabis zu reden. In so einer Situation, in einem Justizgebäude, umgeben von Uniformierten, nach dem Empfang, ganz besonders.
Aber die BeamtInnen waren ganz klar bemüht, mir beim korrekten Einreichen dieses Antrages behilflich zu sein. Während sie mein Anliegen aufnahmen, entspann sich ein interessantes Gespräch über Drogenpolitik. Es war eine schöne Erfahrung an einem so ernsten Ort.
Ich kann euch nur empfehlen, diesen Schritt zu gehen, wenn nichts Anderes hilft.
Bin gespannt wie es weiter geht.
Vor ein paar Tagen hatte ich überraschend Post vom Sozialgericht im Briefkasten. In dem Umschlag fand ich den Antrag der IKK Hamburg, das von mir beantragte Verfahren die Kostenübernahme betreffend einzustellen. Begründet wird dieser Antrag auf vier Seiten, die in für bestimmte JuristInnen typisch unerträglicher Weise mit Geschwurbel und einer Gemengelage aus EU- und einheimischen Paragraphen vollgeschrieben sind. 4 Seiten, die, wenn man sie endlich durchgearbeitet hat, das Gefühl jede Minute davon zu bereuen hinterlassen.
Ein beigelegtes Schreiben allerdings hellte meine Stimmung auf. Die bearbeitende RichterIn hatte auf die Begründung der Ablehnung meines o.a. Widerspruchts wegen der angeblich fehlenden Unterschrift geantwortet.
Sie macht klar, dass selbst bei fehlender Unterschrift die Zuordnung zu Fall und Person unstrittig sei, und solch Formfehler kaum als Begründung für eine Ablehnung herhalten kann, und begründet dies.
Hat mich gefreut. Jetzt muss wohl erstmal über den Antrag auf Einstellung entschieden werden.
Holt euch neues Popcorn, wir sind noch lange nicht fertig.
Wieder Post vom Sozialgericht. Es hatte meine Unterlagen von KH und Chirurg angefordert. Zu meiner Freude waren diese Unterlagen sehr umfangreich und detailliert. Im Bericht steht ganz klar, an verschiedenen Stellen, dass Cannabis mir von allen verwendeten Analgetika am besten hilft, dazu eine präzise Auflistung aller Termine, OPs und Verordnungen sowie Diagnosen.
Mir ging eine Kopie zu, und eine Kopie des Schreibens, in dem das Gericht die Kasse auffordert, zu den Berichten Stellung zu nehmen.
Darauf bin ich sehr gespannt.
Hallo werte Mitlesende,
nach längerer Zeit der Ereignislosigkeit bekam ich ein Schreiben vom Sozialgericht, in dem zwar nicht auf die fehlende Einlassung zur Begutachtung seitens der Krankenkasse eingegangen wird, aber mir schonmal die Aussicht auf ein Verfahren genommen, und seitens der Richterin bezweifelt wird, dass bei mir eine schwere Erkrankung vorliegt.
Etwa zeitgleich jährte sich die Verordnung zur Versorgung von PatientInnen mit med. Cannabis, und ich musste leider den ein oder anderen Irrtum eingestehen:
Es ist leider kein normales Rezept für med. Cannabis erforderlich, sondern ein BTM-Rezept, das aber auch die meisten MedizinerInnen ausstellen können, wenn sie wollen. Es tut mir leid, wenn aufgrund meines Blogartikels diesbezüglich ein falscher Eindruck entstanden ist. Im Folgeblog, ein Jahr Verordnung, stelle ich das richtig.
Zurück zum Verfahren. Ein Formfehler bei meinem ersten Widerspruch gg. die Ablehnung der Kostenübernahme seitens der Krankenkasse war dann ein weiterer Hinweis darauf, dass dieses Verfahren an Formfehlern scheitern kann, und wahrscheinlich wird, und ich den Antrag auf ein Verfahren zurückgezogen habe.
Jetzt fange ich nochmal von vorn an. Ein Krankenkassenwechsel, weg von der IKK, steht auch an.
Wie schauts bei euch aus?