Die globale Erwärmung schnell stoppen

Ein Gastbeitrag von von Heiko Schröder, PhD

„Es war der 20. August 2018, der erste Schultag in Stockholm nach dem heißesten Sommer, den weite Teile Schwedens je erlebt hatten. Aber Greta Thunberg, 15 und schulpflichtig, ging nicht zum Unterricht. Sondern zum Parlament des Königreichs Schweden, das in drei Wochenneu gewählt werden sollte. Sie hockte sich auf den Steinboden vor das Gebäude oder sie verteilte Handzettel. Mit dem Text:

„Wir Kinder tun oft nicht das, was ihr uns sagt. Wir tun das, was ihr tut. Und weil ihr Erwachsenen auf meine Zukunft scheißt, tue ich das auch. Mein Name ist Greta, und ich bin in der neunten Klasse. Und ich bestreike die Schule für das Klima bis zum Tag der Wahl.“

Am ersten Tag saß Greta Thunberg einsam und allein vor dem Schwedischen Reichstag. Wer hätte gedacht, dass sich daraus eine weltweite Bewegung entwickelt – es war wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Sturm auslöst – ein Beispiel für Unvorhersehbarkeit, dass in der Einleitung zur Chaostheorie verwendet wird (Edward N. Lorenz). Greta Thunberg wurde inzwischen sogar für den Nobelpreis nominiert. Auch jetzt kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, wie sich die Auswirkungen ihrer Demonstration weiterentwickeln werden – vielleicht wird CO2 Ausstoß bedingt durch die wachsenden Proteste nun doch drastisch verringert – aber vielleicht fällt die Gesellschaft auch wieder in Lethargie zurück. Was kann oder muss getan werden, damit der Klimawandel schnell und genug gebremst wird?

Die Katastrophe naht

Schon 1970 erschien das Buch „Die Grenzen der Wachstums, Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“ (Dennis Meadows). Dieses Buch zeigt das Ausmaß der Katastrophe, die zu erwarten ist, wenn nichts geändert wird (Abbildung 1). Bei genauerer Betrachtung der Graphik erkennt man, dass sich alle Parameter von 1970 bis 2000 etwa so entwickelt haben, wie vom Club of Rom vorhergesagt, sie sind nur geringfügig besser verlaufen. Dass sie etwas besser verlaufen sind, liegt wohl daran, dass das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ positiven Einfluss hatte – aber eben keinen großen. Was nötig ist, ist auf vorhersehbare Probleme zu reagieren, also zu einem Zeitpunkt zu reagieren, wo man die Auswirkungen unseres Handelns noch gar nicht oder fast nicht sehen kann. Bei solchen Entscheidungen brauchen wir die Hilfe der Wissenschaft; denn die Wissenschaft kennt z.B. die langfristigen Konsequenzen unseres CO2 Ausstoßes recht gut, und Wissenschaftler erklären uns, dass es zur Erwärmung der Erdatmosphäre führt, dass es zur Erhöhung der Meeresspiegel führt – beides mit katastrophalem Ausmaß. Auch Greta Thunberg ermahnt uns ständig auf die Wissenschaft zu hören; aber es fällt uns offenbar schwer entsprechend zu handeln, weil wir die Konsequenzen recht wenig spüren und zum Teil noch gar nicht spüren können. Wir laufen auf große Katastrophen zu, obwohl wir in der Lage wären, sie oder besser uns zu stoppen.


Abbildung 1: Graphik erstellt vom Club of Rome 1972 erstellt mit der tatsächlichen Entwicklung ergänzt von Herbert Saurugg

In Abbildung 1 ist auch zu sehen, dass es im Jahr 2030 einen dramatischen Zusammenbruch unseres Wirtschaftssystems und damit unserer Industrieproduktion und auch unserer Ernährung geben wird. Diese Vorhersagen beziehen sich aber nur auf den zu schnellen Verbrauch unserer Ressourcen und nicht auf die Erderwärmung. Die Erderwärmung verlangt viel früheres Handeln. Es ist offenbar höchste Zeit, jetzt Maßnahmen zu ergreifen, die das verhindern oder, wenigstens soweit es noch möglich ist, abzuschwächen.

Es gibt viele Alternativen zu fossilen Brennstoffen

Der Knappheit der fossilen Brennstoffe und auch die großen Möglichkeiten, die alternative Energien der Menschheit bieten, sind in Abbildung 2 zu sehen. Man kann ablesen, wie schnell der Zusammenbruch naht, wenn nichts entscheidend geändert wird, und man kann auch sehen, in welche Richtung diese Veränderungen gehen müssen.

Abbildung 2: Die Energiereserven auf der Erde

Das Bild der Erde (links im Bild) gibt mit seiner Größe an, wieviel fossile Brennstoffe wir zurzeit und in naher Zukunft (2010-2050) unwiederbringlich vernichten. Die vier größeren Kreise rechts zeigen wieviel Fossile Brennstoffe und Uran auf der Erde vorhanden sind.Aus den der Graphik zugrunde liegenden Zahlen kann man errechnen, dass Gas, Öl, Uran und Kohle zusammen nach etwa 85 Jahren total aufgebraucht würden, wenn wir den Energieverbrauch nicht einschränken. Also würde ein heute geborener Mensch das Ende unserer Zivilisation erleben. Man kann aber auch sehen, dass die Solarenergie alleine den Energiebedarf der Weltbevölkerung mehr als1000-mal abdecken könnte. Die Windenergie würde mehr als 4-mal so viel liefern können, wie die Menschheit zur Zeit verbraucht – und das beständig für tausende Jahre. Die sich in Entwicklung befindende Fusionsenergie wäre möglicherweise auch in der Lage, unseren Energiebedarf vollständig zu decken. Zurzeit wird recht viel Geld in diese Technologie investiert, obwohl nicht klar ist, ob sie je in der Lage sein wird, zu ähnlichem Preis Energie zu liefern, wie Solar oder Windenergie. Ich gehe auf diese Alternative nicht weiter ein, weil sie noch keine gesicherte Lösung ist.

So schaffen wir es nicht

Der Hauptgrund für den in Abbildung 1 vorhergesagten Zusammenbruch ist der Abbau der Reserven unserer Erde, der, wie in Abbildung 3 ersichtlich, schon jetzt weit über dem Niveau der Nachhaltigkeit liegt. Den größten Anteil (60%) daran hat der Verbrauch fossiler Brennstoffe. Es ist hier einfach zu sehen, dass allein eine drastische Reduktion des Verbrauchs fossiler Brennstoffe dazu führen würde, dass unser ökologischer Fußabdruck wieder auf ein nachhaltiges Niveau absinkt.


Abbildung 3: Das Verbrennen fossiler Brennstoffe trägt weltweit 60% zum ökologischen Fußabdruck bei. Da kann reduziert werden.

Dies muss aber in wenigen Jahren geschehen. Abbildung 4 zeigt, dass dieser weltweit notwendige Wandel von Wirtschaftsfachleuten erwartet wird (hier nur in Bezug auf die Erzeugung der Elektrizität). Aber der in Abbildung 4 vorhergesagte Wandel ist viel zu langsam, um den Zusammenbruch in der Wirtschaft wie er in Abbildung 1 vorhergesagt wird noch zu verhindern.

.Abbildung 4: Prognose der Wirtschaftsexperten (Bloomberg): Der Verbrauch fossiler Brennstoffe sinktbis 2040 nicht wesentlich.

Es gibt Hoffnung

Vorhersagen wie in Abbildung 4 sind aber in keiner Weise zuverlässig. Abbildung 5 zeigt, wie falsch auch von staatlichen Institutionen gemachte Vorhersagen sein können.


Abbildung 5: Die Vorhersagen der Solarstromproduktion in den Jahren 1979 bis 2016

Die Vorhersagen in Abbildung 5 wurden von Jahr zu Jahr kräftig korrigiert, weil sie von der wirklichen Entwicklung (Abbildung 6) überholt wurden. Die Photovoltaik Produktion wurde ständig billiger und wuchs dadurch ganz unerwartet und exponentiell. Solche Entwicklungen sind bahnbrechend und unvorhersagbar, im Englischen werden sie „Disruptiv Technologies“ genannt.


Abbildung 6: Exponentielles Wachstum der Elektrizität aus Sonnenenergie

Vergleicht man die tatsächliche Entwicklung der Erzeugung von Sonnenenergie aus Abbildung 6 mit den Vorhersagen des „U.S. Energy Information Administration (EIA)“ aus den Jahren 1996, 2006 und 2016, so kann man amüsiert oder auch erschreckt sein. Nachdem 2010 die tatsächliche Entwicklung anfing sich steil nach oben zu bewegen, wurden 2011 auch die Prognosen nach oben korrigiert. Als sich zeigte, dass dieser Trend anhielt, schnellten auch die Prognosen 2013, 2015 und 2016 in die Höhe. Die tatsächliche Entwicklung haben sie noch nicht ganz erreicht. Man weiß aber auch, dass exponentielle Entwicklungen immer irgendwann gebremst werden, in diesem Fall spätestens, wenn der Bedarf gedeckt ist.

Ähnliche bahnbrechende Technologien kann es auch im Bereich der Energieerzeugung und Energiespeicherung in naher Zukunft geben, möglicherweise auch im Bereich der Windenergie (es gibt viele neue Prototypen, z.B. fliegende Kraftwerke), im Bereich der Energiespeicher, aber auch im Bereich der Fusionsenergie (siehe Abbildung 2). Deshalb ist nicht vorhersagbar, welche Technologien sich wie stark durchsetzen werden. Vorhersagbar ist aber, dass die bereits existierenden Technologien ausreichen unseren Energiebedarf nachhaltig zu decken.

Die Solarenergie bietet eine Lösung

In Abbildung 7 sieht man, dass Solarenergie schon jetzt günstiger ist als unser Haushaltsstrom. Daher ist zu erwarten, dass Solarenergie auch ohne den Eingriff der Politik die fossilen Energieträger langfristig verdrängen wird. Aber ohne Unterstützung durch Regierungen wird es zu langsam geschehen. Im Bericht des Frauenhofer Instituts „Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland“ steht: „… die Ziele der Energiewende bleiben in weiter Ferne.“ und „Um teure Fehlentwicklungen zu vermeiden und um die genannten Schritte nicht in Zeitlupe zu gehen, sind Anreize notwendig, ein stabiles EEG, Investitionsanreize für Energieeffizienzmaßnahmen, für multifunktionale Kraftwerke undPumpspeicher, Preis- und Investitionsanreize für angebotsorientierten Stromverbrauch, Vergütungsanreize für nachfrageorientierte Stromeinspeisung und die Kürzung der impliziten Subvention für Kohlekraftwerke durch eine Verknappung der CO2-Zertifikate oder– national umsetzbar – durch eine CO2-Steuer.“

Abbildung 7: Erneuerbare Energie ist günstiger als unser jetziger Haushaltsstrom

Aus Abbildung 8 ist zu ersehen, dass auch Windenergie noch gut im Rennen liegt. Besonders wichtig ist aber die Preisentwicklung der Batterien als Energiespeicher, denn sowohl Windenergie als auch Sonnenenergie sind starken Schwankungen unterworfen und können unsere jetzigen auf fossile Brennstoffe basierenden Energien nur vollständig ersetzen, wenn es auch preisgünstige Speichertechnologien gibt.

Abbildung 8: Preisentwicklung erneuerbarer Energie und Preise für Energiespeicher

Abbildung 9 zeigt die jetzigen technischen Möglichkeiten im Bereich Energiespeicher. Hier sind die Alternativen sehr vielfältig, und alle sind jetzt schon technisch realisiert.

Abbildung 9: Existierende Speichertechnologien

Besonders wichtig ist die in Abbildung 9 gezeigte „Power to Gas“ Technologie, denn sie könnte die Lösung für alle unsere Energieprobleme sein. In Abbildung 10 wird diese Technologie näher erklärt. Power to Gas ist nicht nur als Energiespeicher, sondern auch als Energiewandler geeignet. Das heißt, dass das entstehende Gas (es kann auch flüssiger Brennstoff in ähnlicher Weise erzeugt werden) zumBeispiel auch für den Antrieb von Autos, Flugzeugen und Schiffen genutzt werden kann – und das ohne große Umstellung der Antriebsaggregate und eben klimaneutral.

Abbildung 10: Aus Strom wird Gas

Was jetzt geschehen muss

Der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf alternative Technologien muss beschleunigt werden. Dazumuss eine Reihe von Technologien massiv gefördert werden. Es ist ja ungewiss, welche Mischung ausalternativen Energien es in 20 Jahren geben wird. Es ist daher für Regierungen unvernünftig, dies zu planen. Es ist besser dafür die Kreativität der Märkte zu nutzen. Es könnten stattdessen fossile Brennstoffe hoch besteuert und alternative Energietechnologie steuerlich begünstigt werden. Auch die Entwicklung von Prototypen könnte von Steuergeldern subventioniert werden. Nach dem jetzigen Stand der Forschung und Entwicklung würde das die Bereiche Solarenergie und Windenergiebetreffen. Die Fusionsenergie mag da auch eingeschlossen werden. Alternative Energie steht in riesigem Ausmaß zur Verfügung, wie Abbildung 2 zeigt.

Parallel und zusätzlich dazu müssen alle Versuche unternommen werden, Energie zu sparen. Energie sparen kann erst enden, wenn alternative Energien im Überfluss zur Verfügung stehen und unser globaler Fußabdruck eine nachhaltige Größe erreicht hat. Da es fast unbegrenzt Wind- und Solarenergie gibt, kann dies durchaus in wenigen Jahrzehnten erreicht werden. Wie schnell diese Umwandlung geschieht ist auch in der Hand der Regierungen und damit ihrer Wähler. Die Regierungen können durch Subvention alternativer Energien und Besteuerung fossiler Energien bewirken, dass wir und die Industrie uns schneller umstellen. Da die Vorhersagen aus der Industrie inBezug auf Energiewende eine viel zu langsame Umwandlung vorhersagen (Abbildung 4) – zu langsam, um noch die große Katastrophe zu verhindern, ist es für unsere Gesellschaft lebenswichtig, dass die Energiewende von den Staaten massiv unterstützt wird.

Wenn wir tatsächlich alle uns zur Verfügung stehenden fossilen Energien verbrennen – was selbst bei nicht wachsendem Energieverbrauch schon in 85 Jahren passiert sein wird – dann wird sich nach neuesten Schätzungen unsere Erde um 6,4 C bis 9,5 C erwärmen. Wo können Menschen dann noch leben? Bei gleichbleibendem Energieverbrauch überschreiten wir das 1,5-Grad Ziel in etwa 9 Jahren und das 2-Grad Ziel in 26 Jahren. Das 1,5-Grad Ziel ist nur zu schaffen, wenn die exponentielle Entwicklung der Solartechnologie ungebremst noch etwa 9 Jahre weitergeht, unterstützt von Subventionen alternativer Energien und Steuern auf fossile Brennstoffe.

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