Aufruf zur Renaissance

Ein Gastbeitrag von Matthias Grünig

Vorbemerkung

Im Juli und August 2020 hatte ich für den PEIRA-Blog zum Stand der Digitalisierung diese Beiträge Das goldene Kalb namens Digitalisierung und Lass sie tanzen, das Kalb ist hohl! verfasst. Im Januar 2021 hatte ich dann das Gefühl, nachlegen zu müssen. Mangelnde Digitalisierung wurde gebetsmühlenartig als generelles Versäumnis angeprangert, als wäre der digitale Katastrophen-Modus unsere Blaupause für ein gutes Leben danach.

Besonders motivierend war aber die zunehmende mediale Dauerberieselung, die mittlerweile sogar ein Staatsversagen, ja Staatskrise herbeiredet und auf dem besten Wege ist, dies auch zu erreichen. Eine Geschwätzigkeit, die Strukturen des Obrigkeitsdenkens, der Wichtigtuerei, des esoterischen Wunschdenkens, der kleinbürgerlichen Häme und dem Verzicht auf eigene Meinung, Sachlichkeit und Toleranz offenbart. Also kein Ruhmesblatt für eine Republik, die sich der Zukunftsgestaltung stellen muss.

Diese bewusst provokante Beurteilung des Geschehens war Ausgangspunkt für meine Fragestellung: Wissen wir eigentlich was wir wollen? Sind wir überhaupt noch in der Lage, frei darüber zu debattieren? Steht der Mensch noch im Mittelpunkt? Brauchen wir eine Renaissance?

Angesichts der bedrückenden Pandemie mit den aggressiveren Mutationen bereits in der 3. Welle gibt es sicher drängenderes als diese Fragestellung.  Aber sie kann auch Mut machen, weil wir davon ausgehen wollen, dass wir bald diese Krise mit vielen Blessuren überstanden haben werden und über eine lebensfrohe Zukunft debattieren dürfen.

Die Zeiten der Kontaktarmut und andauernde betrüblichen Meldungen erzeugen selbst im besten Fall eine merkwürdige Gleichförmigkeit des Lebens verbunden mit einer unmerklich traurigen Müdigkeit. Der Kopf wird nicht klarer, das Murmeltier grüßt und das Schreiben wird immer feuilletonistischer, sprich plaudernder. Ich bitte dafür, da wo dies auffällt, um Verständnis.

Zur Einstimmung

Die andauernden längst bekannten, meist trivialen und tautologischen Ansagen der Politiker und Journalisten, die Fülle der sich wiederholenden Betroffenen-Features, das wenig analytische Gequatsche über Digitalisierung, Homeschooling und Homeoffice (wir sind rückständig!), die konstruierten und teilweise nationalistischen Skandalisierungen der letzten Monate kommen der/dem Nachdenklichen wie Gehirnwäsche vor. Und man kann den „Öffentlichen“ leider auch nicht nachsagen, dass sie Berichte mit dem größten Erregungspotenzial meiden.

Kurzum, dieser tägliche zähe Dauerbrei gemischt aus:

 „Es gibt jetzt hochansteckende Mutationen“, „Die Briten können massenhaft Sequenzieren, wir natürlich wieder mal nicht“, „Die 50’er Inzidenz ist ein falsches Ziel, wir müssen gezielter handeln“, „Hier mal eine ganz neue Idee: eine digital-kreative Kunst-Perfomance“ , „Die Auszahlungen kommen nicht rechtzeitig an“, „Kultur ist die Seele der Gesellschaft“, „Beim Homeschooling hapert es immer noch“, „Die Lehrer tun sich mit der Digitalisierung schwer“, „Wir hatten den ganzen Sommer Zeit uns auszurüsten“, „Impfversagen“, „Unser Datenschutz behindert die Corona-Warn-App“, „Die Länder machen mal wieder, was sie wollen“, „Autoritäre System haben es leichter“, „Wir dürfen den Klimaschutz nicht aus den Augen verlieren“, „Wir brauchen endlich eine langfristige Strategie“, „Wenn Biden regiert, werden die Forderungen an Europa in der Sache sogar noch härter“ (um auch mal ein politische Meinungs- Perpetuum Mobile seit einigen Jahren zu bemühen), „Kompromisslinien“, „Stufenplan“, „Perspektivplan“, „Wie läuft es in X“, …

– verdrießt. Er verklebt das Gehirn.

Bemerkenswert sind auch die semantischen Windungen, Nuancen und Wortschöpfungen wie etwa „Seitwärtsbewegung“ statt „Stagnation“ bei Verlaufskurven, also Hauptsache Bewegung. Oder etwas neuer ein „Sicherheitsgeländer“, hoffentlich mit poliertem Handlauf.  „Brücken-Lockdown“ kam danach, zunächst noch ohne Sicherheitsgeländer. Biblischer und richtig wäre stattdessen ein „Finstern-Tal-Lockdown“, aber das kann ja noch kommen.

Auch proaktiv solle man endlich sein, also etwas Neues hervorkitzeln, was selbst das COVID-Virus überraschen würde und noch nicht im Angebot steht. Beispielsweise anstelle der Nichterkrankung das Bedürfnis nach Erkrankung zu wecken. Oder schon an der nächsten Seuche arbeiten, das lenkt vom aktuellen Geschehen ab und sogar das COVID grämt sich und verkümmert.

Die vielen versteckten Botschaften in den Skandalisierungen sollte man nicht übersehen. Und wenn man dann noch die BILD überfliegt, wird offensichtlich auch noch eiskalt Öl ins populistische Feuer gekippt. (Erfreulicher Weise hält sich die BILD gelegentlich ein wenig zurück. Das zeigt den Ernst der Lage, ist aber ein Hoffnungsschimmer).

Auch den Interviewern, die oft Kritik mit negativen Voreinstellungen verwechseln, wird es jetzt leicht gemacht, weil sie die Frage „Was hatten Sie denn gemacht“ nie befürchten müssen. In diese Falle tappt kein gelernter Politiker mehr.

Geradezu wohltuend für das Gemüt ist es da, wenn das aasige (geklaut bei Heinrich Mann), wenn nicht gar sardonische Lächeln von A.W.  am unserem 1. Bundes-Buddha (Es gibt sogar noch einen zweiten) glänzend sanft abtropft. Natürlich sind wir alle gestresst und unruhig.  Die Presse versteht sich zurecht als 4. Gewalt und bezieht daher bewusst scharfe Position. In der Pandemie kommt ihr aber auch die wichtige Funktion des kritischen Dialogs zu. Nicht die Attacke, die in diesen Zeiten besonders leicht zu fallen scheint. Die oft verpönte konstruktive Kritik ist besonders in diesen Zeiten auch erwünscht.

In den letzten Tagen scheint die Einsicht zu wachsen, dass die COVID Pandemie leider doch so andauernd ist, wie vorhergesagt.

Was in diesen Zeiten alles so geredet wird

  • Zentrale Befugnisse sind besser als föderalistischer Eigensinn.

    Diese Aussage kommt wieder und wieder. Sie gehört derzeit implizit zum Journalisten Standard-Repertoire.
    Ist dies der geeignete Rahmen, um über eines der Grundpfeiler unserer Demokratie zu debattieren:
    Föderalismus und die Subsidiarität? Eigensinn ist dann nützlich, wenn es um den konstruktiven Wettbewerb der Regionen geht oder um nicht jeden ‚Mist‘ mitmachen zu wollen.
    Tatsächlich muss man sich seriöse Gedanken um den Rahmen, das Seuchenschutzgesetz, und das Format der Zusammenarbeit machen. Ziel muss es sein, die Erfahrungen und das Wissen von Bund und Länder zu einem optimalen Handeln zusammenzuführen. Das ist aber ein extrem schwieriger Grat, zwischen situativer und regionaler Anpassung, Regelkomplexität und Gerechtigkeitsempfinden einen Weg zu finden. Denn optimal heißt auch, die Bevölkerung ins Einvernehmen zu bekommen. Ostsee-Urlaub de facto weniger ansteckend als im Voralpenland: wie würde man mit einer solchen Erkenntnis umgehen? Diese Fragestellung hat nichts mit dem Föderalismus zu tun. Angemessen wäre ein ständig arbeitender Bund-Länder-Bundestag Krisenstab, der einen solchen Grat, der für die ganze Republik gilt, in verständlichen Bulletins regelmäßig anpasst und veröffentlicht. Insbesondere auch mit den Quellenangaben und Gegenmeinungen. So oder ähnlich sollte eine Debatte zum Thema Seuchenschutz und Föderalismus laufen.

  • Wer doppelt so viel bestellt, bekommt doppelt so schnell geliefert.

    Abgesehen von der versteckten nationalistischen Annahme, dass der Reichere das Sagen hat, verzichtet diese Aussage auf die Realität. Wenn die Firmen könnten, würden sie doch allein wegen des first mover Wettbewerbs produzieren, was ihre Planung hergibt. Engpässe im Westen sind offensichtlich nicht vorgesehen. Mehr bestellen ist ein selten blödes Argument, was aber für die Skandalisierung taugt und bereits auch ganz konkret widerlegt ist. Offensichtlich sind die Unternehmen entweder cooler, was das Geschäft angeht, oder doch schwerfälliger, als uns die Marktradikalen weismachen. Die aufkommende Diskussion, hier mit staatlichen Verordnungen einzugreifen, kommt überraschend. Seit wann weiß der Staat, wie man besser plant und produziert? Mal sehen wie lange diese Position bestehen bleibt.
    Insgesamt ist das Verdrehen der Tatsachen in Richtung Impfversagen abstoßend. Mittlerweile hat sich diese Bewertung sogar verfestigt und wird nicht mehr hinterfragt. Auf dieses Niveau können wir in und für die Zukunft verzichten. Wer Politiker mit haltlosen Versäumnissen konfrontiert als wären es bereits Tatsachen, betreibt aktive Politikverdrossenheit, steht aber heldenhaft da. Um es noch einmal zu betonen: Wenn wir mehr Impfstoff hätten, hätten andere weniger, solange es keine Überproduktion gibt. Deshalb hätten wir Tschechien sogar kurzfristig im März 2021 aushelfen sollen.

  • Wir sind, was das Digitale betrifft, im internationalen Vergleich fast überall rückständig.

    Merkwürdiger Weise hatten wir auch vor der Pandemie eine funktionierende Verwaltung, funktionierende Gesundheitsämter, eine funktionierende Wirtschaft, Forschung und Schule und alle mit guten Ergebnissen. Gibt es für das ewig angemahnte zögerliche Verhalten in Verwaltung und Schule vielleicht gute Gründe? Gerade über die Schule lamentieren besonders diejenigen, die weder von Software noch von Pädagogik einen blassen Schimmer haben. Was die Digitalisierung in den Schulen betrifft, brauchen wir endlich eine qualifizierte Diskussion. Endgeräte können ein Hilfsmittel, Informations- und Kommunikationstechnologie ein kritischer Lerninhalt sein. Aber wie laufen kognitive und soziale Prozesse zur Erlangung liebenswürdiger, lebenstüchtiger, kritischer, selbständiger, hilfsbereiter und Demokratie fähiger Bürgerinnen und Bürger ab?Im Pandemie Stress wäre es vielleicht schön gewesen, wenn die Kommunikation in und mit der Verwaltung bereits dafür vorbereitet gewesen wäre. Aber wie schnell ist die Corona-Warn-App Infrastruktur und die DEMIS Gesundheitsämter-Laboranbindung etabliert worden?

  • Homeoffice ist Zukunft

    Für die Verminderung von Kontakten in Zeiten der Pandemie und eventuelle Arbeitserleichterung mag Homeoffice geeignet sein. Aber macht sich jemand darüber Gedanken, dass Homeoffice Arbeitsplätze die zukünftigen Streichposten sein werden? Vom Screen in die Augen, mit den Händen in die Tastatur. Wer nicht gerade eine konstruktive oder künstlerische Tätigkeit hat oder Kontrollfunktion ausübt, arbeitet sich an einem sogenannten Medienbruch Vor allem Letzteres liegt auf der Schlachtbank der Rationalisierung. Auf menschliche Kontrollinstanzen werden vielleicht auch die KI-Apologeten sicherheitshalber nicht verzichten wollen. Wer Homeoffice als wünschenswerte Arbeit der Zukunft betrachtet, der sollte mal wieder „Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“ von Engels lesen.

  • Unsere Regierung ist zu zögerlich

    Die wenigen Langzeiterkenntnisse, die extrem kurze Entwicklungs- und Erprobungszeit von mRNA Impfstoffen machen die geplante Massenimpfung zu einem besonders riskanten Experiment. Was wäre, wenn unerkannte Spätfolgen eintreten würden? Hier gilt und galt: Extreme Vorsicht und keine voreilige Nutzung. Wir könnten sogar zynischer Weise froh sein, dass die britischen Vulnerablen schon mal einen Monat vorgelegt haben. Im Übrigen war die in der Öffentlichkeit Fixierung auf BionTec so groß, dass wir über die anderen Impfstoffe, insbesondere aus dem Osten, wenig zu hören bekamen.
    Sputnik V wurde zurecht wegen der unklaren und unzureichenden Zulassungslage kritisiert. Allerdings wurde nicht berichtet, dass mit dem Adenoviren-Vektormodell ein besser abzuschätzendes Verfahren gewählt wurde und dass der konzeptionelle Aufbau sogar noch besser war, als der von AstraZeneca. Von dem chinesischen Impfstoff weiß man so gut wie gar nichts. Die „Wertebrille“ trübt auch bei den „Öffentlichen“ den Blick.

  • Der Staat hat uns zu versorgen.

    „Vor der Revolution war alles Bestreben; nachher verwandelte sich alles in Forderungen“. Dieser kluge Satz von Goethe beschreibt den Bruch zwischen idealisiert erstrebter Mitbeteiligung und dem realen Erlahmen der Eigenverantwortung. Der Staat ist keine abstrakte Maschine, sondern es ist unser Staat und unsere Regierung. Sie ist in seiner Kompetenz und Befugnis prinzipiell limitiert. Wenn man von Staatsversagen spricht, meint man wohl nicht sich, sondern ein Regierungsversagen (die da oben). Aber selbst das ist angesichts dessen, was alles in aller ungewohnten Öffentlichkeit (auch kontrovers) diskutiert, geplant und auf den Weg gebracht wurde, eine klare Selbstüberhöhung.
    Keiner sollte sich Beispiel anmaßen, den optimalen Weg aus der aktuellen neuen Herausforderung mit ihren zahlreichen vagen Stellschrauben und Schadensabwägungen gekannt zu haben oder zu kennen. Natürlich werden Fehler gemacht, aber nicht wegen „Basta“. Und wer immer noch glaubt, unsere Industrie kann auf Knopfdruck „egal was“ liefern, der sollte sanft mitgenommen werden, sofern er nicht bereits auf dem Boden der Tatsachen angekommen ist.
    Letztlich liegt hier ein Obrigkeitsdenken vor. Dies gilt auch für eine alternative Verherrlichung von Machern wie z.B. Elon Musk, dessen Leistung eher darin bestand, dass Glück zu haben, am richtigen Knoten im Netz agiert zu haben.

  • 1000 Computer, damit Kinder am Leben teilnehmen können (BILD)

    Gilt dieser Satz nur für die extreme Ausnahmesituation des Pandemie-Fernunterrichts? Um mal endlich andere Kinder zu Gesicht zu bekommen? Haben wir uns nicht schon längst daran gewöhnt, dass Leben bedeutet, stundenlang Pixel vor die Augen zu bekommen? An einem Device mit den Augen kleben, sei es der Computer Bildschirm, Tablet, Smartphone, 3D-Brille oder Kopf-Elektroden, die in der Lage sind, die Pixel zu filtern, verzerren oder transformieren, ganz abgesehen vom Inhalt?
    Ist das Starren und Plaudern mit dem Bildschirm die Befreiung vom beschwerlichen Irdischen, von der Muße, vom aufrechten Gang, von gesellschaftlichen Zwängen? Lieber mit Kim aus Taiwan rumdaddeln, als mit den ekligen Schulkameraden?Es ist auf jeden Fall ein riesiges Geschäft mit Suchtpotenzial. Wie sieht es in 20 Jahren aus? 8 Stunden mit 3D Headset? Welche Vorstellung haben wir vom zukünftigen Leben? Sind wir Menschen wirklich der Souverän über die Gestaltung guten Lebens? Ergeben wir uns fatalistisch den Machern, so wie es in den Köpfen des Mittelalters verankert war?

  • Der Weltmeister im Organisieren kann nicht einmal impfen

    Bei genauem Hinsehen könnte man feststellen, dass es bei den vermeintlich besser organisierten im Detail auch nicht besser gelaufen ist, sondern dass diese durch mehr Risiko oder Heimvorteile früher und mit mehr Impfstoff gestartet sind.
    Viel bemerkenswerter ist die Behauptung Weltmeister im Organisieren , die  ja nur durch die Olympiade 36, die  Wannseekonferenz und Albert Speer belegt ist, was wir eigentlich vollständig hinter uns lassen sollten.
    Föderalismus, Selbstverwaltung, Gewerkschaften u.v.a.m. sind  Bausteine unserer Verfassung, die ein solch durchgreifendes Organisieren gerade erschweren sollen. Das macht unseren Staat sogar sympathischer und flexibler und es durch nichts bewiesen, dass es besser sei, zentral die Wahrheit und den Weg zu beschließen und perfekt umzusetzen.

  • Flickenteppich

    Immer häufiger wird das Bild eines Flickenteppichs bemüht, als gäbe es ein ästhetisches Problem. Als wären Piet Mondrian Muster erträglicher. Der Flickenteppich zeigt doch eher, dass es ganz viele Bewertungen gibt und viele unterschiedliche Situationen. Für das letztere wäre der Flickenteppich tatsächlich der angemessene ‚Erstickungsteppich‘, der möglichst wenig Schaden anrichtet. Dass es so viele unterschiedliche Bewertungen, Studien und Meinungen gibt, ist allerdings ein schwaches Bild von der angewandten Wissenschaft. Erst jetzt melden sich beispielsweise die ‚Aerosoler‘ zu Wort. Was ist eigentlich mit den Luftreinigungssystemen?Hier fehlen ein Masterplan, eine Ordnung und Klassifizierung, um die verschiedenen Analysen gewichtet zusammenzuführen zu können. Darauf basierend könnte eine Task Force belastbare generelle Empfehlungen für die verschiedenen Situationen geben. Diese könnten dann bundesweit gelten, auch wenn sie nicht davor gefeit wären, ständig angepasst zu werden. Der Flickenteppich würde bleiben, aber der Vorwurf, jeder koche sein eigenes Süppchen, wäre wenigstens vom Tisch. Das derzeitige Kompetenzgerangel schafft hier keine grundsätzliche Verbesserung der Sacharbeit, sondern ist ein populistisches Winken mit dem starken Mann.

  • Notbremse. Nun wird der Flickenteppich zentral designt, und als Regierungshandeln verkauft. Eine starke Zentrale kommt immer gut an, auch wenn die Fäden der Erkenntnis dieselben sind und die Teppiche lokal gewebt werden müssen. Ein politisches Manöver der Regierungsparteien, Stärke zu zeigen mit dem Nebeneffekt der Diskreditierung des Föderalismus. Damit werden die Maßnahmen auch immer formaler.
    Beispielsweise Maskenpflicht an menschenleeren und windigen Strandpromenaden, dort, wo das COVID chancenlos ist, nur weil die Gemeinde zu faul ist, die Schilder bedarfsweise aufzuhängen, oder noch wahrscheinlicher: nur keine Fehler machen will. Wer ein Jahr lang die Bremse tritt und dafür gescholten wird, bekommt immer mehr das Gefühl, allein das Richtige zu tun, weil die anderen verantwortungslos sind. Viel hilft viel, das ist das bedenkenswerte Resümee unserer Wissenschaft, dem die Politik Rechnung trägt. Eigentlich ein schwaches Bild vom Wert von hunderten von Studien, die vermutlich alle die Qualitäts-Standards einhalten, aber letztlich schwammig sind. Bisher hat man Studien nicht so richtig ernst genommen, jetzt, wo es extrem hilfreich wäre, zeigt sich, was man von den Qualitätsstandards halten darf.Die Unsicherheit zehrt an aller Nerven. Eine Satire über unseren Zustand fällt nahezu aus.
    Künstler, die uns anhand der Notbremse mit Ironie klar machen wollten, dass sich in unseren Köpfen der Obrigkeits-Paternalismus als alternativlos einnisten könnte, haben eine überraschend wütende Reaktion bekommen und  wurden in die Ecke der Leugner gestellt . Q.e.d.
  • Man könnte meinen, die Pandemie treibt die Politik vor sich her und nicht umgekehrt.

    Welch eine Selbstüberschätzung.
    Bei einem professionellen Management wie etwa bei Daimler, Thyssen Krupp oder AstraZeneca würde das laut Kommentatoren natürlich ganz anders laufen. Es darf wohl nicht sein, dass wir von der Pandemie getrieben werden. Es darf nicht sein, dass es keine guten Entscheidungen geben kann, sondern nur schlechte, der gerechten Verteilung von Not geschuldet. Die Wahl zwischen Scylla und Charybdis halten wir nicht mehr aus, es gibt doch heutzutage immer irgendwie ‚intelligente‘ Lösungen.
    Wohlwollende Kritik ist teuer, egoistisch hämische Kritik ist billig. Gibt es irgendein Land, das mit Hilfe eines Manager-Master-Perspektivplans mehr Leid vermieden hat oder jetzt besser dasteht als wir? Mittlerweile gilt das Staatsversagen als Tatsache, auch wenn die vielen Retro-Alternativen weder belastbar sind und eher Wunschvorstellungen waren. Dass Fehler gemacht werden, ist trivial. Wie viel intellektuelle Redlichkeit ist heute eigentlich noch vorhanden? Man hat eher den Eindruck, viele Medienvertreter nutzten die Zeiten, um endlich mal die Politik vor sich her zu treiben.Bei diesem Niveau der Kommentierung wird einem bei dem Gedanken an Zukunftsdebatten Angst und Bange.

Die Pandemie als Wegweiser

Es heißt, die Pandemie wirke wie ein Brennglas beim Betrachten unserer Gesellschaft. Vermutlich ist damit eher die Sichtbarmachung ihrer Verformung bei Stress gemeint. Auch herrscht die Hoffnung, dass hilfreiche Lehren bleiben werden. Pessimistisch gesehen wird diese Verformung aber eine elastische sein.

Erfreulicher Weise zeigt dieser Stress zumindest, wie schnell enorme Gelder mobilisiert werden können und auch so etwas wie die Dimension zielgerichteter globaler Kooperation. Wie schön wäre es, wenn eine solche Dynamik für die planvolle Gestaltung einer weltweit lebenswerten Zukunft auf den Weg käme?

Tatsächlich gibt es Momente des Innehaltens und der Besinnung. Manch einer stellte sich die Frage: Wozu eigentlich immer schneller, höher, weiter?  Hatte unser Weg vor der Krise eine gute Perspektive? Was wäre ein gutes Leben? Aber bei der vagen Fragestellung ist es bis jetzt geblieben.

Zu befürchten ist aber ein rauschhaftes Wiederaufnehmen des entbehrten Konsums. Von wem sollte denn ein Kurswechsel kommen?

Die Pandemie Krise hat im Gegenteil die Durchdringung das Alltags mit digitalen Technologien befördert, was als längst überfällig gefeiert wird. Die (auch autoritäre) Lenkung der Gesellschaft in Notsituationen wird als Modell für den zukünftigen Alltag verkauft. Wir können froh sein, dass es sich bei der Krise nicht um Fall Out handelt, dann gälten vielleicht sogar Schutzbunker als der langersehnte Fortschritt.

Digitaler Fernunterricht, eine Corona-Warn-App und Homeoffice werden gefeiert, als wären es Fortschritte. Fortschritte bei der Individualisierung?

Der eigentliche Fortschritt in der Medizin wird als selbstverständlich und als eher säumig kommentiert. Die Ursachen dieser Pandemie (woran hat eigentlich das Wuhan Labor geforscht?) und die möglichen Maßnahmen zur zukünftigen Vermeidung sind erlahmt.

Und das Erregungspotenzial der Krise wird in den Medien und Politik bis hin zur Verblödung der Öffentlichkeit genutzt. Immer wieder die gleichen tautologischen Aussagen, die einem bereits zum Halse heraushängen. Kurz gesagt, wir gehen nicht klüger und offener aus dieser Krise hervor.

Das Versprechen der Digitalisierer

Es scheint so, dass die Digitalisierung des Alltags jetzt erst recht als die zentrale Zukunftslösung gilt. Selbst die Klimaschützerinnen, die ja dankenswerter Weise bald wieder das Wort haben werden, machen sich hier keine Gedanken. Finden sie die Zupflasterung der Republik mit 5G Masten nur zum Zwecke der Kommunikation autonomer Systeme gut?

Wollen wir in Zukunft von SmartPhones sanft gelenkt werden, das Essen von autonomen Drohnen zugeliefert bekommen, möglichst viel zu Hause hocken und von der SmartCity-Administration Ausflug-Mitfahr-Slots zugeteilt bekommen? Weil wir so 20% (keiner kennt die Zahl) persönlichen Energiekonsum einsparen?

Ist das unsere Zielsetzung? Wollen wir wirklich eingepackt in der Watte vernetzter autonomer Systeme höchsten (virtuellen) Komfort erreichen? Auch um den Preis der Fremdbestimmung durch Profiteure? Auch um den Preis von System-Zusammenbrüchen?

Haben wir eine Vorstellung vom Internet der Dinge?  Wo jedes Ding (die Ampel, die Lampe, das Armband, der Bordstein, der Kühlschrank, der Schuh, das Türschloss, ….) mit einem Mikroprozessor, Sensor und Netzknoten ausgestattet werden soll, um ein Zusammenwirken der Dinge zum Nutzen (Komfort) des Menschen zu ermöglichen.

Orchestriert wird dieses durch KI oder sonstige Nerd-Algorithmen, die unser Verhalten besser zu steuern wissen, als wir. Wenn wir noch konstatieren, dass „starke“ KI-Software ist, die wir nicht mehr verstehen, wird es allerdings sogar lebensgefährlich. Wer wird Herr dieser Orchestrierung? Und wozu das Ganze, das unsere Fähigkeiten verkümmern lässt?

Wer will so Leben? Gibt es nicht so etwas wie ein gutes Leben?

Ehepartner, Kinder, ein Garten, ein Arbeitsplatz,  Arbeitskollegen, Freunde, Spielkameraden, Schule, Schulfreunde, Ausflüge in die Natur, Sport, Vereine, Reisen, Musizieren, Kunst, Kunstgenuss, SmartPhone Dienste, Abenteuer, Gesundheit, wieder gesund werden, ein Auto, eine Bastelwerkstatt, eine Hobby, einen Balkon, gelernter Single, Stadtmensch, Kleinstadtmensch, Bauer, Pendler, Freiheit, Selbstbestimmung, Empathie, Solidarität, seinen eigenen Verstand bemühen, logisch Denken,  öffentliche Stadträume, Gemeinschaftseinrichtungen, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Wahlen im gepflegtem Abstand, Föderalismus, Kooperation der Staaten, ….

(Dem Lesenden wird dazu noch eine Menge einfallen)

Und wenn man peu à peu die Zahl der Abgehängten und Freudlosen zu senken versucht, könnte man ausgehend von derartigen Bausteinen von einer evolutionären Konvergenz der Gesellschaft auf ein gutes Leben hin sprechen, das von Leid natürlich nicht verschont bleiben kann.

Die Klimakrise als Alibi für immer mehr Digitales

Aber wir haben ja leider auch noch die Klimakrise, die eigentlich Ausfluss der Tatsache ist, dass die Menschheit längst den Rahmen eines stabilen Kreislaufes verlassen hat.

Hierzu haben wir aktuell auch einige technologischen Möglichkeiten, um zu versuchen, alles zu einem Erfolg zu bringen. Von den politischen kann man das zurzeit eher nicht behaupten.

Aber wer hat hier das Sagen? Google&Amazon&Musk&China&Co? Sind das die Ausrüster und Betreiber der Zukunft?

Die Pandemie hat deren Macht und Einflussmacht deutlich gestärkt. Wer wagt es heute noch, sich gegen immer mehr Digitalisierung zu stellen, gegen das geplante Neuland zu stemmen? Wir sind doch bereits der Profiteure Visionäre. Für uns Konsumenten gibt es kein längst Neuland mehr. Wir fordern das Auto-Auto und die 5G Masten, weil das so kommen wird. Fernunterricht, Homeoffice, SmartCity, SmartHome, SmartFamily, SmartHealth, …. alles wird kommen, weil wir ja so fortschrittlich sind.

Digitalisierung und Elektrifizierung heißt das Lösungsversprechen und ist zugleich ein bizarres Geschäftsmodell: die Transfomation der Gesellschaft für garantierte Profite.

Die eMobilität ist etwa nach Berechnung der Ökobilanz die ineffizienteste Nutzung von Öko-Strom, aber ein Riesenneubeschaffungsbedarf an Autos und Infrastruktur. Elektrisch Heizen und eine machbare Reduktion von Kraftstoffverbrauch und Privatfahrten hätten eine viel bessere Bilanz. Oder beispielsweise die Zementfabrikation ins Auge zu nehmen. Aber die Lobby schafft es, die Themen zu besetzen. Langsam kommen auch Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe ins Spiel, aber erst einmal wird durchelektrifiziert und die Politik baut artig und werbewirksam kostspielige Versuchsstrecken bei Frankfurt und Lübeck. Was verbirgt sich politisch hinter der Mobilitätswende? CO2 Einsparung oder etwas weniger Autonomie?

Wer braucht 5G? Das Internet der Dinge! Und aktuell? Selbstfahrende Autos (Auto-Autos), die nicht einmal an der Autobahn ohne 5G auskommen werden. Weder der Privatverbrauch noch der industrielle Bedarf erfordert 5G. Aus heutiger Sicht eine überflüssige, kostspielige, riskante, Energie-fressende, Landschaftsbild-feindliche Technologie, die zudem noch nicht die berechtigte Frage nach Gesundheitsschädigung beantwortet hat.

Wer braucht Elon Musks tausende Internet-Satelliten im niedrigen Orbit? Und die Politik wirft ihm noch das Geld für ein völlig Innovation freies Produkt hinterher, das man auch gleich als Staatsbetrieb zur Grundversorgung hätte aufziehen können.  Ganz aktuell streiten sich die reichsten Männer der Erde Elon Musk und Jeff Bezos, wer zuerst die tausenden Satelliten hochschießen darf. Ein bizarrer Vorgang unterhalb des Raders der Öffentlichkeit. Hier könnte man tatsächlich von Staatsversagen sprechen.

„It’s the economy, stupid!“ galt schon immer, wobei allerdings die Finanzströme der riesigen Sparvermögen eine immer größere Rolle spielen. Die Definitions- und Gestaltungsmacht der Internet-Player besetzt heute auch die öffentlichen Themen. Sie definieren, was Fortschritt ist und die Politik sowie die Bevölkerung ist ahnungslos. Wer sich heute beispielsweise Werbung für Technologie Produkte mit nüchternen Augen anguckt, muss diese für Gehirnwäsche halten.

Worauf es ankommen wird

Im Grunde ist die Klimakrise eine Energiekrise. Die fossilen Energien gehen zur Neige, auch wenn man noch 100 oder 200 Jahre die Erde intensiv ausquetschen würde. Wir müssen so oder so diese Energiequelle ersetzen und wenn nicht durch Atom- oder Fusionsreaktoren, durch Sonnenenergie, wozu letztlich auch Wind-, Wasserkraft und Biomasse zählen.

Und unsere überwiegende Antwort ist Elektrifizierung durch Photovoltaik und durch Wind- und Wasserkraft Generatoren, im Übrigen keine besondere Innovation, wenn man von dem Ausbau der Netzelastizität in den letzten Jahren absieht. Von Dekarbonisierung ist die Rede, immerhin gibt es auch Kluge, die stattdessen von Defossilisierung sprechen.

Mittlerweile gilt Verbrenner als Schimpfwort. Diese vielleicht unbewusste Abwendung von der Natur, die auf Photosynthese und Verbrennung beruht, zeigt die Verengung unserer Sichtweisen. Der Mensch als Verbrenner ein Fossil? Die Natur in ihrer Diversität und Suboptimalität eine Fehlkonstruktion? Sollten wir auf der Erde ein Leben anstreben, als wäre er schon der karge Mond?

Wie wäre es, wenn wir statt fossilen Kraftstoffen synthetische mit Hilfe von Sonnenlicht produzieren könnten? Egal nach welchem Prinzip, letztlich künstliche Photosynthese in den kargen sonnigen Regionen etablieren würden?

Dann hätten wir eine ausgeglichene CO2 Bilanz, eine leicht zu transportierende und zu speichernde Handelsware bei vorhandener Infrastruktur, die gerade den armen Ländern Wohlstand bringen würde. Wir wären in einem Kreislauf und eine weltweite Angleichung von Wohlstand. Das wäre doch endlich mal eine more smart Zielsetzung. Eine Innovation in einer Gesellschaft, die sich anmaßt, das Genom verstanden zu haben, aber die Photosynthese leider nicht.

Unser Sparvermögen sollte in derartige Zukunftsprojekte geleitet werden, nicht in Einkaufszentren und eine smarte 5G Republik.

Natürlich müssen wir zusätzlich alles tun, um den Energieverbrauch und den CO2 Ausstoß in den Industrieländern zu senken. Davon ist vieles ohne Disruption und Einschränkung der Lebensqualität machbar. Die Ökostrom Produktion kann noch weiter ausgebaut werden, aber nicht nach der Devise koste es was wolle, weil es alternativlos sei. Massive Aufforstungen und eine Reduzierung des Fleischkonsums wären durch globalen Ausgleich gut zu regeln, wenn man es nur will.

Externalisierung der Kosten

Was in der eifrigen Klima Debatte bei uns meist im Vordergrund steht, ist die vorbildliche nationale Klimaneutralität. Dabei wird oft die Externalisierung der CO2 Kosten in der Öffentlichkeit verdrängt. Beispielsweise die Lithium Gewinnung zu Lasten Perus. Auch verdrängt dieser Ansatz den Blick auf mögliche Kooperationen, Aufbauhilfen und innovative Gesamtkonzepte. Was nützt uns eine vermeintlich CO2 neutrale Blase, die sich von den anderen ernährt?

Ausgerechnet unser BMZ Minister Dr. Gerd Müller (CSU) hat aus seiner christlichen Ethik heraus diesen Blick für internationale Solidarität, die eigentlich Sache der SPD sein sollte. Eine SPD, die sich immer mehr als sozialer Reparaturbetrieb (das Schlimmste verhindern) darstellt, während sich die Grünen als nationale ökologische Musterschüler plakatieren.

Stand der Dinge

Hat sich seit Ende des kalten Krieges vor 30 Jahren die Welt zu einem besseren entwickelt? Die Erwartung auf das Ende der Geschichte durch die prinzipielle Überlegenheit und die vermeintliche Ultima Ratio der westlichen Demokratien hat sich nicht erfüllt. Dieses Ende ist vom Urheber auch längst zurecht als Gedankenspiel abgetan. Statt Ultima Ratio ist eher das Gegenteil eingetreten, die Geschichte hat zurückgeschlagen.

Der Rückblick auf die letzten 30 Jahre bezogen auf die Gunst der Stunde und die vorhandenen Entwicklungspotenziale ist alles andere als erfreulich. Um sich an dieser Stelle nicht zu verheben, hier nur ein paar Stichworte zum Wachrufen der Erinnerungen, auf dass die Leser:innen sich bitte kurz selbst ein Bild machen mögen.

Destruktion auf dem Vormarsch

Iran, 9/11, al-Qaida, Afghanistan, Irak, Handy-Frühling, Syrien, Ägypten, Libyen, Ukraine, ISIS, Taliban, Berg Karabach, Bolsenaro, …
Gottesstaaten, Autokratien, Kleptokratien und sogar immer noch Feudalstaaten behaupten sich und sind sogar im Vormarsch. Dazu kommen die failed states und Räuberbanden à la Boko Haram.
Der politische Islam hat sich breit gemacht. Lateinamerika und Indien treten gelinde gesagt auf der Stelle.
Das Blockdenken und Rivalität sind wieder voll rehabilitiert. Russland und China gehen eigene Wege.
Wenn man von Fortschritt in dieser Zeit reden kann, dann gilt das zumindest ökonomisch für China und natürlich für Teile des ehemaligen Ostblocks. Auch in Afrika haben sich hie und da Perspektiven aufgetan.

Verpasste Chance

Und der „Westen“? Hechelt den Aktienkursen. den höchsten Renditen und den knapper werdenden Ressourcen hinterher. Verplempert seine Zeit und die Ressourcen mit technologischem Tinneff mit dem Resultat, dass Musk+Bezos mehr Vermögen besitzen als der deutsche Staatshaushalt, die Kluft zwischen Arm und Reich größer wird, Lieferhelden mit Billigjobs schuften, eSports immer weiter wächst, und wir uns Sorgen um das selbsfahrende Autos machen, ….

Warum hat man die Zeit nicht energisch genutzt, um für eine globale Annäherung, einen globalen Ausgleich und zumindest politische Stabilisierung zu sorgen? Die einst gepriesene Ultima Ratio des Marktradikalismus scheint dafür offensichtlich ungeeignet.

Wie kann es sein, dass die Welt in immer mehr Destruktion abgleitet, wo sie doch durch Kooperation und Solidarität viel „vernünftiger“ und WinWin bringen würde? Vor allem auch, weil wir die fossile Energie weltweit ersetzen müssen? Oder gibt es genug Menschen, die eine Komfortblase inmitten einer verelendeten Welt für sich anstreben und dort wohlfühlen wollen? Oder sich gedanklich schon vom Erdball verabschiedet haben?

Dieses düstere Bild mag überzogen sein, aber es soll den Blick aus Sicht einer Bürgerin, eines Bürgers der Bundesrepublik Deutschland schärfen helfen. Sind wir politisch für ein globales WinWin, also auch ein Geben wirklich gerüstet? Und mit wir sind wir und nicht nur unsere Regierung gemeint.

Zwar gibt es globale Sichtweisen, etwa die WHO, START, das iranische Atomabkommen oder das Pariser Klimaabkommen, zu denen sich aktuell auch die USA wieder bekennen (werden), aber die passieren an der Oberfläche und schaffen keine Annäherung oder Ausgleich. Das Klimaabkommen wäre allerdings ein Ansatzpunkt, wenn man auch aktive Klimaschutzinvestitionen den armen Ländern als Ausgleichshilfe leisten, also schenken würde.

Entpolitisierung – hoffentlich nicht das Ende der Geschichte

In den westlichen Demokratien wird die zunehmende Popularisierung beklagt. Als Ursache wird zurecht die Internet-Blasen Kultur herangezogen, als Folge einer radikalen Umerziehung der Jugend mithilfe gesteuerten Suchtpotenzials Der faustische Pakt, kostenlose Dienste gegen Konsumseele, hat bestens funktioniert. Die fast lebensfeindliche Fesselung ans SmartPhone ist das eine (schlechte), viel bedeutender ist die Verschiebung der Realität hin zur Wahrheit des Netzes, der Macht und Weisheit der Internet-Player, die vorgeben zu wissen wo es lang geht. Kritik an KI, IoT oder 5G?

Woher soll die kommen? Und unsere Politiker blasen ins gleiche Horn. Wie oft begegnet man dem Wort Digitalisierung während eines Tages? Und dies seit wie vielen Jahren?

Die Politik macht sich klein und artig. Frauen wie Angela Merkel werden als unmodern abgewatscht, weil sie die digitale Transformation der Gesellschaft als Neuland bezeichnet hat, was eher einer gutmütigen Untertreibung gleichkommt.

„Die Politik ist nicht nur da oben, sondern bereits auch inkompetent. Die Demokratie ist schlichtweg veraltet. Wir und die Cloud wissen, wo es lang geht.“ Mit dieser Botschaft spielen diese Transfomer der Gesellschaft.

Betrachtungen zum gesellschaftlichen Diskurs

Die hier folgenden Betrachtungen muten wie ein Gemischtwarenladen an. Es ist aber der Versuch einer Kritik der ‚Moderne‘, die sich praktisch in allen gesellschaftlichen Bereichen versteckt bemerkbar macht, von denen hier nur einige herausgepickt sind und ein kleines Aha-Erlebnis bemühen wollen.

Die Kritik geht in Summe dahin, dass wir auf eine Gesellschaft hinstreben, die immer mehr auf Technik und Maschinen setzt und zwar nicht im Sinne der Zweckdienlichkeit für den Menschen, sondern als neue Natur, in die wir eingepackt werden wollen. Dazu kommt nicht nur die neue Anbetung von Daten und Maschinen, sondern auch eine neue konstruierte Moral (Correctnes), die den Menschen als sauber, lenkbar und zufrieden in dieser zukünftigen Welt darstellt. Die Transformer kommen aus allen Ecken und wähnen sich schon alternativlos im Jahr 2050.

Standpunktfragen

Eine besondere Facette vom Mainstream ist sicherlich D.T. mit seinem Getwitter. Ihm ist der Account zurecht entzogen worden, denn es gehört sich in einer repräsentativen Demokratie für das Regierungsoberhaupt schlichtweg nicht, mit seinen Anhängern zu quatschen. Neben dieser ungehörigen Wählerbindung zur Amtszeit kommt noch ein Phänomen hinzu.

Projektionsflächen sind bereits Fakes, sie müssen es sogar sein. Schräge, eher unsympathische Typen mit Looser-Flair und eingebauter Lüge, beispielsweise Trump=Cowboy. Das erinnert an unsere größten Arier.

Solche Monster lassen sich besser großartig reden und als gedachtes Ideal für das Ich basteln, als etwa ein wackerer Arnold Schwarzenegger. Diese Abschweifung nur zur Verdeutlichung der massenhaft auftretenden Stand- und Perspektivlosigkeit in einer Demokratie, die ihren gesellschaftlichen Zweck und Spirit in einer Internet-Welt scheinbar verloren hat. Dazu gehört auch das aktuelle Aufflackern von Verschwörungstheorien.

In der virtuellen Welt der Populisten verkommen auch die gesellschaftlich Werte und machen es den Rechten wieder leicht.

Verblödung, Roheit, Unterwürfigkeit und letztlich Unmenschlichkeit bis hin zum Mord: Alles kein Problem, Hauptsache eine provokante Parole wird hochgehalten. Und unsere Antwort sind Antirassismus Kampagnen, als wäre Rassismus die einzige Ursache und Hebel zugleich. Warum nicht endlich die Verachtung für das oben genannte Verhalten der Selbstüberhöhung in den Vordergrund stellen? Britische Fairness war in den 50’er Jahren (zumindest in Hamburg) mal cool . Das reichte damals bereits als Standpunkt.

Würdest Du Dich vor die Rampe stellen?  Mit dieser zugespitzten Frage hätte ein Streitgespräch mit Mitläufern der Ultrarechten erst die entscheidende Grundlage.

Political Correctness – eine Waffe der Eliten?

Die Eiferer für Political Correctness und Gleichwertigkeit der Menschen bestimmen die Kulturszene und entwerten die Begriffe, auf dass der einfache Mann und vielleicht auch die einfache Frau verstummt. Verallgemeinerungen sind Tabu, jeder sei ein bewundernswertes Individuum. Sind Dicke so wie Schlanke? Gibt es Arschlöcher, Schleimer, nette Typen, humorige, ernsthafte, verbissene, schräge oder gar ‚kranke‘ Typen? Bei Frau und Mann hört das Tabu der Typisierung gerade noch auf, aber wer findet solche Unterschiede noch schön?

Wissen Frauen eigentlich, dass die Männer sich nicht (oder nur mit größtem Unbehagen) vorstellen zu können, ein Kind in sich wachsen zu sehen? Und sollten wir uns nicht darüber erfreuen, dass die Frauen damit kein Problem haben, sondern es mehrheitlich natürlich finden?  Wichtig ist doch, dass wir gerade diese typisierenden Unterschiede – etwa Mann und Frau – als Bürde und Würde sehen. Oder auch, um es klein zu halten, dass Erotik und Paarungswille vorkommen?

Ist es eine unzulässige Verallgemeinerung, dass jeder Mensch um sein Glück kämpft? Dass er in einer Kultur groß geworden ist, für die er nichts kann? Und das Frau und Mann sich für ihre Kinder aufopfern? Dass jeder sein Päckchen zu tragen hat? Dass dieses die Würde ausmacht?

Hier ist allerdings von der Bevölkerung nicht von deren Schurken die Rede. Wir dürfen uns nicht vor einer individuellen Bewertung eines Menschen drücken. Dabei muss man ja nicht ungerecht oder unsachlich werden. Auch Beleidigungen sind erlaubt, sofern man sich gegenüber einer Person wehren will.

Das Reden über Menschen als wären sie wie rohe Eier beherrschen nur die Korrekten und legt den Verdacht nahe, als wollten sie sich nicht die Hände schmutzig machen, was Not tun würde, um gesellschaftliche Verbesserungen anzustreben.

Es reicht, wenn wir das Individuum als eine nicht fehlerfreie Instanzierung von Menschenwürde betrachten würden, um es mal auf Software-Chinesisch zu sagen.

Cancel Culture – Martin Walsers Fluch

Cancel Culture ist eine Spielart von Political Correctness, eine weitere, diese feuilletonistisch zu überhöhen.

Bei Cancel Culture wird die moralische Keule geschwungen, was das Zeug hält. Und derjenige, der sich gegen diese Keule wehrt, ist erst recht der Keule wert.

Wehe etwa dem, der sich nicht mit unserer kolonialen Vergangenheit auskennt, weil es in jüngerer Vergangenheit ausreichend Verbrechen gab, die mit Schuld belastet sind. Dann ist er ein Kolonialist, weil er Lüderitz oder General von Trotha nicht kennt, und an deren Straßennamen oder Ehrenmalen vorbeiläuft.

Dass Deutschland auch koloniale Verbrechen begangen hat, ist unstrittig und es wäre sehr vernünftig, den Deutschen imperialistischen Weg in die Weltkriege und das Nazireich in die Betrachtung und den Geschichtsunterricht einzubeziehen (was im Übrigen längst geschieht). Das vielleicht wichtigste Buch dazu hat Uwe Timm bereits 1978 in seinem Roman Morenga verfasst, wofür wir ihm dankbar sein sollten.

2006 wurde in München die Von Trotha Str. in Hererostr. umbenannt. Damals immerhin noch mit einem allerdings fragwürdigen Schild: „Kolonialgeschichte offenlegen:  …. mit einem Vernichtungskrieg …. unterdrückt“. Die Lüderitz Str. gibt es sogar hie und da noch, aber der war ja auch nur Unternehmer ohne Mordbefehl.

Mittlerweile wird fast nur noch emotional argumentiert. Das Berliner Gröbenufer wurde 2009 in das May-Ayim-Ufer umbenannt.  Otto Friedrich von der Groeben hatte 1683 in Ghana die brandenburgische Kolonie Groß Friedrichsburg gegründet, weil sich der Große Kurfürst am damals blühenden Sklavenhandel beteiligen wollte, was allerdings schief ging. Groß Friedrichsburg wurde bereits 1724 wieder an die Niederländische Westindien-Kompanie verkauft.

Das muss man erst einmal wissen, um sich stellvertretend zu empören. Es wäre aber ein guter Anlass gewesen, hier ebenfalls den geschichtlichen Hintergrund vor allem der Menschen verachtenden Sklaverei aufzuzeigen, der damals etwa die ökonomische Bedeutung zukam wie heute Amazon. Aber es reicht ja der Arbeitstitel Rassismus und eine den Berlinern ebenso wie Groeben unbekannte Anti-Rassistin May-Ayim (ist das amtlich?) vorzuhalten. Vielleicht war Groeben ja ein feiner Kerl?

Und mit solch Cancel-Moralisten, die sich vor der Mühe geschichtlicher Realität drücken, soll eine konstruktive Zusammenarbeit mit Afrika passieren? Die wir so dringend benötigen?

Cancel Culture richtet sich allerdings in der Hauptsache gegen lebende prominente Personen, wobei die Moralische Keule meist erst durch die eigenwillige Rezeption von Geäußertem gebastelt wird und bleibt vielleicht ein flüchtiges Konstrukt des Feuilletons. Aber es schärft derzeit die Schere im Kopf. Provokation oder Gedankenexperimente werden nicht mehr öffentlich.

Rassismus ist überall – deshalb hat man immer recht

Den Begriff Rassismus immer weiter zu fassen, so als ob man das Tempo – hier ein Fehlverhalten – durch das Bewegen der Temponadel – hier eine Begriffsdefinition – bestimmen könnte, ist eine fatale Sache. Dazu hier als gedankliche Anregung eine Provokation: „Lieber ein menschlicher Rassist, als ein unmenschlicher Gutmensch“.

Werbung für ein gutes menschliches Verhalten ist also durchaus angebracht, sofern sie anschaulich und nicht moralinsauer gestaltet ist. Aus dem Sport, der Pflege und der Arbeitswelt gibt es gute Beispiele, sofern sie nicht gebetsmühlenartig verkommen. Und die Pflege von gutem Benehmen sollte nicht zur kurz kommen. Freundlichkeit, Anständigkeit oder Höflichkeit sollten nicht als Sekundärtugend abgetan werden. Sie sind eher als ein Korsett für Menschlichkeit zu betrachten.

Wir dürfen uns nicht mit Pflichtübungen zur Erinnerungskultur und einem appellativen „Wehret den Anfängen“ begnügen.

Das Eis der Zivilisation auf dem atavistischen Meer ist mindestens so dünn wie die Erdkruste auf dem Magmaball. Das ist bekannt. Aus der Geschichte Lernen heißt für die Erhaltung dieser fragilen Eisschicht: nicht Appellieren, sondern genau Hingucken und Analysieren. Damit kein Missverständnis aufkommt: Sind wir wirklich analytisch genug, um an die aktuellen Ursachen heranzukommen?

„In der Mitte der Gesellschaft angekommen“. Welches analytische Bemühen steht hinter dieser Aussage? Wir sollten aufpassen, nicht in den self fulfilling Modus zu geraten. Dass ist keine Verharmlosung sondern ein Aufruf zum viel schärferen Hinsehen. Zum präziseren Urteil und Ächtung. Dieser Hinweis geht an die Adresse der wachsenden Gemeinde eifriger Moral-Abmahner.

Welchen Einfluss haben Googel&Co, KI, die Internet-Medien auf Pegida&Co? Eine interessante Frage. Die Verkleinerung der Wirkmacht von unseren Regierungen durch globale Player ist nicht gerade staatstragend.

Diese Abschweifung nur als Warnung an diejenigen, die glauben, die Zeit verstanden zu haben. Der Populismusnebel der gängigen Erklärungen lauert überall, auch bei den aufgeklärten.

Proper Gendern

Wer könnte etwas dagegen haben, wenn grammatikalisch klar wird, dass bei Gruppenbezeichnungen sowohl Frauen als auch Männer gemeint sind. Dies ist bei der Verwendung des generischen Maskulinums nicht sichergestellt.

Es kommt sowohl auf den Kontext als auch auf die Rezeption des Lesers, hier insbesondere der Leserin an. Es würde ja reichen, wenn hier Unklarheit herrscht, die generische Deutung festzuschreiben. Andernfalls müssten die Zusätze weiblich oder männlich für eine Präzisierung verwendet werden. Oder man macht sich die Mühe, etwa „Bürgerin und Bürger“ vollständig auszusprechen, wenn man jeweils unterschiedliche Rollen oder Eigenheiten betonen will.

Die Frau ist sprachlich immer mit im Spiel. Dies wäre eine souveräne Vereinbarung, die vermeidet, Sprache  zur Umerziehung verwenden zu wollen.

Die Alice Salomon Hochschule ASH für Soziale Arbeit, Gesundheit, Erziehung und Bildung in Berlin ist wegen des übergroßen Avenidas Gedichts an einer seiner Fassaden bekannt geworden.

Ein Blick auf die Internetseite der ASH zeigt das offensichtliche Bemühen, das /-in immer im Blick zu haben. Allerdings fragt man sich bei der Liste der Professor_innen (auch Professor/-innen) warum bei jedem Eintrag der „Titel, Name, Vorname und Professor/-in für ….“  steht, egal ob Frau oder Mann. Das verwirrt und macht neugierig. Peter – vielleicht doch eine Frau? Was ist die Botschaft? Achtet nicht auf das Geschlecht?

Zumindest hat jetzt jeder, der etwas schreibt, eine kleine Ablenkung: „Hast Du auch an /in gedacht?“. Es besteht die Gefahr, dass hinter der Fassade der Gender Correctness die Verhältnisse sich sogar verfestigen werden.

Die ASH wird überwiegend von Studentinnen besucht. Diese wandten sich mehrheitlich gegen diese vermutlich gut gemeinte Präsentation des Avenidas Gedichts, in dem offensichtlich ein Mann die Frauen bewundert.

Ein Missverständnis wäre es allerdings, dass dieses Gedicht auf Grund einer übertriebenen Auslegung als sexistisch abgelehnt worden sei. Es wurde abgelehnt, weil es die Frauen auf einen in Kunstform gegossenen eher schlaffen Tagtraum reduziert, als sei das ihr eigenes Credo. Ein solches Gedicht hätte besser an die kahle Nordwand eines Männerheims gepasst

Eine plakative, selbstbewusste, ironische und freundliche Bemerkung wäre geeigneter gewesen, etwa:

Die Männer sind alle ……….,

aber süß, aber süß sind sie doch

Aber an eine passable Fassade gehören eigentlich Gebote wie „HELFT DEN ARMEN“, aufmunternde Volkslieder oder wohltuende Bilder und keine Selbstdarstellungen.

Wie viel Umerziehung brauchen wir eigentlich noch?

Es ist schon verblüffend, wenn man sich die Mann-Frau-Kultur der 50’er Jahre in der Bundesrepublik vor Augen führt. Gegen die autonomen Frauen gab es ein rollback der männlichen Autorität, die durch das klägliche Versagen (Arschkriecherei oder Kadavergehorsam) vieler Männer den Bach heruntergegangen war. (Keiner sollte sich allerdings davon grundsätzlich freisprechen). Dieser abgestandene Muff der tausend Jahre ist zwar gut durchlüftet, aber es müffelt immer noch, besonders intensiv in den Top-Eliten, in denen man sich mit Hilfe von Jagdscheinen die Frauen vom Leibe hält.

Zu den Aufklärungen der 68’er gehörte auch die damals vielgelesene Ethnologin Margaret Mead, die anhand von Studien in Samoa und Neuguinea eindrucksvoll die soziokulturelle Bedingtheit von Geschlechterrollen aufgezeigt hat. Dieses Wissen blieb auch den ’neuen‘ Männern nicht verborgen.

Niemand bestreitet mehr die grundsätzliche Leistungsfähigkeit von Mann und Frau für alle Berufe und Tätigkeiten. Es bestreitet auch niemand, dass in der tatsächlichen Arbeitswelt althergebrachte Unterschiede ausgenutzt werden. Aber wir sind auf einem guten Weg, auch diese Defizite zu beseitigen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist beispielsweise eine Selbstverständlichkeit. Für diesen Missstand sind aber nur wenige Männer und auch einige Frauen verantwortlich.

Was tatsächlich fehlt, ist das aktuelle gesellschaftliche Bild der Frau vom Mann und das aktuelle Bild des Mannes von der Frau. Vielleicht denken wir mittlerweile viel zu schlecht über das Menschenbild des Gegenübers und sind gar nicht so weit vom Idealzustand entfernt, wenn man Frau und Mann auch als Facette des bereichernden MultiKultis betrachtet. Unsere Kinder werden in der Grundschule fast nur noch von Lehrerinnen erzogen. Und man kann auch nicht behaupten, diese liege daran, dass den Frauen die Arbeit auf dem Bau verwehrt wird. Kein Mann befürchtet heutzutage, dass sein Sohnemann dadurch ein Weichei wird. Im Gegenteil, Lehrerinnen tun dem Sohnemann gut. Der alte weiße übergriffige Mann ist ein Auslaufmodell. Verachtung für Frauen gibt es vielleicht noch in den Top Etagen.

Und es gibt auch viele rechte Männer, die Angst vor einer vermeintlichen Überlegenheit der Frauen haben. Dies ist im Übrigen dort eine reale Gefahr. Hass auf Frauen, die dem haltlosen Mann das letzte Stück Identität rauben. (Um hier einmal den Begriff Hass in seiner Reinform zu benutzen; ihn als Abwehrreaktion des empfundenen Angriffs auf die eigene Existenzberechtigung zu verstehen. Dies, um wiederholt auch hier auf die fahrlässig schludrige Verwendung von Begriffen zu verweisen.)

Am lautesten geht es bei Karrieren zu, sie bestimmen den öffentlichen Diskurs. Karriere-Typen muss es wohl geben. Aber das ist gerade nicht die Ebene, wo der Fortschritt entschieden wird.

Toleranz sollte tolerant sein und nicht als Gnade der moralischen Überlegenheit auftreten. Ein gelassenes „Leben und Leben lassen“ oder „jeder nach seiner façon“ sollte wieder die Basis des Zusammenlebens sein.

Und warum einigen wir uns nicht darauf, dass beim Verschlucken des ‚Innen‘-Hopsers je nach Kontext auch die Männer gemeint sind oder beim Fehlen des ‚Innen‘ auch die Frauen. Warum denken wir nicht einfach positiv?

 Diversität – Hauptsache man redet darüber

Warum ist die Diversität im Augenblick in aller Munde? Die Rede ist nicht von den Verhältnissen woanders, sondern hier bei uns. Ist die mangelnde Diversität in unserer Bevölkerung ein Problem? Oder ist es die zunehmende Unterdrückung der vorhandenen Diversität?

Reicht es nicht, wenn man sich darüber freut, dass die Leute beim ‚Karneval der Kulturen‘ ihren Spaß haben? Soll man mitmachen, endlich das exotische in sich entdecken, wie diejenigen, die sich mit der Forderung nach mehr Diversität gerne schmücken?

Reicht es nicht, wenn man weiß, dass es Randgruppen schwerer haben, ihr Glück in der Mehrheitskultur zu finden?

Vielleicht ist es ganz hilfreich, diesem eitlen moralischem Geschwätz etwas zum Grübeln zu geben: wie steht es denn mit der Frau-Mann Diversität? Sind diese etwa gleich und nur die anderen Gender verschieden? Oder sind wir alle gleich im Sinne des Grundgesetzes und doch alle irgendwie verschieden? Das wäre keine besonders neue Erkenntnis.

Auch hier wieder eine Unterstellung von Eiferern. Sie unterstellen der Mehrheit, Konformisten zu sein, nur um sich aufblasen zu können.

Wen man schon eine Debatte über Diversität führt, dann über die Grenzziehungen. Es gibt Diverse, die man lieber nicht auf die Menschheit loslassen möchte. Und die Menschenwürde trägt auch Arschlöcher, aber macht sie nicht sympathischer.

Ein politisches Missverständnis

Es herrscht die Meinung, unsere Politiker, unsere Politik hänge den Anforderungen immer hinterher und wenn mal nicht, dann unzureichend. Wenn man aber genauer hinsieht, ist die Politik auf Grund des Sachverstandes meist vorausschauender als das Wahlvolk. Die Lebensmittelverordnungen, die Umweltmaßnahmen seit dem Waldsterben, das EEG als Einstieg für den Ökostrom, der Atomausstieg, der Kohleausstieg, Prämien für eAutos, … War es das, was unser Wahlvolk vor der Wahl mehrheitlich wollte? Und wenn progressive Zielsetzungen auf der Agenda stehen, ist deren Umsetzungen natürlich immer Kompromiss behaftet und leider oft auch ein Bürokratiemonster, also stets unzureichend.

Die Aktivisten sind natürlich sowieso stets weit voran, oft auch mit Patentlösungen. Es allerdings nicht bekannt, dass die Aktivisten mehr Rückhalt in der Bevölkerung haben als in der Politik. So ehrlich sollten wir sein. Das diesbezügliche Politiker-Bashing ist unbedacht und schädlich für den politischen Diskurs.

Allerdings ist der oft lächerlich Argument freie Beißreflex zwischen parteifremden Politikern oder ihr Wahlkampfmodus abstoßend. Über diese „eingebauten“ Verhaltenszwänge im Wettstreit der Parteien muss man wohl hinwegsehen. Die Politiker schaden sich und dem öffentlichen Diskurs. Gefragt ist engagierte Sachlichkeit.

Unsere Politiker sind nur so gut wie das Wahlvolk. Bei dieser Einsicht können wir alle nur gemeinsam besser werden.

Und so schlecht stehen wir gar nicht da, auch wenn Provisionen für Maskenbeschaffung geflossen sind und die notwendige Nähe der Politik zur Beratungsleistung stets heikel ist. Aber bis jetzt ist nahezu jeder Missbrauch aufgeflogen und es ist keine Verschlechterung in Sicht.

Verwaltung und Bürokratie – wie hätten wir es denn gerne?

Deichbau, Schweinepest, Brand- & Katastrophenschutz, Landesplanung, Denkmalschutz, Lebensmittelkontrolle, Wasserwirtschaft, Bauordnung, Arbeitsschutz, Giftmüllverordnung, Düngemittelverordnung, Medizinproduktegesetz, ….

Gibt es zu viel davon? Wenn etwas passiert, ist in der öffentlichen Meinung auch der Staat schuld, nicht nur der Verursacher. Wie viel Verordnungen und Rechtsnormen brauchen wir wirklich? Und wie pingelig sollte man sein?

Der paternalistische Staat ist gewünscht und verflucht zu gleich. Die Frage ist nur, ob wir eine vereinbarte Balance haben, also eine Balance, die im demokratischen Prozess stetig erneuert werden müsste.  Es gibt eine Allianz zwischen Obrigkeitsgläubigkeit und deren Verachtung (die da Oben). Der Gegenentwurf ist die Eigenverantwortung (was tust Du für deinen Staat?). Die Debatte ist leider zu einem reinen Bürokratie-Abbau verkommen (der Staat soll schlanker und ‚intelligenter‘ eingreifen), ohne die Eigenverantwortung als Freiheitsoption ins Spiel zu bringen.

Die Euro-Normen sind noch einmal gesondert zu sehen. Hier sollen gleiche Rahmen in Europa geschaffen werden, gehen aber oft über das Ziel hinaus und sind zu detaillierte Schreibtisch-AG-Konstruktionen.

Keine Probleme mit Kontrollverlust?

Der Gipfel von Kontrollverlust wäre starke KI, also Software, die wir prinzipiell nicht mehr verstehen. Dennoch wird an einer solchen KI geforscht mit dem klaren Ziel, diese auch einzusetzen. Sind wir verrückt geworden? Wollen wir uns von einer virtuellen Intelligenz leiten lassen? Was soll die besser für uns machen? Sie könnte uns sogar ins Verderben führen, wenn wir sie prinzipiell für „schlauer“ und kompetenter halten.

Welcher Fortschritt sind digitale Signaturen? Signaturen, von denen niemand beweisen kann, dass sie von ihm selbst stammen, oder gefälscht sind?

Welcher Fortschritt ist die Abschaffung von Bargeld? Damit niemand mehr Geld in der Hand haben darf und auf eine sichere und vertrauenswürdige allgegenwärtige (ubiquitäre) Infrastruktur angewiesen ist?  Papiergeld ist – vielleicht als erstes in der Menschheit – zwar auch virtuell, aber etwas was man noch anfassen kann. Immerhin ist es fast nicht zu fälschen und es basiert auf eingeübtes Vertrauen in die verfassten Institutionen wie etwa die Bundesdruckerei und die Bundesbank. Letztlich eine zivile Vereinbarung, die bisher ganz gut geklappt hat. Wer sichert und kontrolliert in Zukunft für uns die Zahlungssysteme?

Welchen Vorteil hat beispielsweise Bitcoin?  Ein für Außenstehende irres Gebäude von Transaktionen auf Grundlage einer Blockchain Theorie, energiefressenden Wertschöpfungen. Ein Gebäude das aus heutiger Sicht nicht zu knacken ist, aber exponentiell aufwendiger wird und immer mehr an seine Grenzen kommt und irgendwann doch geknackt werden wird. Reizvoll ist natürlich das damit verbundene Zocken, aber auch hier gilt wie an der Börse: es kann nicht nur Gewinner geben, insbesondere wenn alle mitmachen. Und dennoch gilt Geld in der alten Form bereits als veraltet, das sagen uns Banker und visionäre Politiker.

Von dem Internet der Dinge und autonomen Systemen ist bereits geredet worden. Um uns herum werden im Hintergrund Entscheidungen und Maßnahmen vorgeblich in unserem Interesse getroffen, entweder für einen zweifelhaften Sicherheits- oder für einen vermeintlichen Komfortgewinn, der unsere Fähigkeiten zum Handeln tendenziell verkümmern lässt.

Etwa eine Ampel, die anhand Gesichtserkennung für uns Gebrechliche die Phase verlängert oder andernfalls entsprechend verkürzt. Die Devise der Moderne heißt: Möglichst viel Digitales und viel Cloud. Aber auf einen wirklich autonomen Herd, der nichts anbrennen lässt, warten wir (Vergesslichen) immer noch.

Verkommt das Vertrauen?

Wie kann ein Gesellschaftsvertrag ohne Vertrauen funktionieren?  „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann“. Dieser bemerkenswerte Satz des Staatsrechtlers E.-W. Böckenförde zielt vor allem auf die Bindekräfte, die einen Staat zusammenhalten. Sofern es nicht mehr die religiöse Autorität ist, was ist es dann? Es ist das Vertrauen in das zarte Pflänzchen der Aufklärung, es ist die Vernunft. Es ist das Vertrauen darauf, dass die große Mehrheit des Staatsvolkes hinter dem Vertrag steht, weil es vernünftig ist.

Das Vertrauen der Menschen in ihre Gesellschaft braucht sowohl Institutionen, das Regierungshandeln als auch die Mehrheit der Bevölkerung, die sich an den Gesellschaftsvertrag, unsere Verfassung sichtbar halten. Damit steht es derzeit bei uns gar nicht so schlecht, aber die Rechten und Populisten greifen stets gezielt diese Vertrauenskultur an. Das ist einfach, weil es in jeder Gesellschaft genügend Missstand und -brauch gibt, der dafür herhalten kann. Um damit klarzukommen, braucht jede Bürgerin und jeder Bürger Geschichtswissen und auch ein wenig Abstraktionsvermögen, also einen klaren Kopf auch mit der Gewissheit, bei den nächsten Wahlen etwas ändern zu können.

Gesellschaftsvertrag klingt nach Aufklärung. Und das soll es auch. Der Einigungsvertrag wäre eine Chance gewesen, diesen Aspekt einer Verfassung – unserer nahezu tadellosen – wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Den Identitären gefällt die Neuzeit insgesamt sowieso nicht. Gibt es da ein Aufblühen und wenn warum?

Problematisch wird es, wenn das Vertrauen in Maschinen oder Software über alles gesetzt wird. Das ist amüsant, wenn dieses der selbst gebauten gilt. Das ist sonst aber genauso eine unsoziale Projektion wie beim Herrscherkult. Herrscherkult und der Glaube an Schwarmintelligenz & KI in der Cloud und der Macher verschmelzen.

„Der hält sich an das, was er verspricht“ dieser Satz ist immer mehr zu einem Bonus für Autokraten verkommen.

Wenn Fehlerfreiheit mit Vertrauenswürdigkeit gleichgesetzt wird, werden wir einsam.

Strafrecht als Lackmustest

Besonders angreifbar ist das Vertrauen in die Rechtsprechung beim Strafrecht. Strafgesetze sind abstrakte Fallbeschreibungen und im konkreten Einzelfall mehr oder weniger passend, zumal Schuld auf Grund von Tatsachen immer mit einem Zweifel behaftet sind. Deshalb gibt es im Strafrecht ja auch das Mittel der Bewährung und es gilt in dubio pro reo.  Und immer wieder gibt es auch den durch das Füllen mit Unfähigkeit zerbrochenen Krug. Diese Kröte muss man der Unabhängigkeit der Richter wegen schlucken, was trotz des Instanzenwegs oft schwerfällt. Und letztlich müssen die Gesetze, die Rechtsprechung und die Exekutive den Gegebenheiten angepasst werden (Jugendliche Serientäter, Clankriminalität, Rechtsradikalität, …), was einer nicht nachlassenden gesellschaftlichen Kontrolle bedarf.

Die Diskussion um Zweck und Sinn der Strafe (nicht von Verwahrung) ruht. Allerdings geht die Tendenz bei den Meinungsmachern immer mehr zu Forderungen nach höheren Strafen und zur Abkehr vom Konzept der Resozialisierung. Auch hier sollten wir uns fragen: Wollen wir hin zu einem „inhumanen“ Strafvollzug? Humanität – Menschenwürde – ist nicht teilbar. Dies merkt man, wenn man selbst in die Mühlen der Justiz gerät.

Wir sollten den derzeit pragmatischen Kompromiss zwischen Strafe und Resozialisierung – humaner Strafvollzug – aushalten, über Verbesserungen streiten und nachdenklich bleiben. Hierzu taugt der Satz von Heinrich Heine aus seinem erfrischend aktuellen Aufsatz Gefängnisreform und Strafgesetzgebung –

Paris, Juli 1843:

„Unsere zweite große Straftheorie (nach der Sühne, d. Verf.) ist die der Abschreckung. Diese ist weder religiös noch philosophisch, sie ist rein absurd. Hier wird einem Menschen, der ein Verbrechen beging, Pein angetan, damit ein Dritter dadurch abgeschreckt werde, ein ähnliches Verbrechen zu begehen. „

Gestaltungsmacht ohne Kontrolle

Wer kennt die Satellitenpläne von Musk und Bezos, zehntausende Internet-Satelliten zu installieren, die wegen der für das IoT notwendige Latenzzeit in den low orbit zu platzieren sind? Also ein weltumspannendes 5G?

Der zu erwartende Schrott und die damit verbundene Gefahr sind neben der zu erwartenden Monopolisierung und Gestaltungsmacht keine Angelegenheit von nationalen Aufsichtsbehörden mehr, sondern müssen global geregelt werden. Wir brauchen diese zig Tausend Satelliten nicht.

Sie wären zudem Ausgangspunkt für eine immer größeres Manipulations- und Steuerungspotenzial.  Egal wie man dazu steht, ob man sich das Internet der Dinge unter der Orchestrierung von Jeff Bezos oder Elon Musk herbeiwünscht, derartige Entscheidungen gehören in die demokratische Öffentlichkeit. Dürfen Musk und Bezos machen was sie wollen?

Gegen diese Perspektive ist NorthStream2 politisch Peanuts. Um es auf den Punkt zu bringen: solche Satelliten sollte man nur genehmigen, wenn der Beweis erbracht worden ist, dass nur damit die Welt gerettet werden kann.

Kurzum, wie steht es mit solchen Projekten, die unter dem Radar der Öffentlichkeit fliegen? Hat unsere Bundesregierung Einfluss und auch eine Meinung dazu? Wäre es nicht endlich angebracht, solche gravierenden Projekte in der Öffentlichkeit zu diskutieren?

Privateigentum – ein zivilisatorisches Hemmnis?

„My house is my castle“ ist energetisch nicht mehr zu vertreten“. Der entsprechende Rückzieher der Grünen kam ganz schnell, weil das für sehr viele ein Angriff auf einen ihrer Lebensträume gewesen wäre. Offensichtlich überwiegt bei den Grünen der urbane Politiker Typ, der sowieso kein Auto, ggf. ein Dienstfahrzeug und etliche Mitfahrgelegenheiten hat, viel Treffen außer Haus wahrnimmt und dem ein Stadtpark als Grün reicht.

Jedenfalls ist unter dem Argument der Energieeinsparung und Einschränkung des Landraubes die Sharing-Idee auf dem Vormarsch, die bei vielen, die sich ihr Eigentum hart erkämpft haben, keine Freude auslöst. Überflieger – die nicht putzen und nur haute cuisine kochen und sich unmerklich dem Kibbuz Gedanken nähern, sollten dieses endlich auch offen aussprechen, damit eine zukunftsweisende Diskussion stattfinden kann.

Es gibt tatsächlich auch heute neu gegründete Genossenschaften, die wunderbar funktionieren, weil sich die Genossinnen freiwillig auf eine gemeinsame Balance zwischen Privatheit und Öffentlichem Raum geeinigt haben.

Und auch, weil nur so das gute Wohnen zu finanzieren war. Allerdings befinden sind solche Wohnanlagen meist im Grünen.

Aber dies ist nicht jedermanns Sache, zumal, wenn er bereits ein Häuschen hat. Die Zersiedelung und Versiegelung sind schon lange kein Ziel unseres Baurechts mehr. Naturnahe Gärten und Null-Emissionshäuser sind eine vollkommen angemessene Zielsetzung, es sei denn, wegen der letzten 10% muss alles in die verdichteten Käseglocken Städte, die smart cities.

Im Übrigen ist öffentlicher Reichtum, schöne weite Plätze, gepflegte Straßen, Museen und Theater, Stadtlandschaft, alte Schlösser, ÖVPN und was dem Leser sonst so noch einfällt, sehr zu begrüßen. Nur so funktioniert eine gesellschaftliche Balance zwischen Privateigentum und Öffentlichkeit.

Selbst die ärmsten Hindus praktizieren ihre Waschungen am Ganges auf den alten Marmortreppen der ehemaligen Maharadschas. Wenigstens das ist übriggeblieben.

Ist das Thema Privateigentum Tabu? Gerade dieses Thema ist ein Schlüssel für die freiheitliche Zukunftsgestaltung und die Wertschätzung des Menschen und seiner Arbeit. Wir sollten dieses Thema nicht nur im Hinterkopf sondern offen diskutieren. Sonst ist die Sache verlogen und geht schief.

Die Corona-Warn-App – Datenschutzparanoia

Gibt es Software, die ausschließlich das Interesse seines Nutzers verfolgt und vom Nutzer dahin gehend programmiert werden kann oder sich lernend den Interessen des Nutzers anpasst? Die privat und beherrschbar ist?

Das Konzept eine privaten Softwareagenten verkümmert seit 20 Jahren in einigen wenigen Schubladen. Jetzt liegt die Personalisierung kostenfrei vollständig in den Händen eines Providers und Datenhändlers. Offensichtlich aus Scham darüber, entsteht eine Datenschutzparanoia. Da wo es noch möglich ist, wird ‚Hände weg von meinen so sensiblen Daten‘ geschrien. Da wo noch Vertrauen gelten sollte, gilt Misstrauen.

Was wäre, wenn man über seine Daten souverän verfügen könnte? Wenn es nicht auslesbare SmartPhones in Verbindung mit sicheren digitalen Schließfächern für private Datensicherung und Zugriff gäbe? Dann wäre die Corona-Warn-App als eine freiwillige und viel Aussage kräftigere Variante möglich. Aber eine solches Konzept existiert nicht in unseren Köpfen: Wir brauchen einen fürsorglichen Provider (Profit-Profi) in der Cloud, der weiss wie man mit Daten umgeht und dort oben die Engel füttert.

Künstliche Intelligenz – Licht am Horizont ?

Das permanente Laien-Gequatsche von KI nervt. Derzeitige KI ist im wesentlichen angewandte Statistik, Mustererkennung und Zustandsextrapolation mit Hilfe angelernter Neuronaler Netze, gepaart mit von Menschen erdachten Algorithmen. Neuronale Netze sind prinzipiell doof. Algorithmen basieren auf eingefrorenem Vorwissen von Softwareentwicklern, das prinzipiell unzureichend, unzutreffend und veraltet ist. So ist heute die angewandte Softwareentwicklung.

Neu gegenüber der Software des 20. Jahrhunderts ist die Einbindung von Neuronalen Netzen oder entsprechender Input-Output Maschinen. Die Vorhersagekraft dieser Softwaresysteme ist extrem kritisch vom Anwendungsfall abhängig. Das Börsengeschehen, wo sich sogar die inneren Mechanismen ändern können, das Wetter als offenes System sind für diese KI nicht zugänglich. Neuronale Netze taugen nur für geschlossene Systeme, in denen sich stetige Ursache-Wirkung Funktionen überlagern. Ihre Voraussagekraft ist zudem abhängig vom Lernen, und damit abhängig vom Lehrangebot, der wiederum den Lern-Input-Zustandsraum genügend ausleuchten muss.

Daher müssen solche KI Systeme im Sinne von Input-Output Transformation-Maschinen immer systematisch gegenüber der Realität geprüft werden, weil die Ergebnisse nicht logisch nachzuvollziehen sind und unerwartete Ausschläge zeitigen können.

Mit diesem kernigen Satz wird klar, wie beschränkt und anmaßend Zugleich der Einsatz von Ki ist.

Die Auswertung medizinischer Bildgebung ist nach ausreichender Validierung sinnvoll und sogar als Decision Support heutzutage zu fordern.

Den Informationsbedarf eines Microsoft Teams Teilnehmers per Sitzungsauswertung durch KI zu ermitteln, ist nicht nur Entmündigung und blöde Bevormundung, sondern eine Frechheit, die als smarter Komfort der eigenen Arbeitsorganisation verkauft wird. Was soll der Mensch da eigentlich noch? Dann soll doch die KI gleich alles selbst erledigen.

Das blöde Vorhersagen von menschlichen Verhalten ist der Schwerpunkt von angewandter KI. Bürgerverhalten in China und Konsumentenverhalten in der Welt von Googel&Amazon&Facebook&Co.

Dann ist KI auch noch beim Militär im Einsatz. Drohnen sollen sich autonom bewegen und Entscheidungen treffen können. Und nicht zuletzt soll KI überall strategischen Vorsprung bringen, daher dieses blinde globale Wettrüsten in eine Technologie, die für den menschlichen Fortschritt in Richtung gutes Leben wenig beiträgt, viel aber für die Entmündigung und Umformung des Lebens.

Und warum wird KI in aller Munde dermaßen als Retter angebetet? In der bösen Vorahnung, dass uns diese Technologie entgleiten und Gott gleich daher kommen wird? Sogar simple einfache Algorithmen werden in der Öffentlichkeit in Unkenntnis bereits als KI tituliert (vermutlich ist das bei Micrsoft Teams so), als wollten wir die KI herbeireden.

Und hier ist noch nicht einmal von starker KI – an der massiv geforscht wird – die Rede, also Softwaresysteme, die wir prinzipiell nicht mehr verstehen können. Wollen wir solche Allien-Systeme wirklich, Systeme, die anders denken als wir? Und wollen wir, dass diese Systeme Entscheidungen über uns treffen sollen?

Das eitle Gerede um KI sollte einen Schrei nach Renaissance, Renaissance des Menschen auslösen. Umso mehr, als wir den Profiteuren von KI – denen die Sache bald auch um die Ohren fliegen wird – in unserer Eitelkeit, Visionäre zu sein, den Weg bahnen. Wir haben konsequenter Weise eine ausgezeichnete Staatsministerin, die ahnungs- und hemmungslos der Schönen „Neuen Welt“ das Wort redet.

An dieser Stelle sei auf das Buch von Joseph WeizenbaumDie Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft‘ (Suhrkamp, 1977) ausdrücklich hingewiesen. An dem nach ihm benannten in 2017 gegründeten Berliner Institut sollten dem Namen entsprechend, die Themen Gesellschaft & Digitalisierung erforscht werden.

„Wie lassen sich die Ziele individueller und gesellschaftlicher Selbstbestimmung in einer von digital vermittelten Transformations- und Entgrenzungsprozessen geprägten Welt realisieren und welche Rahmenbedingungen und Ressourcen sind für ihre Verwirklichung notwendig?“ Diese professorale Aufgabenstellung klingt nicht nach Einhegung von immer mehr Digitalisierung als politische Machtfrage, sondern wie die Beschreibung eines schicksalhaften Prozesses, aus dem das Beste zu machen sei.

Die eilfertige Umbenennung in „Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft – Das Deutsche Internet-Institut“ bereits 2017 lässt vermuten, dass wir es hier mit einer üppig ausgestatteten Digitalen-Vernetzung- Projektförderung zur Freude der Politik zu tun haben. Bisher ist nicht bekannt, dass dieses Institut beispielsweise einen Stopp von 5G oder zumindest ein Moratorium gefordert hätte. Oder das mehr Vernetzung überhaupt wünschenswert sei.

So wird bei uns mit kritischer Intelligenz umgegangen.

Nachtrag zu KI – Zeit für neue Ostermärsche

Wer das Anfang März 2021 in der ARTE Bibliothek verfügbare Feature iHUMAN gesehen hat, könnte das oben gesagte noch für Verharmlosung halten. Jeder an der Zukunft interessierte Mensch sollte sich diesen Beitrag anschauen, um die tatsächliche Bedrohung durch die „Schöne Neue Welt“-Macher zu begreifen. Hier sind nicht Spinner am Werk, sondern Militärs, Autokraten und die mächtigsten Kapitalakkumulierer der Weltgeschichte.

Zu bekämpfen ist vor allem die Behauptung der Endzeit-Visionäre, KI könnte die Welt zum Paradies oder zur Hölle machen, so wie jede mächtige Technologie, etwa das Feuer oder die Kernspaltung. Man müsse sich nur entscheiden.

Das KI-Paradies dieser philosophisch angehauchten, lebensmüden Exzentriker ist aber bereits die Hölle. Keines der natürlichen Probleme (Gesundheit, Energie, Rohstoffe, Transport, Nahrung, Naturerhalt) für ein menschenwürdiges Leben lässt sich mit KI beheben. KI-Technologie kann hie und da noch helfen, von uns gesteckte Zielvorgaben besser erreichen zu können. Aber KI baut kein Lithium ab, erzeugt weder Strom noch Zement, transportiert keine Waren, baut keine Häuser, ersetzt nicht den Waldspaziergang und auch nicht die Liebe, oder bewegt überhaupt Materie.

Das KI-Paradies dieser Visionäre ist letztlich virtuell oder Roboter gespickt. Der Mensch guckt ehrfürchtig auf das, was er erschaffen und ihn gleichzeitig klein macht.

Nicht nur angesichts dieser bedrohlichen Vorstellungen, auch angesichts der militärischen Dimension beim Wettrüsten um eine lebensfeindliche Welt ist es tatsächlich Zeit für neue Ostermärsche für eine friedliche und lebenswerte Zukunft.

Schon jetzt sind wir einer mit Artefakten verpixelten Inforrmationsflut ausgeliefert, die uns mürbe macht. Wachsende Blasenbildung und Polarisierung der Gesellschaft sind zu beobachten. Über die Überwachung, Ausspähung und Manipulation mit Hilfe von derzeit angewandter KI-Technologie muss an dieser Stelle nicht auch lamentiert werden.

Das Feature iHUMAN gesehen zu haben, reicht.

The Toggle Switch – die neue ja/nein Beliebigkeit

Der Benutzer eines Internet-Auftritts (URL) kann die Datenschutz-Einstellungen dieses Auftritts gemäß der DSGVO selbst bearbeiten. Der Anbieter muss dies beim Erstzugang sogar erzwingen, bevor er dem Benutzer Zugang gewährt. Daher seit einiger Zeit diese lästige Seite, auf der man entweder pauschal die Grundeinstellung des Anbieters meist akzeptiert („ist sowieso egal“), ablehnt oder bearbeitet. Auf der Bearbeitungsseite befinden sich meist die sogenannten Toggle Switches (ja/nein – Schiebeschalter als Schaltknopf (Kreis) in einer waagerechten Schiebekulisse (Oval), wobei der Schaltknopf links oder rechts positioniert ist, wie man sie auch im SmartPhone bei den Einstellungs-Optionen vorfindet.

Für die DSGVO gibt es Leitlinien 05/2020 zur Einwilligung gemäß Verordnung 2016/679 Version 1.1

Danach ist man frei, Optionen spaßeshalber negativ zu formulieren. Und es wird auch nicht erklärt, wie ein ja/nein auszusehen hat. Wer ein bisschen recherchiert, findet für Toggle Switches keine international verbindliche Norm, etwa bei W3C/CSS geschweige denn bei ISO. Wir haben mittlerweile einen Zustand der living de facto standards. Apple hat einen eigenes Switch Control, Android ebenfalls und es gibt etwa noch 50 andere Implementierungen. In der Grundeinstellung gilt überwiegend nein=off=farblos ja=on=grün. Allerdings kann der Entwickler Texte, Farben. Größe und Ausrichtung eines Switch über die Control.Attributes ändern. Rot wie ja oder nein? Fall nicht auf Entwickler rein!

Was hat dies mit unseren Zeiten zu tun?

Die Zeiten von internationalen Organisationen wie UN-ITU in Genf (ehemals Internationaler Telegraphenverein von 1865), ISO oder UN-EDIFACT sind zunehmend vorbei. Globalisierung hatte damals etwas mit internationaler Verständigung und Normung für die eigenständige Entwicklung zu tun. Heute setzen global Player die Normen und letztlich irgendwelche Entwickler. Auch Normen für Apparete-Bedienung sind öffenltliches Gut. Andernfalls zappeln wir an der Leine der Macher.

Digitales Lernen

Was ist eigentlich digitales Lernen?  Was geht da mehr durch die Augen und Ohren des Lernenden? Neue unbekannte Zeichen oder Sprachschöpfungen, die den Intellekt viel direkter prägen? Etwas, was dem Präsenzunterricht mittlerweile entgangen ist? Oder sind es gar Elektroden, die unsere Neuronalen Netze im Gehirn direkt programmieren?

Vom letzteren abgesehen, woran natürlich geforscht wird, um kranke Birnen wieder helle zu kriegen, ist die Rezeption digitaler Medien analog, sofern wir den Menschen jetzt nicht auch noch als digitale Maschine deklarieren wollen. Es fehlen sogar noch ein paar Sinne, die man sicher aber bald ersetzen wird.

Digitales Lehren ist derzeit also nur eine Aufzeichnung oder Neugestaltung einer realen Lehreinheit. Bei den Aufzeichnungen wählt man gute Lehrer und Inhalte, die meist noch mit extra Aufwand (Experimente, Kamerazoom, ..) angereichert werden, um so eine optimale Einheit zu produzieren. Gedanklich könnte man den Schulunterricht durch das Abspielen dieser Konserven ersetzen, sofern man von einem monologischen Frontalunterricht ausgeht. Hier könnte man noch Fragen und Diskussionen von exemplarischen gelehrigen Schülern einstreuen, um die Sache noch ein wenig realistischer zu gestalten. Solche Lehreinheiten befinden sich zahlreich im Internet und sind für das Rekapitulieren nützlich.

Bei der Neugestaltung geht es meist um zusätzliche freiwillige Lernprogramme, die den persönlichen ‚Pauker‘ oder den Zettelkasten ersetzen sollen. Frage und Antwort, Wiederholungen bei registrierten Gedächtnislücken, bewusst eingestreute Ablenkungen, Reaktionsmessungen, Belohnungen, … Hier könnte man sich kognitive Modelle austoben lassen, solange der Lernende das Lernprogramm selber steuern kann.

Und nicht zuletzt könnte man über einen digitalen KI-Lehrer nachdenken, der den Schüler immer besser kennen lernt, allwissend und omnipräsent ist. Aber wozu dann noch lernen? Dann könnte der doch gleich als persönlicher Assistent die Meinung des Anwenders vertreten und für ihn denken.

Ist den eigenen Verstand benutzen überhaupt noch ein Lernziel? Zu lernen, wie man sich Wissen aneignet?

Macht sich eigentlich noch jemand Gedanken darüber, wie wir denken lernen?

Dass unser Denken, die Satzdeutung, die Logik auf einem dialogischem Vergewisserungsprozess beruht, der im Elternhaus, in der Klasse, auf dem Sportplatz und in Gesellschaft stattfindet?

Zur Vertiefung: Es gibt neben den Wahrheitstabellen der zweiwertigen Logik auch die Disziplin der Dialogischen Logik

Diese Fragen an diejenigen, die blind eine Digitalisierung an der Schule fordern, den Krisenmodus der Pandemie als neue Routine betrachten, keine Ahnung von kognitiven Prozessen haben und die zunehmende Verhaltensschädigung durch die digitalen Endgeräte im Alltag beklagen.

Wenn man die Kosten-Nutzen Betrachtung für Smartphones bei Jugendlichen anstellt, stellt sich als erste Frage: Was ist eigentlich der Nutzen?

Daten – bald überholt?

Was bedeutet die Bitfolge 01000100011011110111001101100101  aus 32 Bits = 4 Bytes ?

Das hängt davon ab, welcher Datentyp angewandt wird. Davon gibt es hunderte.
Wer diese Folge nach dem Zeichensatz ASCII – American Standard Code for Information Interchange (1963) interpretiert, bekommt das Wort:  ‚Dose‘.
Beim Standard Float IEEE754 Single precision 32-bit bekommt er die Zahl: 95,780303955078125.
Beim Standard CMYK (cyan, magenta, yellow, dark-key) den Farbwert: cmyk(41%, 3%, 0%, 55%) , ein dunkles grau-blau.
Bei der Interpretation als binäre Zahl (zur Basis 2) mit den digits 0 und 1 die Zahl:  1.148.154.725

Der Begriff digital beruht auf dem Begriff digit=Ziffer, aber im allgemeinen Gebrauch nur für die binären Ziffern 0/1.. Das liegt an der Computer Hardware, wo nur ja/nein=1/0-Zustände in Frage kommen, entsprechend geladen/entladen oder magnetisiert/entmagnetisiert.  Dies ist bezüglich des Informationsgehalts beim ausgelesenen Qubit eines Quantencomputers auch nicht anders. ‚Intelligenter‘ werden diese Rechner auch nicht sein. Sie ermöglichen allerdings Rechenoperationen für Qubit-Quantenzustände gleichzeitig (Parallelität), was aber nur für gewisse mathematische Algorithmen und dort auch nur zum Teil ausgenutzt werden kann. Im besten Fall kann dadurch die Wettervorhersage um 2 Tage verlängert, das molekular modelling verbessert und einige Verschlüsselungsverfahren oder Bitcoin angegriffen werden.

Nackte Daten sind sinnlos. Dies gilt auch für nackte Datensätze ohne Beipackzettel, also einer Vorschrift, wie die Bitfolge zu interpretieren ist.

Ein Eintrag in einer Artikelstammdatenbank
01000001 00110100 00110111 00110001 00110001 00000000000000011111101101101100 101111011011011101101011
muss mit Hilfe einer Aussageform unter Anwendung vorgeschriebener Datentypen zu einer Aussage werden:

Der Artikel mit Nummer x kostet y € und hat den RGB-Farbwert z.
Der Artikel mit Nummer 01000001 00110100 00110111 00110001 00110001 kostet 00000000000000011111101101101100 € und hat den RGB-Farbwert 101111011011011101101011.
Der Artikel mit Nummer A4711 kostet 12,99 € und hat den RGB-Farbwert (189,183,107) .

Daten werden nur mit der zugehörigen Aussageform zu einer verständlichen Aussage.

Auch wenn es um Informationen über die Realität (Registrierung, Behauptungen, Fakes, …), Rechenwerte oder Informationen über virtuelle Wirklichkeiten durch konstruierte Daten (Animation, Spiele, …) geht, es sind letztlich Aussagen. Dies gilt auch für digitalisierte Bilder, die ohne Metadaten (Aussagen über das Bild) belanglos sind.

Die Qualität der Daten wird erst durch die Qualität der Aussageformen (Semantik) realisiert. Und hier herrscht ein erheblicher Mangel, sowohl was die Sorgfalt und das fachliche Wissen von Software-Entwicklern, die Detailgenauigkeit und die Aktualität betrifft.

Der Unterschied zwischen analogem und digitalem Bild&Audio&Video ist für den direkten Nutzer allerdings eher ein ästhetisches Problem.

Der Vorteil von digitalen Daten ist ihre Operabilität, die Möglichkeit der Datenverarbeitung durch Software-Programme. So können komplexe Algorithmen über Datensätze angewandt werden, die letztlich wieder zu Aussagen führen. Daten können von einem System in andere Systeme übertragen werden, so wie wir es etwa vom Smartphone her kennen. Digitale Videos, Bilder und Audios können mit Hilfe von Software konstruiert, transformiert und verfälscht werden. Bilderkennungssoftware wäre analog praktisch nicht möglich.

Diese Art der Trennung von Daten und starrer Aussageform ist trotz der Probleme des Aussageform-Babylons zwischen den Systemen immer noch vorherrschend und Dank der vielen Kommunikationsstandards auch ausreichend erfolgreich.

Heute steht die Freitext Digitalisierung im Vordergrund und hat sogar die XML-Standards (normierte Begriffe&Textaufbau) als Zwischenlösung überholt.  Also das Verstehen von beliebigen Texten unter Verwendung einer internen formalen Aussagen Grammatik (etwa Subjekt, Prädikat, Objekt) zur Speicherung und Verarbeitung von ‚freien‘ Aussagen, so wie es etwa Google oder Übersetzungsprogramme machen. In Zukunft könnte man beim Datenaustausch zwischen Systemen quasi mitlesen. Berechnungen werden natürlich immer noch über Datentypen passieren, diese werden dann aber eher on demand verwendet.

Das blindwütige Sammeln von beliebigen Informationen und deren Zusammenführen wird immer intransparenter, das System wird stärker und der Mensch guckt im Prinzip nur noch zu. Dies ist dann im Prinzip eine Vorstufe zu starker KI.

Das bisherigen Aussageform-Konzept (entity relationship) von Relationalen– oder Objekt-Datenbanken wird in Frage gestellt.  Hier herrschte noch der zweckdienliche Ansatz. Eine starre Datenmodellierung als abstraktes Abbild für die Berechenbarkeit geschäftlich Zwecke.

Digitale Konferenz – Was bringt das Digitale an Mehrwert?

Es fällt auf, dass sogar bei sogenannten virtuellen (Fern)Konferenzen, also Meetings wo die Teilnehmer nicht in einem Raum versammelt sind, von digitalen Treffen gesprochen wird. Sprache und Bilder werden in Digits zerlegt und wieder für jeden Teilnehmer zusammengefügt. Das ist eigentlich nur Stand der Kommunikationstechnik, das ganze könnte auch analalog passieren, etwa wie bei einer Telefonkonferenz.

Das besondere von Digitalisierung von Audio und Video gegenüber analog ist die nahezu unbegrenzte Möglichkeit der Manipulation von Kommunikation. Wer so viel Wert darauf legt, das Digitale extra zu betonen, muss sich im klaren darüber sein, das er damit das Manipulationspotential betont. Dies gilt im Übrigen für alle digitalen Artefakte von KI-Fake News bis hin zu gefälschten Signaturen, auch wenn letzteres als unmöglich abgetan wird.

Hardware macht die Männerträume, Software diese smart

Entscheidend für die heutige Durchdringung von IKT ist nicht die zunehmende Genialität von Software, sondern die Hardware. Die Fortschritte in der Voltaik (autonome Stromversorgung), Optoelektronik (Glasfaser), der Halbleitertechnologie, der Mikrochips, der Bildschirme (LCD),  der Sensorik (etwa der Touch Screen), der Werkstoffe, der Fertigungstechnik (Miniaturisierung, 3D-Drucker) u.v.a.m. haben eine aus Sicht der Anfänge in den 70’er Jahren eine unvorstellbare Leistungsfähigkeit erreicht, die an die physikalischen Grenzen geht. Es gibt bereits jetzt Mikroprozessoren als Ratten auf der Welt. Smartphones, die 100 leistungsfähiger sind als ein ehemaliger 20-Schrank großer 100KW Großrechner, werden diese Marke bald ebenfalls überschritten haben und es ist nicht erkennbar, dass diese über Masten oder Satelliten via 5G Features nicht global vernetzt werden könnten. Und wir brauchen uns vermutlich auch keine Sorgen zu machen, wenn die 100 Milliarden Dinge des Internets der Dinge noch hinzukommen werden. Wir könnten uns allerdings fragen, wozu?

Künstliche (digitale) Neuronale Netze sind bereits 1942 angedacht und konzipiert worden. Eine praktikable Implementierung konnte erst mit der Hardware von vor etwa 25 Jahren erfolgen. Und es ist vor allem die Mathematik, die statistische Annäherungen an Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten ermöglicht.

Ohne die ‚fantastische‘ Übertragungsleistung von 5G wäre autonomes Fahren heute undenkbar. Bitcoin würde ohne die Hochleistungsrechner statt derzeit nur ganzer Kraftwerksleistungen sogar den kompletten nationalen Stromverbrauch beanspruchen. So viel zum ungebremsten roll out von Technologie. Eine App-Küche für männliche Allmachtsphantasien gepaart mit dem Geschäftssinn von Hintermännern. Es steht also eine Technologie bereit für Dinge, die wir eigentlich nicht brauchen. Das war sogar bei der Kernenergie anders.

Datengetriebene Geschäftsmodelle

Was ist so neu an diesen Geschäftsmodellen? Ist nicht jedes Geschäft von jeher auf Informationen angewiesen, heutzutage via Daten? Daten über den Markt oder über die eigene Produktion? Das was als neu gepriesen wird, versteckt sich hinter dem Wort „Getriebene“. Nicht der Unternehmer treibt seinen Betrieb voran, sondern das Unternehmen wird von Daten getrieben. Ein solches Modell bedeutet, dass Marktdaten unmittelbare betriebliche Entscheidungen hervorrufen, also ganz „kurz“ mit dem Markt verdrahtet sind, also in Echtzeit ablaufen.

Der Klassiker dafür ist das Abhören des Polizeifunks durch Bestattungsunternehmen. Geplant ist aber ein Reservoir von Anbietern, die auf online Bedarfsdaten, sei es öffentlich, wie die Verkehrssituation oder kommerziell, etwa Essenswünsche, Sofortkonsum oder Fortbewegung entweder lauern oder über eine Instanz gesteuert werden.

Da mag die Phantasie von Optimierung von Ressourcen ins Spiel kommen, in Wirklichkeit wird es ein Marionetten- Service zur Konsumbefriedigung geben. Hauptsache wir werden intelligent verdrahtet und verlieren keine Zeit.

Mobility Data Space

Wer nimmt von solchen Projekten Kenntnis? Das Intro des BMVI für eine Infrastruktur der Mobilität von morgen:

Verknüpfung kommunaler, regionaler und nationaler Datenplattformen durch Data-Space-Konzepte sowie Veredelung und Verwertung als Mobilitätsdaten-Ökosystem – Mobility Data Space.

Problemstellung

Die Mobilität wird sich in den kommenden Jahren immer stärker dem individuellen Bedarf der Reisenden anpassen, zum Beispiel durch neue On-Demand Mobilitätsangebote und autonome Fahrzeuge im privaten und öffentlichen Verkehr. Die Grundlage dieser neuen Angebote sind Echtzeitdaten über den Verkehr, den Bedarf der Reisenden und die Verfügbarkeit von Angeboten. Das sichere und souveräne Bereitstellen sowie die geschützte Verwertung dieser Daten in verteilten Systemen werden entscheidende Erfolgsfaktoren für die Mobilität von morgen sein.

Projektziel

Mit diesem Vorhaben wird die Entwicklung des Mobility Data Spaces initiiert, der unter Einbeziehung des Mobilitäts Daten Markplatz (MDM) der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und weiterer kommunaler Verkehrsdatenplattformen als Mobilitätsdaten-Ökosystem etabliert werden soll. Neue kommunale Verkehrsdaten und bundesweite Mobilitätsdaten werden erschlossen und für eine sichere und souveräne Verarbeitung auf den Plattformen bereitgestellt, die dazu um Data-Space-Konzepte erweitert werden. Die kommunalen Plattformen werden mit dem MDM verknüpft, um regionale Daten auch auf nationaler Ebene bereitzustellen und verwerten zu können.

Was macht die Mobilität von morgen eigentlich so wünschenswert?  Dass ich neuerdings maßgeschneiderte Angebote bekomme, in die Stadt zu fahren? Dass meine (wahren) Bedürfnisse bereits bekannt sind? Dass ich kein Auto mehr habe?

Mobilität ist Freiheit, ein Freiheitsgrad. Werden Bedarf, Zufußgehen, Fahrradfahren, das Pferd, der Oldtimer und das Auto in Zukunft zugunsten eines Mobilitäts-Managements aufgelöst? Die unausgesprochene Behauptung ist, dass die Reduzierung des schadhaften Verkehrs und des Energieverbrauchs nur auf diese Weise möglich sein wird.  Wieder wird mit ubiquitärer Sensorik, Datenerfassung, Vernetzung & KI ein Geschäftsmodell für die ‚Schöne Neuer Welt‘ herbeigeredet, weil es Google sonst machen würde. Wieder ein Geschäftsmodell, das uns in einen Kokon einpacken wird, unser Verhalten analysiert und uns eine neue Abhängigkeit und zweifelhaften Komfort verspricht. Und wieder ein hochintellektuelles IT-Projekt, in dem sich Fraunhofer&Co austoben dürfen.

Bis jetzt ist keine Modellrechnung bekannt, wie viel Energie- und Verkehrseinsparung wir mit dem Mobilty Data Space erwarten können und zu welchem zivilisatorischen Preis. Nur so könnte man diese Anstrengungen rechtfertigen, es sei denn, man geht davon aus, Digitalisierung sei per se gut oder Privatheit sei out. Darüber hinaus ist nicht klar, ob der profitorientierte Wettbewerb der Mobility Provider den ökologischen Zielen (siehe BMVI Intro) intrinsisch dienen wird. Datenräume (Date Spaces) sind per Definition exklusiv für beteiligte Unternehmen eingerichtet. Warum hat der Bürger keine Einsicht in diese Daten?

Und wenn man realistisch ist: der sachliche Mangel lässt sich ohne dirigistische Maßnahmen praktisch nicht beheben. Staus werden nicht ‚intelligent‘ vermieden. Man sollte sich das Mobility-Konsortium versuchsweise mal an der Mähdrescher-Rotation in der DDR abarbeiten lassen.

Soll man jetzt bescheuerter Weise sein Auto zugunsten eines Mobility-Konsortiums aufgeben? Manch Leser, mag diese Betrachtung für übertrieben halten, es wäre doch schön, wenn wir den nächstbesten Parkplatz angezeigt bekommen und alle Dienste irgendwie zusammenarbeiten, egal welchen Anbieter ich benutze. Aber die meisten Features gibt es bereits heute, damit macht der Anbieter derzeit keine ‚Knete‘. Es geht bei dem angestrebten Aufwand an nationalem digitalem Mobility-Equipment konsequenter Weise um Verhaltenssteuerung, erst dann werden die vorgeschobenen ökologischen Ziele auch erreicht. Maßnahmen wie Slots, Verlosungen, Vormerkungen, Standortbestimmungen, aber auch individuelles Bedürfnis und Befähigung (Nacht-Typ, Natur-Typ, …) und individuelle Verbrauchwerte werden dann eine Rolle spielen. Deutschland ein einziges KI-gesteuertes gerechtes Logistik Zentrum? Und das alles um 10% Energie einzusparen? Oder nur um noch mehr Startup-Apps und den Autokonzernen ein neues Wettbewerbsfeld zu ermöglichen?

Natürlich sollten wir vernünftiger Weise das vermeidbare Verkehrsaufkommen und auch den Energieverbrauch im Verkehr reduzieren. Aber wir sollten Bewegungsfreiheit keinesfalls als Mobility-Gnade der Mobilty-Granden verstehen. Bewegungsfreiheit ist unverzichtbar und ist auch ohne diese Mobility-Überhöhung erreichbar.

eHealth

Ähnlich wie im Schulwesen wird im Gesundheitsbereich die schleppende Digitalisierung, ja eine gewisse Verweigerung der Lehrer- und Ärzteschaft beklagt.

Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Der Gedanke, mit einem lückenlosen Gesundheitsdaten Monitoring den Menschen gesünder machen zu können, ist menschenfeindlich.

Vielleicht ist es nicht bekannt, dass 70% der Datenerfassung im Gesundheitswesen nur wegen der teilweise irrwitzigen Abrechnungsmodalitäten entstehen. Wer Fallpauschalen auf Basis von DRG’s (Diagnosis Related Groups), die ursprünglich in den USA als Qualitätsstandards etabliert wurden, als Abrechnungsrundlage nimmt, will offensichtlich Kosten, koste es was es wolle, mit allen administrativen Nebenwirkungen erzwingen. Wer den niedergelassenen Ärzten grundsätzlich den Hang zu falschen kommerziellen Anreizen (Arzterotik) unterstellt, produziert einen Honorarkatalog EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab), der zu 70% aus Absetzungsregeln besteht.

Diese administrative Belästigung gehört auf jeden Fall abgeschafft, auch wenn die spezialisierten IT-Systeme im Gesundheitswesen dies längst bewältigen und funktional auf dem Stand der Dinge sind.

Viel interessanter ist die sektorübergreifende Kommunikation. Etwa bei der Entlassung eines Patienten an eine andere Einrichtung begleitet durch den Arztbrief. Digitalisierung hieße hier, die Informationen aus einem IT-System (etwa KIS – Krankenhaus Informations System) automatisch in ein anderes (etwa AIS – Arztpraxis Informations System) zu überspielen. Hier heißt die Aufgabe aber nicht Bit&Bytes, sondern die Transformation von Semantik (Bedeutung) von einem Datenschema in ein anderes. Für diese Brückenfunktion braucht man semantische Standards. Der einfachste ist der (1989 als Bonner Modell) LDT – Labor Daten Träger Datensatz zwischen Laboren und Praxen. Sehr viel komplexer ist die Entwicklung rund um den HL7 – Health Level 7. In Anlehnung an die ISO/OSI Norm für Open System Interconnection 1983, eine Schichtenmodell, wo Level 7 für die oberste Schicht der Anwendungen (Application Layer) steht. HL7 ist extrem kopflastig, so dass heute meist noch die 90’er Version 2 in den Krankenhäusern Anwendung findet. Mittlerweile geht man mit HL7/FHIR einen etwas pragmatischeren Weg über Browser fähige JSON Objekte, wie etwa beim ad hoc Standard für Meldungen an das Gesundheitsamt im Rahmen der Corona Pandemie.

Die Entwicklung ist längst nicht abgeschlossen, unter anderem, weil die Standards-Entwickler zu viel wollen und die internationalen Vereinbarungen viel Fachkompetenz und Kompromissbereitschaft erfordern. Auch die Standardisierung medizinischer Begriffe und ihre Verwendung lassen noch Vereinheitlichung vermissen. Hier konkurrieren hauptsächlich ICD, SNOMED und LOINC.

Der Vollständigkeit halber sollte erwähnt werden, dass mit DICOM ein ausgereifter Standard für medizinische Bilddaten vorliegt, der auch Ferndiagnosen ermöglicht.

Diese etwas ausführlichen Ausführungen möchten vermitteln, dass Verständigung von System zu System und damit von Akteur zu Akteur die eigentliche Herausforderung ist. Nicht die Glasfaser.

Ein zweites wichtiges Anwendungsfeld ist das Konsilium, die Beratung der Ärzte verschiedener Fachrichtungen und Zweitmeinungen. Die findet im Krankenhaus Behandlungsfall, sehr selten aber im niedergelassenen Bereich zwischen Arztpraxen statt. Dies ist zunächst ein ökonomisches Struktur-Problem, das gelöst werden müsste. Die systematische Einbindung von Zweitmeinungen und fachübergreifendem Dialog im niedergelassenen Bereich ist mangelhaft. Hier könnten sich die bekannten digitale Kommunikationsformen nützlich machen, aber eine Telefonkonferenz wäre bereits ausreichend.

Das Netz – ein Sehnsuchtsort?

Offensichtlich sind wir schon so weit, dass Vernetzung per se als anstrebenswert gilt. Das Attribut vernetzt darf in keinem Technologie Prospekt fehlen. The Network is the Computer – dieser Spruch von J. Cage (Sun Microsystems) 1983 wird meist so interpretiert, dass im Netz eine höhere Intelligenz entsteht, so etwa wie bei der fragwürdigen nie nachgewiesenen Schwarmintelligenz, ausgenommen bei den Lemmingen.

Aber könnte es nicht sein, dass immer mehr Vernetzung auch schädlich sein könnte?

Das Kommunikationsnetz hat in allen Lebensbereichen weltweit eine ungeahnte Dimension erreicht. Allerdings reicht es vielen noch nicht, sie möchten nicht nur telefonieren, sondern Videos in der Straßenbahn konsumieren, Computerspiele im Teuteburger Wald mit einem Spielkameraden in Singapur in Echtzeit ausfechten oder ubiquitär angetwittert, ge-facebooked, ge-TikTokt oder ge-YouTubed werden.  Und das ist alles per erschwingliche Flatrate möglich, allerdings noch nicht in allen Regionen der Republik, aber in Uganda schon. Kommunikations-Vernetzung ist bereits kalter Kaffee. Es geht um härtere Drogen.

Die Vernetzung von Dingen des täglichen Lebens zur gegenseitigen Steuerung, dem Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Die Ampel mit dem Auto, das Auto mit dem Auto, Türschloss mit dem Gesichtserkenner, Kühlschrank mit ….  , also das smart home, die smart city und smart world.

Welche Algorithmen liegen diesen Netzen zu Grunde? Der Freak mag seine Familie ja noch das smart home zur vermutlich geteilten Freude programmieren, aber ab da? Wer orchestriert, überwacht?  Welche objektiven Vorteile zu unvernetzten Ding-Welt gibt es? Automatismen ersetzen unsere Routine Handlungen. Der Preis ist eine Umgebung, die Sachen immer auf die gleiche Weise für uns erledigt und uns außen vor lässt. Da hilft auch keine wie auch immer raffiniert von Nerds ausgedachte Personalisierung. Das würde die Sache nur noch verschlimmern.

Wollen wir wirkliche eine Welt, in der uns eine Ampel früher Grün zeigt und unser Armband (die Implantat Version hier noch einmal weglassend) vibrieren lässt, weil wir beim Score (Alter, Verdienste, Amt, aktuelle Gebrechlichkeit, Relevanz, ..) am höchsten liegen? Sich sogar ein wenig verbeugt, bei Score > 73?

‚Harte‘ Vernetzungen – Regelkreise – sind hochkritisch gegenüber Instabilität, Dead Locks , Totzeiten oder Störfällen. Die Architektur der Strukturen zur Steuerung in Netzen ist hochkomplex. Netze sollten daher immer klein gehalten, autonom, Störfall-tolerant und gekapselt sein. Die Natur baut ebenfalls auf dieses Prinzip. Hier ist das Netz der einzelne Organismus, nur bei dem Krake sieht es etwas anders aus.

Jeder hat von Netz-Störfällen gehört und kann sich komplette Zusammenbrüche vorstellen, wenn alles mit allem zusammenhängt. Aber nur wenige wissen, mit wie viel Aufwand bereits jetzt fieberhaft gegen Hackerangriffe und zunehmend wahrscheinliche Störfalle gearbeitet wird.

Dort wo es Sinn macht, sind sogar überregionale Regelungskreise längst etabliert, etwa bei der Strom- und Wasserwirtschaft. Hierdurch werden enorme Ressourcen gespart. Die Menschen müssen sich hier aber nicht den Regelungen anpassen, sondern die Regelungen passen sich dem Bedarf an

Eine ‚harte‘ Vernetzung wäre sogar zwischen Menschen möglich aber wenig sinnvoll. Beispielsweise die Einkaufslisten zweier Partner zu synchronisieren, wobei letztlich doch das Master-Slave Konzept zur Anwendung kommt, bevor die beiden Listen zu oszillieren beginnen.

Gesellschaftliche Netzwerke sind sogar anrüchig, sobald es hier um bündische Vorteilsverschaffung gegenüber der Außenwelt geht. Warum denken wir nicht bei Vernetzung nicht an das Spinnennetz?

Der Mensch als Netzknoten wäre mit allem verbunden, aber dennoch isoliert und fixiert.  Er kann und brauchte sich nicht mehr bewegen: sofern er nicht die Spinne ist.  Wer Spinne sein will, kann sich ein Spinnennetz basteln, aber ob die anderen mitmachen wollen, ist fraglich.

Die Metapher des Menschen als Netzknoten im Spinnennetz kommt der häufig festgestellten Individualisierung recht nah. Freundschaften sehen anders aus.

Traue niemand, der von immer mehr Vernetzung spricht, oder widersprich.

Und neue politischen Ideen?

Es gibt eigentlich nur ein tragbares Konzept, eigentlich eine uralte Idee, die dadurch, dass sie immer wieder in den Boden gestampft wird, wie neu erscheint: Die allseitig gewinnbringende Kooperation, neudeutsch auch WinWin genannt. Dies ist das Gebot der Stunde, wenn wir den Globus zumindest stabilisieren wollen.

Dabei müssen wir nicht alles neu machen, sondern können auf Bewährtes zurückgreifen. Es geht um die Kooperation der bestehenden Staaten, wenn möglich Rechtsstaaten und zukünftig möglichst vielen Rechtsstaaten.

Ein Staat ohne ein unabhängiges Rechtssystem ist eigentlich kein Staat, egal welches Gesellschaftssystem man zugrunde legt. Wer auf der Weltbühne etwas zu sagen gedenkt, muss zumindest eine Rechtssystem in Ordnung gebracht haben, wenn er ernst genommen werden will.

Dahinter steht natürlich der Gedanke der Subsidiarität (Althusius, Politica Methodice Digesta, 1603 Emden) und des Realismus. Wir können die Welt nicht per ordre de mufti neu ordnen. Die historisch gewachsene Staatlichkeit spiegelt immerhin eine Welt wieder, in der etwa 85% der Weltbevölkerung sich einem Staat zugehörig fühlt und diesen als legitimes zu verbesserndes Gebilde ansieht, egal wie schlecht dieser seine Aufgaben erfüllt oder aus dem man sogar fliehen möchte.

Es gibt aber leider auch noch immer 15% schlecht behandelte meist ethnische oder religiöse Minderheiten, für die (durch sanften Druck auf deren Staatsführung?) natürlich schnell eine Lösung gefunden werden muss. Und es gibt auch noch Separatismus, wie etwa in Katalonien. Das ist aber ist kein Grund, alle Karten neu zu mischen. Hier hilft entweder mehr Föderalismus und Vertrauen in die Vernunft oder tatsächlich nur die ‚teure‘ Lösung Nationalstaatlichkeit. Aber dann ist wenigstens dort alles klar.

Und die zweite eher unbekannte Idee ist, auch Wohlstand und Aufbau zu ’schenken‘. Dies nicht nur wegen einer kolonialen Schuldbegleichung, das wäre nur gerecht, sondern weil es unseren Nachbarn als Partner möglichst schnell ebenso gut gehen soll, wie uns. Dies ist erst die Grundlage für eine nachhaltige Kooperation und Arbeitsteilung.

Jedenfalls nützt uns kein Rückfall ins Blockdenken, Gefasel von Liquid Democracy mit den bereits bekannten Nebenwirkungen der Polarisierung, oder gar Ablösung der Staatengemeinschaft durch eine Weltregierung, sondern nur kleine Schritte, viel Hilfsangebote und Überzeugungsarbeit.

Und ganz wichtig ist das Brechen der Macht und die Monopolstellung der weltweiten Rohstoffausbeuter, die bei allen gut gemeinten Hilfen der Regierungen für Korruption und Despotie und damit sogar über die Dumpingpreise hinaus noch zusätzlich für die politische Verelendung verantwortlich sind.

Dienstleistung – die Arbeit der Zukunft

Die Kassandrarufe unseres Arbeitsministers von (erschreckend) neuen Berufen machen Angst. Werden wir in Zukunft unter Wasser mit den Füßen rumhantieren müssen? Oder im Büro mit Elektroden am Kopf, 3D-Brille und data-gloves Gedankenblitze ausführen?

Das Gerede vom lebenslangen Lernen ist mindesten 50 Jahre alt und es funktioniert doch tadellos. Was unterscheidet die Büroarbeit von heute gegenüber der von früher? Heute bedient man Tastaturen und folgt Programmvorgaben am Bildschirm. Was ist daran intellektueller oder nahezu unmöglich zu erlernen?

Der Elektriker steckt jetzt überwiegend, statt zu schrauben. Ein Laser zeichnet ihm exakt den senkrechten und waagerechten Verlauf einer Leitung an die Wand. Dazu muss er die Bedienung des Lasers-Apparates verstehen. Donnerwetter.

Eine DNA Auswertung in der heutigen Forensik erfordert die Bedienung eines DNA Vollautomats:

Probe A und Probe B jeweils in die Vertiefungen des Messplättchens geben, das gewünschte Programm auswählen und das ausführliche Endergebnis zur Übereinstimmung von A mit B am Drucker entnehmen. Wo ist da das Problem?

Was kann ein Mensch anderes, als eine Anforderung verstehen, logisch Denken, Abläufe und Kunstfertigkeit lernen? Zumal ihm heute alles per Software vorgekaut wird? Werden wir neue Muskeln brauchen, in Fuzzy oder dreiwertiger Logik denken müssen, singend und tanzend wie Fred Astaire produzieren?

Die entscheidende Neuerung – aber nicht Überforderung – war in den 80’er Jahren die Einführung Software gestützter Systeme in der Arbeitswelt: VW Halle 56 oder auch NC-Maschinen für gelernte Dreher, von denen allerdings nicht bekannt ist, dass sie gescheitert wären. Im Gegenteil, sie haben diese Maschinen durch ihr Wissen vom Spanen am besten verstanden.

Heute sind alle Arbeitsbereiche Computer gestützt, sei es in der Produktion, Logistik, Verwaltung oder Handwerk. Man muss nur die Sache und die Bedienung der Programme Bedienung verstehen, was SmartPhone Nutzern sozusagen schon in die Wiege gelegt worden ist. Sogar die virtuial reality Technologie zur Wartung von Schaltkästen ist über 30 Jahre alt. Wo sind also, Hubertus Heils neue Berufe? Es wird so viel Mist erzählt. Warum?

Was gibt eigentlich Anlass, von Disruption in der Arbeitswelt zu sprechen?  Ein Modewort der Visionäre, solange sie noch bei gut bezahlter Tätigkeit kommentieren dürfen. Offensichtlich antizipieren die Visionäre bereits eine Machtübernahme durch KI gesteuerter Systeme.

Kommt eine neue Welle der Maschinenanbetung in Form von Software, so wie es Günter Anders in Die Antiquiertheit des Menschen lesenswert (wegen der männlicher Sichtweise, d. Verf.) beschreibt? Und genau wieder auch von denen, die von der Sache keine Ahnung haben?

Die Macht der Warenproduktion ist im Schwinden. Immer mehr vollautomatische Fabriken produzieren Waren in solchen Stückzahlen, dass deren Grenzkosten nur noch beim Preis der verbrauchten Energie liegen. Das entspricht der Analyse vom tendenziellen Fall der Profitrate und kommt daher nicht überraschend.

Deshalb werden die Profite heute zunehmend über Dienstleistungen im großen Stil angestrebt. Der eigentlich neue Beruf dieser Tage ist der Lieferheld, das arme Rädchen in einer optimierten Logistik-Maschinerie. Allerdings ist das kein Beruf, der durch lebenslanges Lernen oder hohen Ausbildungsanforderungen, geschweige denn durch Auskömmlichkeit besticht.

Wenn wir den sozialen Wert der Arbeit erhalten oder sogar fördern wollen, dann ist über die Gestaltung der Arbeitswelt der Dienstleistung zu reden. Hier geht es um das Konzept einer gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die Garant für Spezialisierung und Qualifikation sein wird und immer noch die Grundlage des sozialen Zusammenhaltes bleibt. Dann ist die Zeit für getane Arbeit wieder der der maßgebliche ‚Tauschwert‘ und nicht die Produktiviät, die industrielle leverage. Das bedeutet zwingend auch eine deutliche Anhebung der Löhne für ehemals sogenannte ‚einfache‘ Arbeit.

Es sei denn, wir machen uns alles mit 3D Druckern selbst, eine denkbare aber weder wünschenswerte, noch praktikable Lösung. Die Welt ohne Arbeit, in der man sich selbst finden und verwirklichen kann, ist vermutlich gar nicht so attraktiv, falls dieses Selbst doch nicht so toll und möglicherweise ohne Gemeinschaft hohl ist. Eine nicht unbekannte Erfahrung.

Dienstleistungen können in kleinen und kleinsten Einheiten wirtschaftlich erbracht werden und für viele auskömmliche Arbeitsplätze sorgen. Deshalb müssen wir diese Strukturen erhalten und fördern, so wie es angesichts der Pandemie bedingten Verödung der Innenstädte gerade diskutiert wird,

Und doch stehen neue berufliche Herausforderungen an:

Wie gehen wir mit dem zukünftigen Arbeitskollegen Roboter um, bei dem wir auf der Straße nicht wissen, ob wir ihn grüßen sollten? Hier sind neue Coaches gefragt. Auch die psychiatrische Couch für gestörte Roboter mit entsprechend geschulten Neuro-Psychiatern oder Neuro-Pädagogen, die den jugendlichen Robotern Wissen in ihre Neuronales Netz einbläuen.

Technik heute

Dieser Abschnitt soll Mut machen. Er wirbt für die Potentiale unserer Technologie zur Lösung der drängendsten Probleme, insbesondere solche, die Rahmenvorgaben erfüllen wollen, etwa die Stärkung der Natur, die Nutzung vorhandener Infrastrukturen, die Einbindung der armen Länder, den Erhalt von lebenswerten Errungenschaften, Diversität, kulturelle Anpassungen, Nachhaltigkeit, ….

Das wird sicher keine l’art pour l’art Entwicklung. Auch wäre es unbefriedigend, die Vorgaben zu ignorieren, nur weil man gerade keine besseren Lösungen parat hat oder bekannte Lösungen des kurzfristigen Gewinns wegen ausrollen würde. Die sich mittlerweile mehrenden Rufe nach Technologie-Offenheit zeigen, dass wir noch viel erwarten und fordern sollten. Und dies insbesondere, weil unsere Technologie noch nie so weit war, mit der Natur zu kooperieren und die Konzepte der Natur zu integrieren. Die aktuell gewählte Vorrangigkeit von Elektrifizierung und Digitalisierung darf uns nicht den Blick versperren.

Einfache Konzepte und intrinsische Verfahren sind einem technischen Overkill systemisch vorzuziehen.

Das führt zu einem einfachen Ansatz: Wir müssen schleunigst die fossilen Kraftstoffe (chemische Energie) durch eine laufende Produktion mit Hilfe des Sonnenlichts durch synthetische ersetzen. Dieses sollte flankiert werden, durch verstärkte Verstromung des Sonnenlichts, sei es direkt durch Solarzellen oder indirekt durch Wind- und Wasserkraft. Dies sollte weiter flankiert werden durch effizientere Verfahren zur Energieeinsparung. Das wäre der natürlichste‘ Weg, sowohl die Energie- als auch die Klimakrise in den Griff zu bekommen.

Das heißt, wir müssten endlich die künstliche Photosynthese (oder entsprechende Ersatzverfahren für transportable chemische Energie, etwa Wasserstoff, LOHC, ..) ausreichend in die Fläche bekommen, dort wo es sonnig,  karstig oder öde ist.

Die Frage ist, warum dieses nur zögerlich anpacken. In den 70’er Jahren wurden Milliarden in die physikalische Oberflächenforschung zur Entwicklung von Auto-Abgaskatalysatoren gesteckt: mit Erfolg. Jetzt pumpen wir Milliarden in KI Erforschung und Aufbau von 5G Netzen, die uns in dieser Frage kein Stück weiter bringen.

Diese Betrachtung nur als Beispiel für das öffentliche Technologie Miss-Verständnis. Kreislauf-High-Tech wird uns in der Medizin, in der Natur integrierten Landwirtschaft, in der Wasserversorgung ganz konkret überleben helfen, ohne dass wir dabei an Wunschkind&Unsterblichkeit, Gen-Monokultur oder intelligente Wasserrationierung denken sollten.

Stoffverformung und -umwandlung

Wenn man wie Einstein Energie auch als Stoff (Materie) verstehen kann, ist insgesamt Stoff der Gegenstand von angewandter Technik. Es geht letztlich um die Aufbereitung der natürlichen Ressourcen für den ’nackten‘ homo sapiens, sei es zum Überleben oder für den Komfort. Technik sorgt für gigantische Stoffströme, riesige Produktionsanlagen, aber auch für kleinste Prozesse. Dies gab es auch bereits vor den Bits und Bytes, die ja überhaupt erst in den 80’Jahren den Anspruch erhoben konnten, sie seien der „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“.  Diese, wenn nicht zynische gemeinte, visionäre Satz spricht vermutlich vom ‚Rohstoff für Extraprofite‘.

Die knapper werdenden Ressourcen, nicht nur bei den fossilen Kraftstoffen zwingen uns bei steigender Weltbevölkerung, für Ersatzprozesse zu sorgen. Dies ist letztlich auch die Lösung für die Eindämmung eines potenziell katastrophalen Klimawandels. Hierbei werden uns Bits und Bytes weiterhin helfen, aber sie sind kein Stoff.

Und wer noch glaubt, das Leben findet virtuell auf der Coach mit dem Laptop auf den Knien statt, der sollte sich aus der Reihe Pakistani Truck beispielsweise den Beitrag Repairing broken rear wheel hub and complete Fitting video – YouTube ansehen. (Wer es noch härter haben will: Amazing Iron Casting Using CO2 Silica Mold – YouTube )
Auch zeigt der Suez Kanal aktuell deutlich, welche materielle Arbeitsteilung wir uns derzeit leisten.

Immerhin sind diese fast lebensgefährlich fantastischen Arbeiten dazu da, einen Lastwagen wieder fit für den Transport von 20 Tonnen Last über Gebirgspässe zu machen. Oder wer sich an Bord eines großen Kreuzfahrtschiffes von einem Video über smart home security management einlullen lässt, sollte lieber aufstehen und in den Maschinenraum gehen, wo sich ein Schiffsdiesel als unvorstellbare Konstruktionsleistung aus Stahl und Guß wie eine Kathedrale erhebt, damit er zügig nach Haiti kommt.

Der Kompass

Wie finden wir eigentlich heraus, wie wir leben wollen?  Das ist nicht ganz so einfach, weil viel Gutes zum Alltag gehört, was als selbstverständlich wahrgenommen wird. Eine der wichtigen Erfahrungen der Pandemie wird die Erkenntnis sein, was man vermissen würde: Präsenz, Umarmung, Sport, Freizeitangebote, Reisen, Arbeitskollegen, … Und auch das, was uns in dieser Zeit einigermaßen über die Runden gebracht hat: Spaziergang in der Natur, ein Haustier, ein Garten und Telefonate und Chats.

Aber wir leben auch in einer Welt des Angebotsdrucks, der Moden, der kapitalistischen Expansion in neue Märkte, der öffentlichen Meinung, die es dem Einzelnen schwer macht, sich dem schleichenden Wandel kritisch zu stellen. Das Häuschen, das Auto, der Garten werden in Frage gestellt. Der Einsatz einer digitalen Umwelt mittels IoT steht in Aussicht und das alles im Zeichen der Klimakrise, die Privatbesitz als Luxus in Frage stellt und eine unausgesprochene digitale Vergesellschaftung für notwendig hält. Eine Gesellschaft, in der die Muße und Privatheit als suspekt (Verweigerer) gelten wird.

Können wir in der Bundesrepublik nicht auch klimaneutral und dabei so ähnlich leben wie bisher? Können wir uns dabei nicht sogar verbessern? Die Lieferhelden zu Helden, die Innenstädte attraktiver, die Autos sparsamer, mehr Fahrradnutzung, den Konsum sparsamer, eine Reduktion des Fleischverbrauchs und die Landwirtschaft und Gartennutzung ökologischer machen?

Wir brauchen das Narrativ für eine schöne Welt, nicht für die „Schöne Neue Welt“.

Ein Loblied auf die Ingenieurins- und Ingenieurskunst

Wer sich für Technik interessiert und Technik Museen besucht oder die Chance hat, Produktionsanlagen zu besichtigen, ist fasziniert von der Phantasie, der Zähigkeit des Probierens, dem Mut des Scheiterns, der Zuhilfenahme der Naturwissenschaft und der Kraft, sich gedanklich ein Modell 100 fach größer vorzustellen. Diese Tugenden waren in den Anfängen natürlich noch viel gefragter. Heute baut man auf ein gigantisches Wissen, hat bessere Berechnungsmöglichkeiten und Vorhersagen, oft geht es nur noch um kleine Verbesserungen, aber immer um zweckdienliche Verbesserungen, die sachlich begründet werden. Und geblieben ist der Stolz, jede noch so unmöglich vorzustellende Prozesse realisieren zu wollen und zu können.

Ist eigentlich bekannt klar, auf welchen Unmengen von evolutionärem technischen Wissen unser heutiges Know How und unsere Lebensweise beruht?

Und wie riskant es ist, dieses Wissen durch Aufgabe von Produktionsstätten zu verlieren? Sei es Turbinen, Transformatoren, Baumaschinen, Drehbänke, Schiffsdiesel, Traktoren, Waschmaschinen, Waschpulver, Schmieröl, Kandelaber, …

Gerade diese über 100 Jahre alten Produkte und Produktionsverfahren, die 85% aller Artefakte ausmachen gilt es, ständig funktional und energetisch zu verbessern.

Daniel Düsentrieb lebt glücklicher Weise noch unter uns.

Dem Ingenieur
ist nichts zu schwör.
Die Ingenieurin
bringt den Spin!

Und es wäre ein schwerer Fehler die Forschung nur den Forschern zu überlassen.   Daniela übernimm auch Du!

Evolutionäre Konvergenz

Das Auto ist ein evolutionär konvergentes Produkt. Der Citroên ID/DS ist mittlerweile 65 Jahre alt und ist vom Architektur-Konzept immer noch vorbildlich und Maß der Dinge, oft sogar noch nicht einmal erreicht. Luftfederung, Frontantrieb, Bremsverstärker, Spurweite, Luftwiderstand, Gürtelreifen und Einspeichenlenkrad haben ein komfortables und fahrsicheres Auto ermöglicht, dass heute bezüglich seiner Fahreigenschaften noch immer locker mithalten kann.

Lenkhilfe, Assistenzsysteme, Airbags, ABS und ganz viel Elektronik sind hinzugekommen. Aber was wird noch kommen?

Fünfrad, Schwebetechnik oder sonst noch eine konstruktive Änderung oder physikalisches Prinzip? Hier ist derzeit nichts in Sicht. Die Physik der Mechanik lässt sich nicht ausbremsen. Es ist geradezu lächerlich, dass egal welche Auto Visionen in Studien vorgestellt werden diese in immer wieder in den gleichen flachen Flundern herkommen.

Die Konvergenz ist evolutionär, weil die zum Beispiel die Anforderung – die Zielanpassung – sich im Laufe der Entwicklung ebenfalls ändert (moving target), hier etwa der Verbrauch.

Bis her beruhte auch die Züchtung von Nutztieren und -pflanzen auf der (allerdings beschleunigten und gezielten) natürlichen Evolution durch Kreuzung. Der Eingriff in das Genom ist allerdings ein riskantes Unterfangen. Hier wird mit viel try and error eine Eigenschaft erzeugt, als sei es Ergebnis der survival of the fittest Evolution (egal ob zufällige oder endogene Mutation).

Besonders der voreilige Einsatz in Monokultur-Monopolen ist fragwürdig, weil solche gezielt eingebauten Eigenschaften sich über Jahrzehnte bewähren müssen. Stabilität von Kreisläufen beruht auch auf dem Prinzip der Suboptimalität, die ja hier bewusst verlassen wird.  Das zeigt sich bei dem Roundup-Mais Konzept. Der Mais überlebt zunächst optimal, das Wildkraut wird aber nach ein paar Jahren resistent und der Landwirt steht vor noch größeren Problemen als vorher.

Wir müssen also auch das natürliche Konzept der Nachhaltigkeit in Kreisläufen verstehen. Wichtig ist die Vorstellung, dass Evolution auch Konvergenz bedeutet, allerdings nicht im mathematischen Sinn, sondern in immer kleineren Änderungsschritten, die allerdings keinen Endpunkt erreichen, so wie witziger Weise die sogenannte Harmonische Reihe =  Summe(1/n) aus den natürlichen Zahlen n:  1, 2, 3 … Die kleiner werdenden Schritte ergeben im sich Genom allein auch daraus, dass Mutationen immer auf die steigende Komplexität eines Genoms bezogen werden müssen.

Diese laienhafte Vogelperspektive-Betrachtung soll nur darauf hinweisen, dass es klug wäre, sich mit einer konvergenten Zukunft anzufreunden. Dass es uns gelingen kann, etwa auch noch mit 10 Milliarden Menschen in einem Kreislauf lebenswert zu leben.

Wie anders sollte sonst das Narrativ für die nächsten hundert Jahre lauten?

Molekulare Ebene

Unsere Forschung und Entwicklung bewegt sich immer intensiver im Nano-Bereich und auf Ebene des Molekül Designs. Neue Werkstoffe und Wirkstoffe sind in den letzten Jahren möglich geworden.

Insbesondere in der Medizin wird die Zelle als Körperfabrik immer besser verstanden, so wie es sich bereits Rudolf Virchow gewünscht hatte. Mittlerweile können wir sogar via synthetischer DNA mRNA konstruieren, die uns als Impfstoff dient oder komplexe Proteine von einigen hundert Aminosäuren durch Zellkulturen produzieren lässt.

Die organische Zelle ist für sich genommen ein Wunder-Werk, das wir bereits produktiv nutzen. Die Vorgänge, die zur Erkrankung, Fehlfunktion einer Zelle führen, werden immer besser verstanden, so dass man mit gezielten Wirkstoffen diese Vorgänge in der Zelle stoppen oder die Zelle gegebenenfalls ‚abschalten‘ kann. Bisherige Medikamente sind im Prinzip immer chemische Keulen, die nur ganz selten harmlos und zugleich zielgenau sein können.

Die Botschaft ist: Bei der Heilung von Erkrankungen ist noch sehr viel Gutes zu erwarten. Ohne die heutigen Erkenntnisse stünden wir ohne Impfstoff in der Pandemie da. Vielleicht gelingt es in Zukunft sogar, mit einem sonst wirkungslosen Wirkstoff die fiesen Spikes des COVID einfach zu verkleben.

Wir haben also insgesamt die berechtigte Hoffnung, in Zukunft gesund altern zu können, was ja bereits jetzt besser ist, als man es sich vor 50 Jahren vorgestellt hat. Man kann natürlich auch das Altern selbst als Erkrankung definieren, aber damit sollten wir noch ein wenig warten.

Hoffnung sollte auch in die Umwandlung von Sonnenlicht in chemische Energie, sprich transportable und speicherbare Kraftstoffe, gesetzt werden. Hier sind wir technologisch nicht viel weiter als das Fischer-Tropsch Verfahren, das aus durch Elektrolyse erzeugten Wasserstoff unter Verwertung von CO2+H2O diverse Kohlenwasserstoffe synthetisiert. Es gibt Fischer-Tropsch Module mittlerweile auch als Container.

Wenn die Elektrolyse noch mit Photovoltaik geschieht, haben wir das, was eine hunderstel Millimeter große Chromoplasten-Fabrik als Bestandteil einer Blattzelle schafft und für die Existenzgrundlage des Lebens auf der Erde sorgt. Die Chromoplasten Fabrik ist gut erforscht, aber ein funktionaler ist Nachbau bis jetzt nicht gelungen. Vor allem die Energie des Sonnenlichts chemisch so zu sammeln und verstärken, dass sie direkt zur Synthese von Kohlenwasserstoffen ausreicht, von der Größe eines solchen Reaktors einmal abgesehen. Letztlich geht es um den Wirkungsgrad und die Möglichkeit, solche künstlichen ‚Bäume‘ einfach und in der Fläche anwenden zu können.

Es wäre von unschätzbarem Wert (für die Vorstellungskraft: mittelfristig einige Billionen Euro), wenn wir in Forschung und Entwicklung in dieser Frage vorankämen, die politischen Potentiale eingerechnet. Wenn wir dann noch bedenken, dass die Natur sich immer wieder selbst heilt und letztlich auch wieder generiert, also aus alten Bäumen wieder neue hervorgehen, dann hat F&E auch in ferner Zukunft noch genug hohe Zielsetzungen.

Naturähnlich und -kooperativ

Seit etwa 80 Jahren gibt es die von Norbert Wiener etablierte Wissenschaft der Kybernetik. Sie beschäftigt sich mit der Regelung von System, insbesondere mit der Selbstregulierung und Stabilitätskriterien. Die Natur, Organismen und Ökosysteme, liefern für technische Systeme, gerade auch für Robotik und Logistik bestes Anschauungsmaterial. Wir sind an den natürlichen, evolutionär erzielten Konzepten bereits näher dran, als die klobigen und kantigen Maschinen auf den ersten Blick hergeben. Diese werden folgerichtig auch immer kompakter und autonomer. Was allerdings wieder stärker in den Fokus kommen sollte, ist der langfristige und übergeordnete Blick auf nachhaltige Kreisläufe, die durch Diversität und Suboptimalität für Stabilität und Anpassungsfähigkeit sorgen. Dies ist umso mehr möglich, wenn wir neben Großanlagen immer mehr kleine Module in der Welt verteilen könnten.

Ein einfaches Beispiel für den technischen Ersatz der Selbstheilungskräfte von Organismen sind Sollbruchstellen oder Verschleißteile, die in einer Maschine regelmäßig ausgewechselt werden und im Prinzip extra ‚weich‘ konstruiert sind, damit sie den Rest der Maschine nicht belasten. Sie ‚opfern‘ sich so wie die Opferelektrode beim Boot.

Vor etwa 50 Jahren gab es einen Hype um die Bionik, die natürliche Konstruktionsprinzipien unter die Lupe genommen hat und auch die Evolution als technische Entwicklungsmethode vor allem bei Strömungsfragen etabliert hat. Bekannteste Beispiele von Bionik sind der winglet Flugzeugflügel und der Lotuseffekt.

Der Mensch wandelt nicht nackt im Naturparadies und isst Äpfel, bevor sie sowieso auf die Erde fallen.  Der Mensch benutzt seine Techniken, um die Dinge der Natur in eine für ihn brauchbare Form umzuwandeln. Obst, Beeren, Luft und Wasser sind die wenigen Dinge, die wir noch unmittelbar genießen können. Nester, ausgepolsterte Höhlen, Vorratskammern und Termitenhügel sind die ersten Artefakte, die man vermutlich wegen des verwendeten Materials noch als natürlich bezeichnen würde, aber bereits den Kern einer nützlichen Umformung von Naturprodukten enthalten. Die Geschichte der Nutzbarmachung der Erde durch und für den Menschen ist uralt und muss hier nicht wiederholt werden. Die Dimension der Umformung bei mittlerweile fast 8 Milliarden Menschen ist so groß (> 65% ?), dass wir nicht nur auf die Knappheit der Ressourcen stoßen, sondern auch in den letzten 100 Jahren Millionen an Jahren der Fossilisierung rückgängig gemacht und somit die Lufthülle und das Klima zurückgedreht haben.

Diese düstere Einschätzung könnte den Begriff Anthropozän rechtfertigen, der allerdings zurecht in der Kritik steht, weil diese bezogen auf die Erdgeschichte vermutlich kurze Phase suggeriert, als könne und habe der Mensch die Erde in seinem Sinne umgebaut und nicht nur gestört. Geoengineering hieße in letzter Konsequenz so ein Umbau, der auf Flora und Fauna (minus Mensch) verzichten wird. Dies wäre allerdings ein unmenschlicher Kompass.

Früher war Nachhaltigkeit wegen des engen lokalen Wirtschaftens ein Muss. Dreifelderwirtschaft oder der Knick als Wald des kleinen Mannes waren klassische Kreislauf Nutzungen.

Heute haben wir riesige Exportnationen von Nahrungsmitteln und Waren, die über ein globales Transportsystem gehandelt werden. Auf riesigen extensiven Flächen wird Satellit gesteuert gesät, gepflügt, gedüngt und geerntet.

Deshalb ist es wichtig zu betonen, dass HighTech nicht nur diese Strukturen, sondern gerade HighTech wieder eine intensivere Kooperation von Technik und Natur ermöglicht. Auch Ökobilanz ist HighTech. Dort wo man riesige Felder mit wenigen Großgeräten bestellt, wäre es klüger, kleinere Flächen im Mix mit Knicks zu intensivieren und auch mehr Menschen dort zu beschäftigen.

Es gibt bereits Modelle, Plantagen im Mix mit Wildpflanzen zu gestalten. Auch hier ist der Arbeitseinsatz intensiver, bringt insgesamt aber mehr. Ein Häuschen mit Garten könnte mehr CO2 einsammeln, als die ursprüngliche Vegetation auf diesem Gelände. Gewächshäuser mit vertikalen Beeten in der Stadt bringen zusätzliches Grün.

Natürlich sollte der Brasilianische Regenwald einfach möglichst groß und in Ruhe gelassen werden. Wiederaufforstungen brauchen meist langfristige forstwirtschaftliche Anschubhilfe bis hin zu Bewässerungssystemen. Insbesondere in die Wasserwirtschaft in den trockenen Regionen sollten wir bezogen auf unsere Möglichkeiten heute viel mehr investieren. Unsere Vorfahren haben es uns längst vorgemacht.

Die Landflächen sind mit ca. 55% bereits überwiegend Kulturlandschaften und der Mensch durchfährt, wandert oder schreitet aufrechten Ganges fast ausschließlich nur auf Straßen, Feldwegen, Forstwegen oder Trampelpfaden und erfreut sich der Weiten einer Kulturlandschaft, die es seit einigen tausend Jahren gibt. Keiner will wieder zurück in den tiefen Wald oder ins Gestrüpp. Die Sehnsucht nach Natur gilt eigentlich der Kulturlandschaft, die Wildnis in sich aufnimmt. Deshalb ist es so wichtig, Kulturlandschaften weiter zu entwickeln, was ja tatsächlich auch auf der Agenda steht, aber deren Bedeutung für die Zukunft noch immer unterschätzt wird. Der Begriff Augenweide sagt eigentlich alles. Dies passiert erst recht bei einer Wanderung mal ganz allein, sei es durch die Stadtlandschaft, die Feldmark, die Auen, die Marschen oder Almen.

Das klingt alles nach ökologischer Landwirtschaft und Naturschutz, was längst eine HighTech Veranstaltung ist.

Dieses Statement nur, um auch die HighTech Visionäre mitzunehmen. Wenn es uns dann noch gelingt, kleine Module zur Strom- oder Kraftstofferzeugung in sonnige Karstgebiete oder die Tundra zu integrieren, sind sie bestimmt dabei.

Letztlich müssen wir die Natur auch entlasten und teilweise durch hochproduktive Verfahren ersetzen.

Luft nach oben

Wo werden heute technische Fortschritte erzielt? Die physikalischen Geheimnisse der Materie&Energie sind zumindest für die praktische Umsetzung erkennbar ausgereizt. Die Quantenphysik und Quantencomputer, Halbleiterphysik und Photovoltaik, Thermodynamik und Ottomotor, Elektrodynamik und Stromgenerator, Festkörperphysik und Laser, ….

Die physikalischen und chemischen Gesetze mögen derzeit keine Überraschung verbergen, aber viele Vorgänge im molekularen Bereich sind noch offen. Was die Welt im Innersten zusammenhält, ist auch heute noch die Frage. Und durch die Kombination von HighTech und Materialien steht uns noch ein reiches Potential an Lösungen zur Verfügung.

Gerade Letzteres kommt zum Tragen, wenn man sich Ziele setzt, etwa bei der künstlichen Photosynthese oder Proteinreaktoren. Insbesondere kompakte und robuste Lösungen für die Anwendung in der Fläche sind möglich und für die globale Anwendung nötig.

Wir dürfen nicht bei Verstromung und Wasserstofftechnologie stehen bleiben, auch wenn es besser ist, als gar nichts.

Finanzströme

Egal ob durch Internet-Monopolstellungen kürzlich super reich gewordene Unternehmer, oder an der Börse reich gewordenen oder ob Sparvermögensverwalter: Wohin mit dem Geld? Das All erobern, Warentermingeschäfte anzetteln, Autobahnen bauen oder Immobilien kaufen?  90% des Geldes kommt eigentlich von uns allen, aber wir haben keinen Einfluss auf die Investitionen. Das soll laut Neoliberalen der Markt richten. Aber schreit der Markt nach Nachhaltigkeit, nach gesellschaftlichen Investitionen in die Zukunft ohne finanzielle Amortisation? Das Kapital hechelt der Dividende hinterher. Die Warenproduktion ist diesbezüglich out. Was tun mit dem abgeschöpften Reichtum?

Wie können Projekte wie beispielsweise DESERTEC, unterstellt es wäre ein WinWin Prpjekt, von diesem Reichtum profitieren? Wie bekommen wir Spargelder wieder in Zukunftsprojekte, dort wo sie ursprünglich hingehörten?

Um wie viel produktiver wären die Milliarden, die man beispielsweise beim Stuttgarter Hauptbahnhof hätte sparen können, statt für Verkehrsfluss auch noch für eine unterirdische Erlebniswelt – sprich Einkaufszentrum – verballert hätte.

Der Staat grüne Fonds flankiert, damit langfristig endlich auch mal schlechtes Geld dem guten Geld hinterhergeworfen wird.

Die Kraft der Renaissance

Wir müssen unseren Kopf endlich wieder frei bekommen. Frei von den hausgemachten oder eingeredeten Zwängen.

Auch als Nicht-Historiker wissen wir um die Weichenstellung im Mittelalter hin zur Neuzeit, die bereits in Italien Anfang des 15. Jahrhundert seinen Ursprung hatte. Der Gedanke an die Wiedergeburt der Antike, aber viel mehr die Wiedergeburt des Menschen als freies Individuum, als Person war die treibende Kraft. Der Mensch, das Ich, wurde das Zentrum der Betrachtung der Welt, das galt konsequenter Weise gleichermaßen auch für Frauen. Dies war der gedankliche Befreiungsschlag von der überkommenen schicksalhaften Bestimmung als Rädchen im religiös gefestigten Ständesystem.

Und wo stehen wir heute?

Wir, die Erben der Renaissance, des Humanismus, der Entmachtung der Kirche (der Priester), der Aufklärung, der Befreiung vom Feudalismus, des Rationalismus, des Manchester Kapitalismus, der Demokratie, des Faschismus, des Sozialstaates, … haben nicht besseres zu tun, als fatalistisch über 5G, IoT, KI und Zoom-Fernunterricht zu quatschen.  Oder die Klimakrise als Erregungsthema und ideenlose Zwangsveranstaltung zu behandeln, die Profiteure einfach machen zu lassen.

Was ist aus dem Begriff Vernunft geworden? Werden hier neue Maßstäbe gesetzt? Gibt es Verständigung ohne die Idee von Vernunft? Begriffe wie nützlich, zweckdienlich scheinen heute obsolet, weil wir offensichtlich den Kompass verloren haben.

Welches Bild vom Mensch-Sein haben wir eigentlich?  Eines von dem, der die Erde bald verlassen muss und sich jetzt schon auf das Raumschiff oder Mond-Dasein vorbereiten muss? Oder ein sterbliches evolutionäres Wesen innerhalb der Naturkreisläufe? Letztlich eine philosophische Frage.  Bekennen wir uns zur Sterblichkeit, das Wesen des irdischen Lebens, dem Prinzip des Bestehens durch zyklische Erneuerung in Kreisläufen?

Die biologischen Kreisläufe – möglicherweise ursprünglich sogar aus der Erddrehung hervorgegangen – die Evolution, das Prinzip der Paarung und die Abhängigkeiten vom Fressen und Gefressen werden, davon ist (bis auf in der Neuzeit letzteres) der Mensch nicht befreit. Es ist die Frage, ob wir mit einem erfüllten Leben zufrieden wären, oder ob wir uns von den biologischen Zwängen befreien wollen.

Im ersteren Fall sollten wir über eine evolutionäre Konvergenz nachdenken, zumindest für die nächsten 100 Jahre.

Dem modernen Digital-Feudalismus gilt es die Stirn zu bieten. Wir brauchen eine neue Wiedergeburt des Menschen. Es muss uns gelingen, ein Narrativ für eine stabile, freudvolle und lebenswerte Zukunft zu entwickeln. Dann macht unser Leben wieder Sinn.

Aufruf zur Debatte

Wer bis hierhin mit der Lektüre durchgehalten hat, fragt sich, und nun?

Nun, wir könnten die hier vorgestellten Betrachtungen in den Stammtisch, die Umkleidekabine, die 3.Halbzeit, am Küchentisch, bei Borchardt oder beim Schreibtisch-Gegenüber ein- oder anbringen. Nicht in dem Sinne, dass diese Betrachtungen und Themen super genial wären, sondern vielfältig und als Ansporn, ohne Scheu offen, ehrlich und teilweise auch naiv diskutieren – und auch mal falsch liegen – zu dürfen.

Wieso nicht auch selbst Philosophieren? Eine Übung, die wir offensichtlich verlernt haben.  Unsere Zukunft wird nicht in Berlin entschieden und wenn wir uns anstrengen auch nicht in Silicon Valley. Dazu müssen wir unsere Köpfe endlich frei bekommen.

Schlussbemerkung

Ende März 2021 sollte endlich Schluss sein mit diesem Beitrag (jetzt ist bereits Mai), den ich Ende Januar 2021 aus Frust begonnen hatte. Die öffentliche Pandemie-Debatte ist nicht besser geworden und es wäre müßig, die Beispiele noch zu aktualisieren.

Wir können nur hoffen, dass die bleierne Pandemie mit ihrem Leid, den Erschöpfungen und Verwerfungen ab dem Sommer überwunden sein wird, auch wenn weitere kleine Maßnahmen zur langfristigen Eindämmung erforderlich sein werden.

Ab dem Sommer könnten wir dann natürlich freudig weitermachen wie bisher, ja sogar noch intensiver und schneller. Aber es gibt auch genug Anlass, über die Gestaltung der Zukunft nachzudenken. Etwa die Verödung der Innenstädte, die Ursachen der Homeschooling Schäden oder warum uns die Natur so gut tut.

Diesem Nachdenken wollte ich ein wenig Zusatzstoff geben. Ich kann nur hoffen, den richtigen Ton für mein Anliegen gefunden zu haben.

Mein Dank geht auch an die Autorinnen und Autoren der vielen kritischen und gut recherchierten Artikel im Internet, fast immer auch in Wikipedia. Es lohnt sich auf jeden Fall, egal zu welchem Thema, hier seine Betrachtungen zu erweitern und zu vertiefen.

 

 

4 Kommentare

  1. Dr. Friedhelm Hasper

    Der Facettenreichtum und die Be- ja geradezu Er-leuchtungswinkel aus denen zentripetal die wesentlichen Entwicklungsthemen unserer Zeit politischer, vor allem gesellschaftspolitischer und wissenschaftlicher Couleur entwickelt und beim Namen genannt werden tun gut, und, was uns allen gut täte, wäre nicht gerade statt, aber zumindest über die bekannte Fascienrolle gegen deren Verklebungen hinaus, eine dojomäßig wiederkehrende Neuronenrolle zur Wiederbelebung der zentralnervösen Verklemmungen unserer Gyri ala Renaissance.
    Das Aha-Erlebnis ist geglückt. Chapeau M. Grünig
    F. Hasper

  2. Dr. rer. nat. Walter Döldissen

    Eine Zeitkritik, die vielen aus dem Herzen sprechen wird! Ausgehend von den Schlagwörtern (Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Impfversagen, föderaler Flickenteppich etc.), mit denen uns Medien und auch Politik gegenwärtig traktieren, fragt der Autor: „quo vadis?“ und demaskiert dabei manche Verdummung und Fetischisierung. Getragen wird dieser Diskurs von einem Menschen- und Gesellschaftsbild, das im Humanismus und in der Aufklärung begründet ist. Er ist auch ein Appell an die Wahrung und Durchsetzung der Menschenrechte, den Schutz menschlicher Freiheit und der natürlichen Lebensgrundlagen. Allein an diesen Zielen müssen sich technischer Fortschritt und gesellschaftliche Weiterentwicklung orientieren. Eine immense Aufgabe angesichts einer Wirklichkeit globaler Ungerechtigkeit, selbstherrlicher, menschenverachtender Autokratien, neoliberaler Profitmaximierung ohne soziale Verantwortung, Klimabeeinträchtigung und Umweltzerstörung mit rücksichtsloser Ausplünderung begrenzter Ressourcen. In diesem Sinne gibt der sehr lesenswerte Artikel von M. Grünig Anstoß zu weiteren Analysen und Diskussionen.

  3. Dr. rer. nat. Tilman Fischer

    Wo Grünig recht her, hat er recht: Die ständige Forderung von Politikern aller Parteien geht einem wirklich langsam auf die Nerven. Wenn einem keine neuen Inhalte zur Lösung der aktuellen Probleme einfallen, muss man sich halt über die Kommunikationswege ereifern. Außerdem wirkt es modern.
    Aber wenn schon, denn schon: Quantum Computing wird die gepriesene Digitaltechnik, die tumbe Aneinanderreihung von Nullen und Einsen sehr bald alt aussehen lassen.
    Aber zurück zum Artikel:
    Dieser ist so allumfassend in seiner Kritik der gegenwärtigen Umstände, dass es eine Menge Punkte gibt, wo man dem Autor natürlich Recht geben muss- vieles noch aus den Diskussionen von 68: Ungerechtigkeiten im Kapitalismus, Manipulation der Jugend mit neuen Medien und entsprechender Infantilisierung der politischen Diskussion, Konsumzwang, Klimawandel, usw. …kann man alles unterschreiben! Aber erfrischend der Hinweis von Grünig, dass man eigentlich mit etwas Phantasie und Initiative auch ohne ständige Vergnügungsangebote ganz gut leben kann. Ein Anliegen Grünigs sticht allerdings deutlich heraus: Seine Empfehlung , die künstliche Fotosynthese als Energiequelle zu entwickeln. Sie würde ja alle Rohstoff- und Emissionsprobleme lösen. Allerdings sind wir hier ja von einer großtechnischen Anwendung noch etwas entfernt.
    Alternative Kernkraftwerkstechnologien, die ähnlich sauber und gefahrlos wie die künstliche Fotosynthese sein könnten, wären da viel greifbarer. Politik und Industrie haben gegenwärtig zumindest in Deutschland nicht den Mut und den Willen, in solche Entwicklungen zu investieren. deshalb werden wir uns weiter am Anblick der schlanken eleganten Windmühlen und den Silhouetten von qualmenden BraunkohlenKraftwerken erfreuen dürfen.

  4. Karsten Harfst 22.09.2021

    Matthias Grünigs Aufruf zu einer neuen Renaissance zielt auf das, was menschliches Leben für uns lebenswert macht. Es ist eine erfrischend zu lesende Klarstellung und Entlarvung all der hektisch und hysterisch daherkommenden Aufrufe, Verlautbarungen und als unabweislich deklarierten Empfehlungen, die, verstärkt und, wie es immer heißt, „fokussiert“ durch die Pandemie, die öffentliche Diskussion und Wahrnehmung seit schon fast zwei Jahren besonders heftig bestimmen. Dass er dadurch den Blick wieder schärft auf die noch immer recht solide und zuverlässig funktionierenden Eckpfeiler unseres Gemeinwesens nimmt man dankbar zur Kenntnis vor dem Hintergrund des auf- und abschwellenden Getöses über allgemeines oder partielles Staats- und sonstiges Versagen. Nun ist sein generalisierender Blick auf das Gesamtgeschehen so breit gefächert, dass es nahe liegt, sich auf die Aspekte zu konzentrieren, die in besonderer Weise überzeugen. Hier stehen an erster Stelle seine Gedanken zu der auf allen Ebenen und von allen Seiten geforderten Digitalisierung möglichst aller Bereiche des öffentlichen wie des privaten Lebens, dem aktuellen „Goldenen Kalb“, wie er es an anderer Stelle treffend nennt. Hier erkennt man den kompetenten Fachmann, der jedoch nicht nur aus der Insiderperspektive, sondern mit dem Überblick des demokratisch Denkenden und gesellschaftlich Verantwortlichen zu urteilen versteht. Natürlich ruft er nicht zum Einschmelzen des Kalbes, zur Verweigerung der Anwendung digitaler Technik auf, sondern, und dies ist sein zutiefst humaner Ansatz, zum Einsatz der Technik im Dienste der Menschen: „Die Menschen müssen sich nicht den Regeln anpassen, sondern die Regelungen (haben sich dem vom Menschen ausgehenden) Bedarf anzupassen“. Gerade der Nicht-Naturwissenschaftler ist dankbar für die in diesem Zusammenhang erfolgte Klarstellung der eigentlich immer gefühlten Begrenztheit der oft zum Mythos stilisierten Künstlichen Intelligenz. Dieses von Matthias Grünig geforderte Prinzip der Nutzung moderner Technologien trifft den Kern der aktuellen Entwicklung und führt zur Frage, was braucht der Mensch eigentlich? Wollen wir uns wirklich „smart“-gesteuert durch das Leben bewegen, brauchen wir das Internet der Dinge? Wollen wir uns der Gefahr der Entmündigung aussetzen, im Interesse der Entwickler, der Produzenten, der Finanziers? Was ist er eigentlich, der Mensch? Welches Bild haben wir von ihm? Matthias Grünig plädiert für eine überschaubare Welt, vernünftig geordnet, an den individuellen Interessen der Menschen ausgerichtet. Der Mensch muss Subjekt bleiben, er darf nicht zum Objekt kaum mehr demokratisch zu kontrollierender Kräfte werden. Sein Aufruf zu einer neuen Renaissance, die dem digitalen Feudalismus die Stirn bieten soll, ist ein schönes Bild. Es weckt Hoffnung, darf jedoch nicht vergessen lassen, dass die Renaissance auch am Anfang der Entwicklung zu unserer heutigen Moderne stand.

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