Piratenpartei – grandios aufgestiegen, kläglich abgestiegen – kommt da noch was?
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Stefan Körner und vielen Pirat*innen
Am 10. September 2006 gründete sich in der Berliner c-base die Piratenpartei Deutschland. Erstmalig in der Geschichte Deutschlands spielte sich die Vorbereitung einer Parteigründung vorwiegend im Internet unter den Augen der Öffentlichkeit ab. Die Pirat*innen weckten Hoffnungen, sie versprachen, dem System eine neue Richtung zu geben.
Menschen, die sich längst vom Wahlzirkus und den Parteien abgewandt hatten, machten plötzlich wieder mit. Die Medien applaudierten und der netzaffine Schwarm zog zur eigenen Überraschung 2011 mit einer beachtlichen Anzahl von Mandaten erstmals ins Abgeordnetenhaus von Berlin ein. Das war mehr als sexy und führte 2012 zu weiteren Wahlerfolgen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen. Doch schon 2013 entzogen enttäuschte Wähler*innen und Wähler bei den Wahlen in Niedersachsen den Piraten*innen ihre Stimme, weil Pirat*innen auf der Bundesebene nicht dass einlösten, was sie versprachen, mehr Transparenz u.v.m. Seither verzweifeln Pirat*innen an sich selbst. Hässliche, zwischenmenschliche Kämpfe auf allen Ebenen der Partei brachen aus und verhinderten die Suche nach Gemeinsamkeiten und effizienten Strukturen. Der Glanz, die Anziehungskraft ist seither dahin. Die Mitgliederzahlen sanken rapide.
Kann eine Marke, die so beschädigt ist, ihr Profil wieder schärfen, die inneren Werte, Grundsätze und Überzeugungen, die eine hohe Anziehungskraft besaßen, im Schaufenster wieder zum Leuchten bringen?
These 1: Ja, es geht dann, wenn die Pirat*innen ihre Ideale nicht verraten und in der Umsetzung dieser, nicht versagen. These 2: Es geht nicht mehr, weil die Menschen, die noch da sind, nichts von den bisherigen Idealen halten.