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Geopolitik im Indopazifik

Wirtschaftlich ist der Westen eng mit dem indopazifischen Raum verwoben. Nicht nur Rohstoffe, sondern auch Zwischen- und Endprodukte kommen aus China. Ein besonders wichtiger Lieferant ist Taiwan, das die Volksrepublik China als Teil ihres Territoriums auffasst. Die Drohung, auf Taiwan zuzugreifen, wird immer bedrohlicher. Die USA andererseits kann und will sich China hier entgegenstellen und gebärdet sich entsprechend. Zwischen den USA und China wachsen nicht nur die Verflechtungen, sondern gleichzeitig auch der Antagonismus. In diesem Zusammenhang verstärkte die USA auch ihre Beziehungen zu Australien. Dabei schreckt sie nicht davor zurück, den NATO-Partner Frankreich zu brüskieren.

Mit Matthias Garscha diskutieren wir in dieser 46. Peira-Matinée die Verhältnisse im Indopazifik aus geopolitischer Sicht. Die Diskussion erfolgte online am 5.12.2021. Moderation: Prof. Dr. Martin Haase.

Matthias Garscha, geboren 1963, ist Mitte/Ende 2011 zu den Piraten gestoßen. Er engagiert sich im Bereich Europa und Währungsfragen. Nachdem er seit 2014 seine Piratenmitgliedschaft ruhen gelassen hat, hat er mit anderen den Think Tank ANEPEconomics e.V. gegründet.

Das BGE aus der Perspektive von Kulturschaffenden

Das BGE aus der Perspektive von Kulturschaffenden
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Adrienne Göhler und vielen Pirat*innen

Angesichts fortschreitender Automatisierung ist die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens geradezu unausweichlich für die Gesellschaft der Zukunft. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist zudem Kulturförderung, denn Kreativität setzt Freiheit voraus – besonders die Freiheit von der Angst, nicht genug Einkommen zu haben, um sein Leben zu bestreiten.
Adrienne Goehler ist Psychologin, Publizistin und Kuratorin, sie war Präsidentin der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg, Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Berlin und Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds. 2010 veröffentlichte sie zusammen mit Götz Werner das Buch 1000 Euro für jeden. Freiheit, Gleichheit, Grundeinkommen.

Das bedingungslose Grundeinkommen, so Adrienne Göhler und Götz Werner, ist ein bahnbrechendes Konzept, um dem grundlegenden Wandel von Leben und Arbeit zu begegnen und die Menschen von Existenzangst zu befreien. Einfach, gerecht und finanzierbar! Es schafft Sicherheit und Freiraum für Kreativität und Eigeninitiative, gibt der Arbeit ihren Sinn und den Menschen ihre Würde zurück. Götz Werner und Adrienne Goehler zeigen, wie das Bedingungslose Grundeinkommen in die Praxis umgesetzt werden kann und wie es den Traum der Französischen Revolution von einer solidarischen Gesellschaft einlöst.

 

Zukunft denken – wenn nicht jetzt, wann dann?

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Martin Haase, Dr. Joachim Paul und Rainer Thiem am 14. Februar 2016, im Cum Laude, Humboldt-Universität zu Berlin

Die Welt ist wie nie zuvor aus den Fugen geraten. Der globale Wettkampf der Nationen, der keine Werte kennt, dessen einziges Ziel ökonomisches Wachstum ist, hat uns riesige Probleme beschert: Kriege um Ressourcen und Einflusssphären, Raubbau an der Natur, Klimawandel, Flucht und Vertreibung, extreme Ungleichheit zwischen arm und reich im Norden und erst recht in den Ländern des Südens.

Weltweit wachsen Angst und Verunsicherung, weil es offensichtlich keinen globalen politischen Konsens darüber gibt, wie diesen existenziellen Problemen zu begegnen ist. Nahezu alle politischen Systeme sind nicht mehr Herr des Handelns, sie werden regelmäßig von Skandalen erschüttert und stecken in einer strukturellen Legitimitätskrise. Sie sind abhängig von den in den Gesellschaften jeweils vorherrschenden Systemen der Medienberichterstattung sowie personalisierten Führungsformen in Politik und Mediensystemen. Die Konsequenz ist eine zunehmende Isolation der politischen Sphäre von den Bürgern.

Die zunehmende Verunsicherung befeuert politische Konservatismen und die Sehnsucht nach einfach zu treffende Lösungen bis hin zur weltweiten Wiederbelebung des Rassismus. Damit sind die Errungenschaften der Aufklärung, Freiheit und Demokratie erneut gefährdet. Sollen sie Bestand haben, es ist höchste Zeit über Zukünfte nachzudenken, die diesen sichern.

Hier der Link zum Netzpolitischen Manifest

Nicht der Klassenkampf, sondern das Klima und die ausgehenden Rohstoffe werden den Kapitalismus zu Fall bringen!

Ein Gespräch mit Ulrike Herrmann und Rainer Thiem am 13. Dezember 2015 im Cum Laude, Humboldt-Universität zu Berlin

Der Kapitalismus hat seit jeher viele Gesichter. Eins davon ist besonders hässlich: Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weltweit immer weiter und bringt großes Leid über die Menschen. Die Hoffnung vieler, dass der Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen – den Finanz- und Wirtschaftskrisen – zu Grunde geht, ist bisher nicht aufgegangen.

Auf den ersten Blick ist ein Ende des Kapitalismus nicht in Sicht, da die Möglichkeiten, als System auf dieser Welt zu expandieren, noch immer unbegrenzt sind. Doch wie uns die letzte Bankenkrise zeigte, könnte der Kapitalismus an seinem Geldüberfluss, der durch die Mechanismen des Finanzkapitalismus entstehen kann, zugrunde gehen. Diese Art Crash, durch Regulierung der Banken durch den Staat zu vermeiden, hat die Politik bisher nicht geschafft. Offen ist auch, ob beim Platzen der nächsten Blase härter reguliert werden würde. „Schließlich führe“, so nach Meinung unseres Gastes, Ulrike Herrmann, „ein massiver Eingriff in das System des Finanzkapitalismus zu seinem Einbruch – und Chaos und Panik folgten.“

Doch für Herrmann scheint es ausgemacht, „dass der Kapitalismus im Prinzip nicht zu retten ist. Die These von Karl Marx, dass der Kapitalismus an seinen Finanzkrisen und Wirtschaftskrisen untergehen würde, findet sie falsch, weil wir nach 250 Jahren Kapitalismus wissen, dass der Kapitalismus als Wirtschaftsform jede Finanzkrise übersteht. Das Ende des Kapitalismus wird anders kommen, nämlich dadurch, dass einfach die Rohstoffe ausgehen und die Umwelt verbraucht ist. Doch einen Plan, wie der und von wem durch Sachzwänge erzwungenen Ausstieg aus dem Kapitalismus zu organisieren ist, gibt es noch nicht.“

Notizen und weiterführende Links zur Matinée mit Ulrike Hermann von Prof. Martin Haase

19. Peira-Matinée: Europa steht am Scheideweg – Europa muss umgestülpt werden

Ein Gespräch mit Dr. Ulrike Guérot und Rainer Thiem am 13. Dezember 2015 im Cum Laude, Humboldt-Universität zu Berlin

Europa schaut spätestens seit der Finanz-, Ukraine-, Griechenland- und nun auch noch Flüchtlingskrise in einen immer tiefer werdenden Abgrund. Ein solidarisches Europa der Gleichheit und Demokratie rückt immer weiter in die Ferne. Ein Ende des vereinigten Europas mit gravierenden Erschütterungen des wirtschaftlichen und politischen Gleichgewichts des gesamten Westens, scheint nicht mehr ausgeschlossen. Es zeigt sich immer mehr, dass die Entscheidung über die weitere Entwicklung Europas nicht alleine den europäischen Regierungschefs überlassen bleiben darf. Die Zivilgesellschaften in den europäischen Ländern müssen sich stärker als in der Vergangenheit einbringen in die Diskussion für ein neues Europa, ein Europa, das die nationalen Egoismen überwindet.
„Europa muss umgestülpt werden“, sagt unser Gast, Ulrike Guérot, „das ist der – friedliche – revolutionäre Akt Europas im 21. Jahrhundert: Politische Gleichheit würde bedeuten, dass die europäischen Bürger gleich sind bei europäischen Wahlen, bei den bürgerlichen Steuern und bei ihrem Zugang zu sozialen Rechten – genau das wäre eine Europäische Republik! Das kann selbstverständlich nicht über Nacht, nicht einmal in wenigen Jahren passieren. Aber es kann als politisches Ziel formuliert werden, damit das europäische Projekt wieder einen Fingerzeig in Richtung Zukunft sieht.“

Matinéebezogenes Literaturverzeichnis:

  1. Rodrik, Dani: Das Globalisierungs-Paradox – Die Demokratie und die Zukunft der Weltwirtschaft, C.H.Beck, 2011
  2. Wittgenstein, Ludwig: Aphorismen: Satz 4.116; „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
  3. Müller, Jan-Werner: Anläufe zu einer politischen Theorie des Populismus, Transit, Heft 44, 62-71, Institut für die Wissenschaft von Menschen, 2013
  4. Michéa, Jean-Claude: Das Reich des kleineren Übels – Über die liberale Gesellschaft, Matthes & Seitz Berlin, 2014
  5. Wüllenweber, Walther: Die Asozialen – Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren – und wer davon profitiert, Sarrazin Verlag DVA, 2012
  6. Herrmann, Ulrike: Hurra, wir dürfen zahlen: Der Selbstbetrug der Mittelschicht, Westendverlag, 2010

18. Peira-Matinée: Anarchie. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert

Ein Gespräch mit Dr. Bernd Drücke und Rainer Thiem am 8. November 2015 im Cum Laude, Humboldt-Universität zu Berlin.

Anarchie ist Chaos und Terror? Unsinn! Anarchie ist eine egalitäre, solidarische Gesellschaft ohne Chef und Staat. Anarchistinnen und Anarchisten wollen den freiheitlichen Sozialismus realisieren.
Die Vielfalt des Anarchismus auch in Deutschland lässt sich gut anhand seiner Mediengeschichte aufzeigen. In den letzten 150 Jahren sind unzählige schwarz-rote Sternschnuppen, aber auch langlebige und einflussreiche libertär-sozialistische Zeitschriften entstanden.
Seit 1968 gibt es in der Bundesrepublik einen „neuen Anarchismus“. Und auch in der DDR gab es eine anarchistisch inspirierte Bewegung.
Anhand von Anschauungsmaterial wird in die Geschichte und Gegenwart des Anarchismus und seiner Presse eingeführt, mögliche Perspektiven einer Gesellschaft ohne Chef und Staat werden zur Diskussion gestellt.

 

Ankündigung und Umsetzung der Kündigung eines taz-Abos
Hier übernommen, weil unser Matinée-Gast Dr. Bernd Drücke, die beabsichtigte Kündigung des Abos gleich zu Beginn der Matinée ankündigte. Nachfolgend die Korrespondenz mit der taz und der Kommentar, in dem die Gründe für die Kündigung dargelegt werden.

taz-Abokündigung und Leserbrief per Email
Date:    Fri, 27 Nov 2015 18:09:22 +0100
From:   „Dr. Bernd Drücke“

Sehr geehrte taz-Redaktion,

hiermit kündige ich ab sofort mein taz-Abo und entziehe Euch die Einzugsermächtigung für mein Konto bei der Sparkasse Münsterland Ost. Ich war (mit kurzen Unterbrechungen) seit 1986 Abonnent der taz. Dass Ihr aber nun auch fette Bundeswehrwerbung abdruckt, ist für mich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Wenn Ihr wissen möchtet, warum ich mein taz-Abo kündige, lest bitte meinen hier angehängten Kommentar aus der Graswurzelrevolution, Monatszeitschrift für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft, Nr. 404 (Dezember 2015). Ich würde mich sehr über eine Stellungnahme von Euch und eine Dokumentation meines Kommentars in der taz (unter der RubrikLeserbriefe?) freuen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Bernd Drücke

Wes Lied ich sing, des Brot ich fress
Die taz ist ein anti-anarchistisches Organ der Militarisierung

Kommentar

Ich bin seit 1986 Abonnent der „tageszeitung“. Seitdem gab es immer wieder (verpasste) Gelegenheiten, mein Abo zu kündigen. Etwa als sich die taz 1999 zum Sprachrohr der Krieg führenden rot-grünen Bundesregierung gemacht hat.

Damals relativierte der grüne Bundesaußenminister Joseph Fischer unter dem Motto „Wir müssen ein zweites Auschwitz verhindern“ die Shoah, um auf so infame Weise den NATO-Angriffskrieg gegen die damalige Bundesrepublik Jugoslawien zu rechtfertigen. Das dritte Mal im 20. Jahrhundert bombardierten deutsche Bomber 1999 Belgrad und andere Städte in Jugoslawien. Und die taz betrieb als schrille Kriegstreiberstimme im Fischer-Korps Kriegspropaganda, mehr noch als die meisten anderen Zeitungen des Mainstream. Schließlich war es „ihre“ Regierung, die (als Teil der NATO) diesen ersten deutschen Angriffskrieg seit 1945 vom Zaun gebrochen hatte und propagandistische Unterstützung benötigte, um das grün-rote Wahlvolk auf Kriegskurs zu bringen. Seitdem hat sich die taz nicht wirklich gebessert. Wenn es um Kriegstreiberei geht, sitzt sie in den publizistischen Schützengräben oft weit vorne. Und da ist es nur logisch, dass sie jetzt auch ganzseitige Anzeigen der Bundeswehr abdruckt. In Abwandlung eines bekannten Spruches: „Wes Lied ich sowieso schon singe, des Brot kann ich auch fressen“.

Dass die taz auch bei der plumpen Gleichsetzung von Anarchie mit Terror und Chaos ganz weit vorne liegt, habe ich hier zuletzt im September 2015 in der GWR 401 beschrieben. Wie viele bürgerliche Medien ist sich die taz nicht zu blöd, immer wieder „die Anarchie“ als Schreckensbild zu verwenden. So auch, wenn sie über vermeintliche „Anarchie in Libyen“ (taz, 30.1.2015) schreibt oder behauptet: „In Burundi gab es noch nie einen wirklich funktionierenden Rechtsstaat. Doch seitdem Präsident Nkurunziza durch sein Bestreben nach einer illegalen dritten Amtszeit die Verfassung aus den Angeln gehoben hat, rutscht das Land in die Anarchie ab.“ (taz, 30.7.2015)

Nun hat sie den Vogel abgeschossen. Auf Seite 1 der taz vom 7./8. November 2015 brachte das Grünen-nahe Blatt unter der fetten Rubrik „DER STÄRKSTE SATZ“ folgendes Zitat des Historikers Timothy Snyder: „Hitler war kein Staatsmann oder Nationalist, sondern ein in rassistischen Kategorien denkender Anarchist.“

Wie bitte?!!!

In diesem kurzen Satz sind drei unglaubliche Lügen versammelt. Wer sich mit der Geschichte auch nur ein bisschen auskennt, weiß, dass Hitler ein extremer Staatsmann und Nationalist war. Wer sich ein bisschen besser auskennt, weiß, dass er die in den 1920er Jahren in Deutschland zeitweise aus über 150.000 AktivistInnen bestehende anarchistische Bewegung gehasst hat. Anarchistinnen und Anarchisten wurden von Hitlers Schergen verfolgt und vernichtet. Der Anarchist Erich Mühsam, der 1933 verhaftet und 1934 im KZ Oranienburg auf bestialische Weise von SS-Männern ermordet wurde, wird verhöhnt durch die Geschichtsverdrehung, die die taz da fett gedruckt auf ihrer Titelseite platziert hat. Widerlich! „Krieg ist Frieden“ – Orwell lässt grüßen!

Wer das zum Titelzitat gehörende journalistisch armselige Interview mit Timothy Snyder in der taz vom 7./8.11.2015 liest, wird erkennen, dass der „stärkste Satz“ keineswegs ein Ausrutscher war. Snyder ist ein Überzeugungstäter. Er nennt Hitlers Ideologie einen „ökologischen Anarchismus“ (!) und diffamiert so die gesamte anarchistische Bewegung, die in der NS-Zeit in Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes ausradiert wurde. Es ist empörend, dass die taz nicht in der Lage ist, dies als das zu erkennen, was es ist: eine Verleumdung, ein Hohn auf alle anarchistischen Opfer des Nationalsozialismus. Und das druckt eine Zeitung, die einst als Alternativblatt auch von AnarchistInnen mitgegründet wurde. Bitter.

Ich frage mich, ob die taz-Redaktion und die taz-Interviewerinnen Tania Martini und Christiane Müller-Lobeck tatsächlich noch nie gehört haben, dass es der Staatsmann und Nationalist Hitler war, der auch den Anarchismus in Deutschland 1933 zerschlagen hat. Hitler wollte keine herrschaftsfreie, gewaltlose Gesellschaft. Er war kein Anarchist, sondern DER Vertreter der besonders grausamen deutschen Variante des Faschismus.

Die GWR-AutorInnen Isabel Lipthay und Martin Firgau haben ihr taz-Abo am 12.11.2015 gekündigt und das wie folgt begründet:

„…unter Protest kündigen wir hiermit ab sofort unser langjähriges Abo der taz.

Beim Lesen der heutigen Ausgabe sind wir nur bis Seite 7 gekommen. Eine ganzseitige Anzeige der Bundeswehr? Das geht wirklich zu weit! Mir wird schon schlecht, wenn ich die Werbekampagne zum 60. in der Stadt an (gefühlt) jeder zweiten Werbefläche ertragen muss. Das brauche ich nicht auch noch am Frühstückstisch. Und dann von einer Zeitung, die einmal aus der Bewegung entstanden ist und noch irgendwie den Anspruch hat, sich vom Mainstream zu unterscheiden. Die Bundeswehr wird für die Seite gut gezahlt haben. Der Imageverlust Eurerseits und sicher einige gekündigte Abos stehen dagegen.“

Daraufhin antwortete ihnen der taz-Anzeigenleiter Jan Kniggendorf: „Die Entscheidung, die taz als Werbemedium anzubieten (und damit Erlöse zu erzielen), ist schon vor vielen Jahren gefallen. Eine große Mehrheit unserer GenossInnen trägt diese Geschäftspraxis. (…) Der Anzeigenverkauf trägt etwa 10 % zum Gesamtumsatz bei und ist damit ein nicht ganz unwesentlicher Bestandteil unserer Finanzierung.

Die taz als Anzeigenmedium zu verkaufen ist mitunter eine sehr schwierige Aufgabe. Die taz hat die kleinste Leserschaft unter den überregionalen Tageszeitungen und ist deshalb für viele Werbetreibende einfach verzichtbar. So gesehen sind Anzeigen von Konzernen, großen Unternehmen oder eben auch von Bundesministerien für uns ein Erfolg. Die Kampagne vom Bundesministerium der Verteidigung wurde übrigens auch in anderen Tageszeitungen und Nachrichtenportalen (Spiegel Online, Zeit, Süddeutsche, Welt, FAZ…) geschaltet. So gesehen waren wir zumindest in diesem Fall im ‚relevant Set‘ des Tageszeitungsmix vertreten…“

Martin Firgaus Antwort: „Lieber Herr Kniggendorf, danke für Ihre ausführliche Antwort. Nun ist mir klar geworden, dass die Entscheidung der Abo-Kündigung genau richtig war. Sie freuen sich sichtlich, betrachten es als Erfolg, ein Bundesministerium als Anzeigenkunden gewonnen zu haben! Wie schön, mal im ‚relevant set‘ der Großen mitspielen zu dürfen!

Meiner Meinung nach sind Sie bei der falschen Zeitung. Oder wir eben … Natürlich ist es legitim, Anzeigen zu schalten und Anzeigen geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Aber irgendwo gibt es doch Grenzen, nicht wahr? Ich z.B. bin nicht bereit, für Papier zu bezahlen, auf dem die olivgrüne Werbung des Kriegsministeriums gedruckt ist. Wo ist Ihre Schmerzgrenze? Sichern Rüstungsfirmen nicht auch Arbeitsplätze? So wie Sie das angehen, kriegen Sie die sicher auch noch als Kunden …“Bravo, lieber Martin, bravo, liebe Isabel! Sorgen wir dafür, dass es der taz auch finanziell weh tut, weiterhin Kriegspropaganda zu drucken. Ich jedenfalls kündige jetzt endlich – nach 29 Jahren – mein taz-Abo.

Bernd Drücke

PS: In dieser GWR drucken wir übrigens ebenfalls „Bundeswehr-Werbung“ Siehe Gerhard Seyfrieds Fotomontage auf dieser Seite und die Findus-Zeichnung auf Seite 12.
Kommentar aus: Graswurzelrevolution Nr. 404, Dezember 2015, 44. Jahrgang, www.graswurzel.net <http://www.graswurzel.net>

 

 

 

 

 

 

 

17. Peira-Matinée: Die Hartz-IV-Diktatur gehört abgeschafft

Die Hartz-IV-Ära, die 2005 begann, hat unendliche viele Menschen ins Elend gestürzt. Statt der Entspannung ist eine Verschärfung auf dem Arbeitsmarkt eingetreten und eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, die Verteilungskämpfe werden zunehmen. Bereits heute nach zehn Jahren beziehen 6,5 Millionen Menschen Hartz-IV, die wie es Inge Hannemann als Insiderin zu beschreiben weiß, in vielen Jobcentern zu Bittstellern degradiert wurden und werden. Statt der Rechtssicherheit ist für die Hartz-IV Bezieher ein Zustand der Willkür eingetreten. Als Sie Ihrem Arbeitgeber, der Bundesagentur für Arbeit in einem offenen Brief wegen der vielen Ungereimtheit  unbequeme Fragen stellte, wurde kurz darauf  ihr Computer überwacht, ihre Gespräche abgehört und ihr Arbeitsplatz durchsucht. Letztlich wurde sie freigestellt. Dabei war Inge Hannemann viele Jahre lang eine erfolgreiche Arbeitsvermittlerin gewesen, doch ihr Engagement für die Kunden sorgte für Unmut bei ihren Vorgesetzten.

In ihrem jüngst erschienen Buch „Die Hartz-IV-Diktatur“ deckt die Hartz-IV-Rebellin auf, was in den Jobcentern Deutschlands Tag für Tag geschieht, welche menschlichen Tragödien die Hartz IV-Sanktionen auslösen – und wie teuer das unseren Staat zu stehen kommt. Doch damit nicht genug: In den Schlusskapiteln ihres Buchs stellt Sie kurzfristige und langfristige Forderungen auf, um abschließend zu sagen, „Aufgeben kommt nicht in Frage – jetzt fängt es erst richtig an!“

Und genau darüber haben wir mit Inge Hannemann geredet.
In der Aufzeichnung wird ein Link für den Mitläufer e.V. angegeben, der nicht korrekt war. Hier der richtige Link: Wir Gehen Mit – Die Mitläufer e.V.

Protokoll

Martin Haase hat dankeswerterweise vom Vortrag und Diskussion ein komprimiertes Protokoll erstellt und mit vielen Links angereichert.

Hannemann/Rygiert, Die HartzIVDiktatur (Taschenbuch) – Rowohlt
Offener
Brief an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit | altonabloggt

Vortrag
Agenda 2010
Hartz I-III: HartzKonzept: Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
Vermittlungsskandal
Workfare-Staat
0-Euro-Jobs
Workfare
Was hat Hartz IV gebracht?

  • arbeitslos, erwerbslos
  • atypischer Arbeitsmarkt
  • Teilzeit, Mini-, Midi-Jobs usw.
  • Schattenbericht:
    • 3,8 Millionen offiziell Arbeitslose
    • 4 Millionen Schatten-Arbeitslose
    • 600 000 Minijobs

Schattenbericht 2015 der Armutskonferenz
Midijob
Arbeitsamt > Arbeitsgemeinschaft (ArGe) > Jobcenter
Wahlbeteiligung (Blankenese: 80–100%, Bezirke mit hoher Erwerbslosigkeit: 20%)
Eigenverantwortung: Verschiebung von Staat auf Betroffene

    • 600000 Arbeitsplätze jährlich: 1/3 davon: Minijobs, Traineeprogramme,
      Praktika
    • Es gehen genauso viele Arbeitsplätze verloren, wie geschaffen werden.

„Leistungsberechtigte“
Leitbild Jobcenter Neukölln
sozialer Friede gefährdet
Vernetzung

BGE

Diskussion

 

 

 

16. Peira-Matinée: Peschmerga, ISIS und der sozialistische Panzer

16. Peira-Matinée: Peschmerga, ISIS und der sozialistische Panzer – Ein Gespräch von Oliver Waack-Jürgensen mit Enno Lenze und vielen Gästen

Enno Lenze hat viele Reisen in die kurdische Region des Nordirak unternommen, hat mit Beteiligten gesprochen. Hier eine kleine Auswahl von Fragen, die wir Enno stellten: Wer genau ist die ISIS im Irak? Warum ist Kurdistan ein wichtiges Gebiet in der kämpferischen Auseinandersetzung mit der radikal islamistischen Organisation? Wessen Einheiten kämpfen gegen die ISIS? Welche Probleme haben die Kurden und wie können wir aus Europa helfen? Wie geht Kurdistan mit Geflüchteten um?

15. Peira-Matinée Tierschützer*innen – die neuen Terrorist*innen?

Tierschützer*innen – die neuen Terrorist*innen?
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Simon Kowalewski und vielen Gästen

Menschen, die sich für den Tierschutz oder für Tierrechte einsetzen, legen sich mit einem der größten Wirtschaftszweige, der Agro- und Fleischindustrie, an – und das sogar immer erfolgreicher. Diejenigen, die mit der Ausbeutung von Tieren Milliardenumsätze machen, geben sich aber nicht geschlagen, sondern nutzen für den Gegenangriff Verleumdungen und ihre guten Lobbykontakte. So erklärt sich, dass Organisationstatbestände, deren Einführung damit begründet wurde, Terrororganisationen unschädlich zu machen, bevor sie Straftaten begehen, jetzt eingesetzt werden, um Tierschützer*innen, die Straftaten weder begangen noch geplant hatten, einzuknasten.

14. PEIRA Matinee: Krypto Kriege 3.0 – Der Kampf um unsere Demokratie

Krypto Kriege 3.0 – Der Kampf um unsere Demokratie
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Angelika Beer und vielen Gästen

Nichts hat unser Leben so verändert wie die Digitale Revolution. Leider hat sich die Gesellschaft bis heute nur mit den technologischen Aspekten der Digitalen Revolution beschäftigt, und nicht so sehr mit ihren ethischen und soziologischen Folgen. Aber diese Revolution wird unsere Gesellschaft vollständig verändern – unsere Sicherheitspolitik genauso, wie den Kampf gegen den Terrorismus. Wir als Politiker müssen schnell handeln, wenn wir diesen Wandel noch beeinflussen wollen. Tun wir es nicht, werden Geheimdienste und große Konzerne die einzigen sein, die künftig noch wirkliche Entscheidungen treffen können. Der erneute Ruf nach der Vorratsdatenspeicherung und die Forderung, den Schutz durch Verschlüsselung zu schwächen sind alarmierend. Sie sie sind nichts anderes als ein weiterer Angriff der Geheimdienste, die nach Vorherrschaft streben und digitale Kriege vorbereiten

Die Kernfrage in der Sicherheitsdebatte nach den Morden von Paris lautet: Welche Instrumente wollen wir den Geheimdiensten und der Polizei an die Hand geben? Und wie groß – oder wie gering – ist unser Vertrauen darin, dass diese Instrumente nicht missbraucht werden? Unbestritten ist: Der Staat muss seine Bürger schützen. Aber die Mittel dazu müssen angemessen und erträglich sein. Sind sie es nicht, bedeutet das die Zerstörung unserer Demokratie – und die Terroristen haben gewonnen. Unser Vertrauen in die Behörden ist nach den Skandalen um NSA und NSU – um es freundlich auszudrücken – gestört. Dass die entsprechenden Behörden das notwendige Wissen über die Täter frühzeitig zur Verfügung hatten, ist der Beweis, dass es nicht der Mangel an Daten war, der die Aufklärung verhindert hat.

Die Debatte um einen wirkungsvollen Kampf gegen den Terrorismus muss in einer rationalen, am Ergebnis und am Grundgesetz orientierte Politik ihren Ausgangspunkt haben. Traum und Wunsch der Überwachungsindustrie ist, dass nur eine totale Überwachung absolute Sicherheit garantieren kann. Effektiv wurde diese Technologie aber bisher nur in Kriegsgebieten gegen Terroristen eingesetzt. Baut man auf diesem Schema auf, werden Metadaten dazu dienen, Menschen aufzuspüren und zu unterdrücken, die den politischen Ansichten der Regierung widersprechen. Was für ein Horrorszenario!

So lange die Behörden nicht willens sind, Vertrauen aufzubauen, und uns und unseren Argumenten zuhören, kann es keine Unterstützung für ihre Mittel geben, die auch zur Unterdrückung eingesetzt werden können. Und so lange es keinen Nachweis gibt, welche Mittel wirklich mehr Sicherheit und Schutz für Menschenrechte bieten, sind es nur weitere Angriffe gegen die Bürger und unsere Grundrechte, die wir nicht hinnehmen können.

Piratenpartei…kommt da noch was? Ein Gespräch mit Stefan Körner

Piratenpartei – grandios aufgestiegen, kläglich abgestiegen – kommt da noch was?
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Stefan Körner und vielen Pirat*innen

Am 10. September 2006 gründete sich in der Berliner c-base die Piratenpartei Deutschland. Erstmalig in der Geschichte Deutschlands spielte sich die Vorbereitung einer Parteigründung vorwiegend im Internet unter den Augen der Öffentlichkeit ab. Die Pirat*innen weckten Hoffnungen, sie versprachen, dem System eine neue Richtung zu geben.
Menschen, die sich längst vom Wahlzirkus und den Parteien abgewandt hatten, machten plötzlich wieder mit. Die Medien applaudierten und der netzaffine Schwarm zog zur eigenen Überraschung 2011 mit einer beachtlichen Anzahl von Mandaten erstmals ins Abgeordnetenhaus von Berlin ein. Das war mehr als sexy und führte 2012 zu weiteren Wahlerfolgen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen. Doch schon 2013 entzogen enttäuschte Wähler*innen und Wähler bei den Wahlen in Niedersachsen den Piraten*innen ihre Stimme, weil Pirat*innen auf der Bundesebene nicht dass einlösten, was sie versprachen, mehr Transparenz u.v.m. Seither verzweifeln Pirat*innen an sich selbst. Hässliche, zwischenmenschliche Kämpfe auf allen Ebenen der Partei brachen aus und verhinderten die Suche nach Gemeinsamkeiten und effizienten Strukturen. Der Glanz, die Anziehungskraft ist seither dahin. Die Mitgliederzahlen sanken rapide.
Kann eine Marke, die so beschädigt ist, ihr Profil wieder schärfen, die inneren Werte, Grundsätze und Überzeugungen, die eine hohe Anziehungskraft besaßen, im Schaufenster wieder zum Leuchten bringen?
These 1: Ja, es geht dann, wenn die Pirat*innen ihre Ideale nicht verraten und in der Umsetzung dieser, nicht versagen. These 2: Es geht nicht mehr, weil die Menschen, die noch da sind, nichts von den bisherigen Idealen halten.

Gewaltvolle Internetkommunikation – Ein Gespräch mit Antje Schrupp

Gewaltvolle Internetkommunikation – wie können wir uns dagegen politisch und juristisch wehren? Ein Gespräch von Christina Dinar mit Antje Schrupp

Am 8. März ist „Frauentag“, immer ein Anlass danach zu fragen, wie es um die Gleichberechtigung in der Geschlechterfrage steht und erst recht ein Grund danach zu fragen, wie es um die Geschlechterfrage im Netz steht?
Viele, besonders aktive Feminist*innen im Netz beklagen, dass sie kommunikative Gewalterfahrungen machen, wenn sie sich als Frauen identifizieren lassen und besonders dann, wenn sie auf Missstände im Geschlechterverhältnis aufmerksam machen. Der preisgekrönte Hashtag #aufschrei, hat den alltäglichen Sexismus, den Frauen im Netz erfahren, besonders sichtbar gemacht. Aber solche Hashtags können auch das Gegenteilige bewirken. Unter dem Hashtag #gamergate sammelte sich nicht nur Emanzipatorisches, sondern vor allem Hass und Wut gegen die Kritik von Spieleentwickler*innen, die sich auf die Darstellung von Frauen in Computerspielen bezog. Die Initiator*innen und Kritiker*innen wurden sehr systematisch bedroht, ihre privaten Wohnadressen wurden auf Twitter veröffentlicht, sie erhielten dort und auf ihren Blogs Morddrohungen.
Auch ich konnte in meiner Arbeit mit der Wikipediacommunity immer wieder beobachten wie Aktive, die als weiblich erkennbar wurden, besonders wenn sie die Zustände von (geschlechtlicher) Ungleichheit kritisierten, immer wieder besonders umfassender Kritik und Diskussion in teilweise einem sehr rauem Ton ausgesetzt wurden. Neu ist allerdings, dass sich inzwischen auch Plattformbetreiber ihrer Verantwortungen im Umgang mit Trollen stellen. So erklärte Twitter-CEO Dick Costolo im Februar, dass zukünftig gegen diskriminierende Accounts stärker vorgegangen werden soll. Und auch Wikipedia Gründer Jimmy Wales rief bereits 2014 dazu auf, dass sich das Projekt und vor allem die Community von dem „nerving Benutzer“ mit seinem toxischen und auch intoleranten Verhalten zur Not trennen müsse.
Das Ausmaß, in dem vor allem die kommunikative Gewalt im Online Bereich annimmt, wird erst langsam sichtbar, und ruft nicht nur die Plattformen und Verwalter dieser auf, sondern auch die Frage nach juristischen Regulierungsinstanzen auf den Plan. Doch es ist nicht nur eine Frage von Regeln und Gesetzen. Gewaltsame Kommunikation im Internet, wie sie viele erfahren ist nicht allein eine Aufgabe, die sich auf das Geschlecht bezieht, sie macht diese nur deutlich in ihrer Dringlichkeit, sich umfassender mit ihr zu beschäftigen und vor allem gemeinsam mit allen Akteuren zivil- und bildungspolitisch verschiedene Lösungen dieses Problems zu entwerfen.