Der gewollte Feind im Inneren
Der gewollte Feind im Inneren

Der gewollte Feind im Inneren

Ein Gastbeitrag von Florian Zumkeller-Quast

Die „Überwachungsaffäre“ brodelt nun schon seit einiger Zeit vor sich hin, doch spätestens seit herauskam, dass auch Angela Merkel abgehört wurde, ist das Thema in den Medien und in den Köpfen der Menschen angekommen. Alle werden überwacht, selbst die Kanzlerin Angela Merkel. Auch der Grüne Oppositionspolitiker Ströbele ist empört. So schrieb er kürzlich in seinem Blog, der verkürzt auch als Gastbeitrag in der New York Times erschien: »Eine solche böse Vision, aber scheint jetzt die Realität zu sein – nur sind die ausspionierten Millionen nicht US-Bürger, sondern Deutsche, die Ausgespähten sind deutsche Unternehmen, deutsche diplomatische Vertretungen, die abgehörte Regierungschefin ist Kanzlerin in Deutschland – und der Geheimdienst ist die NSA der USA.« Mit keinem Wort werden Bundesnachrichtendienst oder Verfassungsschutz erwähnt.

Die Fixierung der Debatte auf „die Amerikaner“ und „die NSA“  oder gar „deutschen Boden“ verfehlt aber den Kern des Problems. Es wird nicht von den eigenen Verfehlungen gesprochen, sondern nur von denen der Anderen. Diese Fixierung ist falsch und lenkt von der Realität ab: Deutsche Geheimdienste sind ebenso unkontrolliert – wenn nicht sogar weit unkontrollierter und gefährlicher. Das wissen wir spätestens, seit die Skandale beim Verfassungsschutz in Bezug auf den NSU öffentlich wurden. Auch wissen wir, dass BND, MAD und Verfassungsschutz E-Mails scannen und den Internetverkehr unter anderem am DE-CIX, dem größten Internetknoten Europas und der Welt, abgreifen.

Zudem wird Überwachung immer weiter privatisiert, die Überwachungsindustrie wächst. Dabei ist auch die Rolle der deutschen Firmen wie „Gamma“ oder „Trovicor“ bei Geschäften mit verdeckter Überwachung (wahrscheinlich zum Teil sogar mit Diktatoren) bedeutend. Auch Edward Snowden selbst war nicht bei der NSA direkt tätig, sondern bei einem externen Dienstleister. Private Unternehmen sind dabei noch schlechter zu kontrollieren als die Geheimdienste selbst.

Frühere Regierungen haben diese Entwicklung gefördert, indem sie Dutzende Überwachungsgesetze beschlossen: von der Vorratsdatenspeicherung über Staatstrojaner bis zur Bestandsdatenauskunft sind Strukturen und Mechanismen geschaffen worden, die denen von PRISM gleichen. Auch die Neuauflage der großen Koalition wird ihren Vorgängern in nichts nachstehen, das zeigt der aktuelle Stand der Koalitionsverhandlungen, die die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung schon fast sicher vorsehen. Ob nun das Abgreifen von Maut-Daten oder Fingerabdruckscanner in Schulkantinen, es ist ungewiss auf was wir uns noch gefasst machen müssen. Klar ist nur, dass der Trend in Richtung mehr Überwachung von allen Seiten geht.

Die Überwachung durch die NSA ist ein Symptom für einen generellen Paradigmenwechsel in der Politik. Wo bislang galt, dass schuldig ist, wem seine Schuld nachgewiesen wurde, gilt bei Videoüberwachung der Generalverdacht, man könne sich jederzeit schuldig machen. Die Datenerfassung durch die Vorratsdatenspeicherung ist eine weitere Präventivmaßnahme. Nationalismus, Deutschtümelei und Antiamerikanismus sind hier daher völlig verfehlt, denn diese Entwicklung durchzieht auch alle westlichen Staaten und nicht zuletzt Deutschland. Die wichtige Debatte zum Thema Überwachung muss, nach Meinung der Jungen Piraten, jetzt um die universellen Menschenrechte geführt werden – einschließlich des Menschenrechts auf unbeobachtete Kommunikation und der Unschuldsvermutung.

Der Blogger Michael Seemann fasste das kürzlich in einem Gastbeitrag im Magazin Spex so zusammen: »Die Grenzen verlaufen bei der Überwachung nicht zwischen den Staaten, sondern zwischen oben und unten.« Damit hat er Recht. Nicht die USA überwachen Deutschland, sondern Geheimdienste überwachen Menschen. Und zwar alle Geheimdienste.

Mit der Zeit haben sie so viele Befugnisse bekommen, dass sie eigenständig ihre Zusammenarbeit intensivierten. Die unterschiedlichen Geheimdienste arbeiten nicht gegeneinander, sondern miteinander. Aussagen wie die oben zitierte von Hans-Christian Ströbele sind befremdlich. Sie zeugen von Naivität oder Unwissen und buhlen um Stammtisch-Zustimmung durch Nationalismus.

Die drohenden Gefahren gehen also nicht von anderen Staaten aus, sondern es sind die Geheimdienste, die als gewollte Feinde im Inneren daran sind, die Demokratie zu zersetzen.

2 Kommentare

  1. Rudi

    Kann es sein, dass dieser Blogpost zwar hübsch zusammengetragen, aber im Fazit völliger Unsinn ist? „Die drohenden Gefahren gehen also nicht von anderen Staaten aus, sondern es sind die Geheimdienste, die als gewollte Feinde im Inneren daran sind, die Demokratie zu zersetzen.“ Ergibt einfach keinen Sinn. Von wem gewollt? Wieso dann Feind? Nee, das ist nicht durchdacht.

    1. Mirco

      Es muss nicht immer gewollt sein, oder gar ein Plan mit Ziel geben. Es kann sich auch entwickeln, oft aus Angst vor irgendwas. Meist gibt es ganz am Anfang ein Ziel von einzelnen irgendwas zu erreichen, dann entsteht eine krude Theorie die Angst erzeugt. Wenn dann gehandelt wird kommt ein Apparat in Gang der kaum noch aufzuhalten ist. In der Regelungstechnik würde man von fehlender Dämpfung sprechen. Es kann in einem solchen System auch zum Überschwingen kommen.

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