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16. Peira-Matinée: Peschmerga, ISIS und der sozialistische Panzer

16. Peira-Matinée: Peschmerga, ISIS und der sozialistische Panzer – Ein Gespräch von Oliver Waack-Jürgensen mit Enno Lenze und vielen Gästen

Enno Lenze hat viele Reisen in die kurdische Region des Nordirak unternommen, hat mit Beteiligten gesprochen. Hier eine kleine Auswahl von Fragen, die wir Enno stellten: Wer genau ist die ISIS im Irak? Warum ist Kurdistan ein wichtiges Gebiet in der kämpferischen Auseinandersetzung mit der radikal islamistischen Organisation? Wessen Einheiten kämpfen gegen die ISIS? Welche Probleme haben die Kurden und wie können wir aus Europa helfen? Wie geht Kurdistan mit Geflüchteten um?

15. Peira-Matinée Tierschützer*innen – die neuen Terrorist*innen?

Tierschützer*innen – die neuen Terrorist*innen?
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Simon Kowalewski und vielen Gästen

Menschen, die sich für den Tierschutz oder für Tierrechte einsetzen, legen sich mit einem der größten Wirtschaftszweige, der Agro- und Fleischindustrie, an – und das sogar immer erfolgreicher. Diejenigen, die mit der Ausbeutung von Tieren Milliardenumsätze machen, geben sich aber nicht geschlagen, sondern nutzen für den Gegenangriff Verleumdungen und ihre guten Lobbykontakte. So erklärt sich, dass Organisationstatbestände, deren Einführung damit begründet wurde, Terrororganisationen unschädlich zu machen, bevor sie Straftaten begehen, jetzt eingesetzt werden, um Tierschützer*innen, die Straftaten weder begangen noch geplant hatten, einzuknasten.

14. PEIRA Matinee: Krypto Kriege 3.0 – Der Kampf um unsere Demokratie

Krypto Kriege 3.0 – Der Kampf um unsere Demokratie
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Angelika Beer und vielen Gästen

Nichts hat unser Leben so verändert wie die Digitale Revolution. Leider hat sich die Gesellschaft bis heute nur mit den technologischen Aspekten der Digitalen Revolution beschäftigt, und nicht so sehr mit ihren ethischen und soziologischen Folgen. Aber diese Revolution wird unsere Gesellschaft vollständig verändern – unsere Sicherheitspolitik genauso, wie den Kampf gegen den Terrorismus. Wir als Politiker müssen schnell handeln, wenn wir diesen Wandel noch beeinflussen wollen. Tun wir es nicht, werden Geheimdienste und große Konzerne die einzigen sein, die künftig noch wirkliche Entscheidungen treffen können. Der erneute Ruf nach der Vorratsdatenspeicherung und die Forderung, den Schutz durch Verschlüsselung zu schwächen sind alarmierend. Sie sie sind nichts anderes als ein weiterer Angriff der Geheimdienste, die nach Vorherrschaft streben und digitale Kriege vorbereiten

Die Kernfrage in der Sicherheitsdebatte nach den Morden von Paris lautet: Welche Instrumente wollen wir den Geheimdiensten und der Polizei an die Hand geben? Und wie groß – oder wie gering – ist unser Vertrauen darin, dass diese Instrumente nicht missbraucht werden? Unbestritten ist: Der Staat muss seine Bürger schützen. Aber die Mittel dazu müssen angemessen und erträglich sein. Sind sie es nicht, bedeutet das die Zerstörung unserer Demokratie – und die Terroristen haben gewonnen. Unser Vertrauen in die Behörden ist nach den Skandalen um NSA und NSU – um es freundlich auszudrücken – gestört. Dass die entsprechenden Behörden das notwendige Wissen über die Täter frühzeitig zur Verfügung hatten, ist der Beweis, dass es nicht der Mangel an Daten war, der die Aufklärung verhindert hat.

Die Debatte um einen wirkungsvollen Kampf gegen den Terrorismus muss in einer rationalen, am Ergebnis und am Grundgesetz orientierte Politik ihren Ausgangspunkt haben. Traum und Wunsch der Überwachungsindustrie ist, dass nur eine totale Überwachung absolute Sicherheit garantieren kann. Effektiv wurde diese Technologie aber bisher nur in Kriegsgebieten gegen Terroristen eingesetzt. Baut man auf diesem Schema auf, werden Metadaten dazu dienen, Menschen aufzuspüren und zu unterdrücken, die den politischen Ansichten der Regierung widersprechen. Was für ein Horrorszenario!

So lange die Behörden nicht willens sind, Vertrauen aufzubauen, und uns und unseren Argumenten zuhören, kann es keine Unterstützung für ihre Mittel geben, die auch zur Unterdrückung eingesetzt werden können. Und so lange es keinen Nachweis gibt, welche Mittel wirklich mehr Sicherheit und Schutz für Menschenrechte bieten, sind es nur weitere Angriffe gegen die Bürger und unsere Grundrechte, die wir nicht hinnehmen können.

Piratenpartei…kommt da noch was? Ein Gespräch mit Stefan Körner

Piratenpartei – grandios aufgestiegen, kläglich abgestiegen – kommt da noch was?
Ein Gespräch von Rainer Thiem mit Stefan Körner und vielen Pirat*innen

Am 10. September 2006 gründete sich in der Berliner c-base die Piratenpartei Deutschland. Erstmalig in der Geschichte Deutschlands spielte sich die Vorbereitung einer Parteigründung vorwiegend im Internet unter den Augen der Öffentlichkeit ab. Die Pirat*innen weckten Hoffnungen, sie versprachen, dem System eine neue Richtung zu geben.
Menschen, die sich längst vom Wahlzirkus und den Parteien abgewandt hatten, machten plötzlich wieder mit. Die Medien applaudierten und der netzaffine Schwarm zog zur eigenen Überraschung 2011 mit einer beachtlichen Anzahl von Mandaten erstmals ins Abgeordnetenhaus von Berlin ein. Das war mehr als sexy und führte 2012 zu weiteren Wahlerfolgen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen. Doch schon 2013 entzogen enttäuschte Wähler*innen und Wähler bei den Wahlen in Niedersachsen den Piraten*innen ihre Stimme, weil Pirat*innen auf der Bundesebene nicht dass einlösten, was sie versprachen, mehr Transparenz u.v.m. Seither verzweifeln Pirat*innen an sich selbst. Hässliche, zwischenmenschliche Kämpfe auf allen Ebenen der Partei brachen aus und verhinderten die Suche nach Gemeinsamkeiten und effizienten Strukturen. Der Glanz, die Anziehungskraft ist seither dahin. Die Mitgliederzahlen sanken rapide.
Kann eine Marke, die so beschädigt ist, ihr Profil wieder schärfen, die inneren Werte, Grundsätze und Überzeugungen, die eine hohe Anziehungskraft besaßen, im Schaufenster wieder zum Leuchten bringen?
These 1: Ja, es geht dann, wenn die Pirat*innen ihre Ideale nicht verraten und in der Umsetzung dieser, nicht versagen. These 2: Es geht nicht mehr, weil die Menschen, die noch da sind, nichts von den bisherigen Idealen halten.

Gewaltvolle Internetkommunikation – Ein Gespräch mit Antje Schrupp

Gewaltvolle Internetkommunikation – wie können wir uns dagegen politisch und juristisch wehren? Ein Gespräch von Christina Dinar mit Antje Schrupp

Am 8. März ist „Frauentag“, immer ein Anlass danach zu fragen, wie es um die Gleichberechtigung in der Geschlechterfrage steht und erst recht ein Grund danach zu fragen, wie es um die Geschlechterfrage im Netz steht?
Viele, besonders aktive Feminist*innen im Netz beklagen, dass sie kommunikative Gewalterfahrungen machen, wenn sie sich als Frauen identifizieren lassen und besonders dann, wenn sie auf Missstände im Geschlechterverhältnis aufmerksam machen. Der preisgekrönte Hashtag #aufschrei, hat den alltäglichen Sexismus, den Frauen im Netz erfahren, besonders sichtbar gemacht. Aber solche Hashtags können auch das Gegenteilige bewirken. Unter dem Hashtag #gamergate sammelte sich nicht nur Emanzipatorisches, sondern vor allem Hass und Wut gegen die Kritik von Spieleentwickler*innen, die sich auf die Darstellung von Frauen in Computerspielen bezog. Die Initiator*innen und Kritiker*innen wurden sehr systematisch bedroht, ihre privaten Wohnadressen wurden auf Twitter veröffentlicht, sie erhielten dort und auf ihren Blogs Morddrohungen.
Auch ich konnte in meiner Arbeit mit der Wikipediacommunity immer wieder beobachten wie Aktive, die als weiblich erkennbar wurden, besonders wenn sie die Zustände von (geschlechtlicher) Ungleichheit kritisierten, immer wieder besonders umfassender Kritik und Diskussion in teilweise einem sehr rauem Ton ausgesetzt wurden. Neu ist allerdings, dass sich inzwischen auch Plattformbetreiber ihrer Verantwortungen im Umgang mit Trollen stellen. So erklärte Twitter-CEO Dick Costolo im Februar, dass zukünftig gegen diskriminierende Accounts stärker vorgegangen werden soll. Und auch Wikipedia Gründer Jimmy Wales rief bereits 2014 dazu auf, dass sich das Projekt und vor allem die Community von dem „nerving Benutzer“ mit seinem toxischen und auch intoleranten Verhalten zur Not trennen müsse.
Das Ausmaß, in dem vor allem die kommunikative Gewalt im Online Bereich annimmt, wird erst langsam sichtbar, und ruft nicht nur die Plattformen und Verwalter dieser auf, sondern auch die Frage nach juristischen Regulierungsinstanzen auf den Plan. Doch es ist nicht nur eine Frage von Regeln und Gesetzen. Gewaltsame Kommunikation im Internet, wie sie viele erfahren ist nicht allein eine Aufgabe, die sich auf das Geschlecht bezieht, sie macht diese nur deutlich in ihrer Dringlichkeit, sich umfassender mit ihr zu beschäftigen und vor allem gemeinsam mit allen Akteuren zivil- und bildungspolitisch verschiedene Lösungen dieses Problems zu entwerfen.

Cannabis freigeben – Jetzt! Ein Gepräch mit dem Hanfaktivisten Steffen Geyer

Die seit vielen Jahrzehnten anhaltende weltweite Prohibition von Cannabis wird mittlerweile in immer weniger Ländern durchgesetzt. Die Erkenntnisse über den medizinischen Nutzen von Cannabis nehmen zu. Mehr und mehr Krankheitsbilder werden erfolgreich mit Cannabisprodukten behandelt oder ihre Symptome gelindert. Cannabis KonsumentInnen werden nicht zu irren GewalttäterInnen, es konnten in Studien keine hirnorganischen Veränderungen nachgewiesen werden, auch nicht bei DauerkonsumentInnen. Es sind keine Todesfälle durch Cannabiskonsum bekannt. Trotz dieser nicht gerade neuen Erkenntnisse werden Cannabis und die KonsumentInnen von Cannabisprodukten, in Deutschland nach wie vor verteufelt. Cannabisprodukte werden als Einstiegsdroge gesehen, die zwangsläufig zu härteren Drogen führt. Andere tief sitzende Vorurteile sind wohl bekannt.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts der Politik den Auftrag erteilt, diese problematische Gesetzgebung zu ändern. Problematisch im Sinne von unverhältnismäßig, am Bedarf der Menschen vorbei. Bis heute ist nicht viel passiert. Nach wie vor bestehen unsichere Rechtslagen, die sich von Bundesland zu Bundesland, von Stadt zu Stadt unterscheiden.

Unser Gast Steffen Geyer, Hanfaktivist und Olli Waack, Themenbeauftagter Suchtpolitik im Landesvorstand der Berliner Piraten, möchten Antworten geben auf die vielen Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen: Wie kam es eigentlich zu dem Verbot einer bis dahin alltäglichen Kulturpflanze? Welche Menschen waren daran beteiligt? Welche Gründe haben in die Prohibition geführt? Wie wurde Hanf vor dem Verbot genutzt? Warum argumentieren Konservative wie der Berliner Innensenator Frank Henkel(CDU) hilflos mit den ausgebrannten Argumenten des vergangenen Jahrhunderts? Und warum…?

Die Ukraine-Krise – ein Gespräch mit Inna Melnykovska

Seit den Euromaidan-Protesten, bei denen es im Kern um mehr soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen Korruption ging, erlebt die Ukraine ihre tiefste Staats- und Gesellschaftskrise seit Erlangung der Unabhängigkeit 1991. Die Hoffnungen auf die Reformen, die zu einem Regierungswechsel und zum Einzug der neuen Parteien und zivilgesellschaftlichen Aktivisten ins Parlament führten, wurden betrübt. Im März letzten Jahres hat Russland die Krim annektiert. Seit Monaten liefern sich Regierungstruppen und separatistische Regierungsgegner, die von Russland unterstützt werden, blutige Kämpfe im östlichen Gebieten des Landes. Hunderte werden auf beiden Seiten getötet und verletzt. Tausende Menschen sind auf der Flucht. Verschlechtert wird die Lage durch die Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Ukraine befindet sich im freien Fall. Der Verteidigungskrieg in östlichen Gebieten bremst die erhofften und dringend erforderlichen Reformen, die die Lage stabilisieren könnten. Gelingt es der der Europäischen Union nicht, den Streit zwischen Moskau und Kiew politisch zu schlichten, werden auch Sicherheit und Frieden in Europa und weit darüber hinaus gefährdet.

Der Unrechtsstaat: ein Diskurs mit Wolfgang Nešković über die Dimensionen des Begriffs

Die aktuelle Thüringer rot-rot-grüne Koalitionsbildung hat die Frage, was die DDR war, wieder auf die politische Agenda gesetzt. “Die DDR war ein Unrechtsstaat”, sagt Angela Merkel – sonst selten für Klartext bekannt. Auch der Bundespräsident mischt sich mit einem warnenden Statement, in die Thüringer Regierungsbildung ein.

Ist unser Rechtsstaat durch die Wahl eines linken Ministerpräsidenten wirklich in Gefahr? Was macht einen Rechtsstaat aus? Ist ein Rechtsstaat immer noch ein Rechtsstaat, obwohl er die grundgesetzlich verbrieften Rechte seiner Bürger durch anlasslose Überwachung bricht?

Und, was ist ein Unrechtsstaat? Die Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger sowie Bundestags-Fraktionschef Gregor Gysi betonen in einer gemeinsamen Erklärung, die DDR sei ein Staat gewesen, „in dem die politische Willkür jederzeit Recht und Gerechtigkeit ersetzen konnte, in dem zehntausende Biografien durch staatliches Unrecht gebrochen und zerstört wurden“. Dafür habe die SED die Hauptverantwortung getragen. Beschreibt diese Erklärung nicht die juristischen, politischen und moralischen Dimensionen, die es rechtfertigen die DDR als Unrechtssaat zu bezeichnen? Oder müssen noch andere Merkmale vorliegen, um einen Staat als Unrechtsstaat zu bezeichnen?

Peira-Matinee: Stolpersteine – Kunstwerk, Mahnmal, Politisches Projekt

1995 verlegte der Künstler Gunter Demnig seinen ersten Stolperstein. Inzwischen sind mehr als 45.000 Stolpersteine in vielen Ländern Europas verlegt worden. Bei der Spurensuche nach dem Lebensweg eines NS-Opfers, für das man einen Stolperstein legen will, werden sowohl NS-Dokumente als auch Dokumente der Entschädigungs- und Rückgabeakten gelesen.Dabei erfährt man von der Ausgrenzung, Ausplünderung und Deportation des Opfers. Die Dokumente, Fotos, Erlebnisberichte in den Archiven geben gleichzeitig einen Einblick darein, wie viele Bürger von diesen Ausplünderungen, Verwertungen und Deportationen wussten, d.h. wie umfassend die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Verbrechen in der NS-Diktatur war. Die Stärke des Projekts besteht darin, dass es sich entwickelt. Es gibt keinen vorgegebenen Zugang und keine Erwartungshaltung einer Organisation oder des Künstlers selbst, wie die Recherche, die Übergabe der Steine an die Öffentlichkeit oder die Begehung des Denkmals zu erfolgen habe.

Peira-Matinee: Bedingungsloses Grundeinkommen

Die Idee, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage vom Staat eine gesetzlich festgelegte finanzielle Zuwendung zu erhalten, für die keine Gegenleistung erbracht werden muss, ist nicht neu. Ja, sie ist sogar ein globales Phänomen. Aus humanitärerer Sicht soll das BGE jedem Gesellschaftsmitglied ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Aus ökonomischer Sicht soll mit dem Grundeinkommen die Finanzierbarkeit des Sozialstaats erhalten bleiben, die untrennbar mit der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung verbunden ist. Zu den in Deutschland diskutierten Modellen eines BGE gehören zum Beispiel das Solidarische Bürgergeld (Althaus-Modell), das Ulmer Modell oder das Modell der von Götz Werner gegründeten Initiative Unternimm die Zukunft. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die auf Milton Friedman zurückgehende negative Einkommensteuer. Die oft leidenschaftliche Diskussion über die Modelle konnte jedoch noch keine durchschlagende Wirkung erzielen.

Was ist also wie zu tun, damit wir es bekommen? Antworten gibt die Matinee vom 21.09.2014 mit Prof. Dr. Elmar Altvater.

Peira-Matinee – Aufklärung 2.0

Schon der Gründungsakt der Piraten 2006 stellte einen ersten Versuch des Ausbruchs aus dem klassischen politischen Denken dar. Zur Zeit scheint aber das piratige Narrativ des demokratischen Netzwerks nicht auszureichen, um über die ‘natürlichen’ Startschwierigkeiten einer Partei hinwegzuretten. Die Idee droht, zwischen klassischem Polit-Denken auf der einen Seite und den Kaperversuchen der politischen Konkurrenz auf der anderen verwässert oder verschüttet zu werden: Die Netzidee sowohl als Opfer der Vereinfachung der Argumente in Krisenzeiten als auch der Beharrungskräfte und der Trägheit herrschender Strukturen. Was ist also zu tun? Joachim Paul, Fraktionsvorsitzender der Piraten im Landtag von Nordrhein-Westfalen zeigte im Gespräch mit Rainer Thiem, Peira e.V. und Gästen den Möglichkeitsraum für einen nachhaltigen Ausbruch auf. Fazit am Ende des Gesprächs: Aufgabe der Piraten war und ist, nicht dem Mainstream zu folgen, sondern die großen System-/Lebenslügen aufzudecken und die Rolle des Ketzers verstärkt anzunehmen.

PEIRA-MATINEE – Postsozialliberalismus

Die Gründung neuer Parteien scheint oft an ein Thema oder zumindest wenige Themen geknüpft zu sein: bei der Gründung der Grünen ging es um Umweltschutz und Frieden, bei der Gründung der Piraten um die Verteidigung des Internets und damit verbunden um ein besseres Urheberrecht, bei der Gründung der AfD um die Eurokrise. Doch stehen diese Themen nicht isoliert, sondern ordnen sich in einen gewissen ideologischen Rahmen ein: Bei den Grünen war dies der Postmaterialismus, also die Auseinandersetzung mit der Orientierung der Vorgängergeneration auf Materielles und Wachstum. Bei der AfD geht es um mehr als den Euro, denn der ideologische Rahmen ist eindeutig in einem unzeitgemäßen Nationalismus zu suchen. Der ideologische Hintergrund der Piratenpartei ist ganz anders: Die Piraten sind von Anfang an eine internationale Bewegung gewesen, die in einem Rahmen entsteht, in dem die Auseinandersetzung mit Wachstum und dem Streben nach materiellem Wohlstand bereits ausgefochten ist. Deshalb ist ja auch die Beschreibung der Piratenideologie als postmaterialistisch unzureichend, vielmehr kann von einer immaterialistischen Ideologie gesprochen werden. Dass die materiellen Ressourcen begrenzt sind und unendliches Wachstum nicht möglich ist, muss nicht mehr debattiert werden. Im Vordergrund stehen vielmehr die immaterielle Wissensgesellschaft und ihre Gestaltung.