Die Ziele der 68er – Für die einen sind sie der Schlüssel zu mehr Demokratie, die anderen kritisieren die Zerstörung traditioneller Werte
In seinem Impuls nimmt Hans-Christian Stellung zu den Zielen der 68er und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Auch zog er ein allgemeines und persönliches Fazit zum Stammheim-Prozess aus heutiger Sicht.
Mit ihrer Fundamentalkritik an der deutschen Nachkriegsgesellschaft, ihren Protesten gegen deren starre Strukturen, den Vietnamkrieg und die rigide Sexualmoral verfolgten die 68er das Ziel, Menschen für eine gemeinsame Politik zu mobilisieren, die sie von kapitalistischer Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung befreit.
Darüber hinaus ging es ihnen um den Aufbau einer effektiven außerparlamentarischen Opposition (APO). Die 68er waren gegen die Große Koalition von 1966, sie forderten eine vollständige Entnazifizierung der deutschen Gesellschaft, einen konsequenten Antifaschismus und die Durchsetzung einer tiefgreifenden Hochschul- und Bildungsreform. Sie bekämpften die deutschen Notstandsgesetze und den großen Einfluss des Axel-Springer-Verlags.
Positive Stimmen führen an, dass die 68er mit ihren Protesten das Bewusstsein formten, mit dem die liberale Demokratie der 70er Jahre überhaupt erst möglich geworden sei. Dass die Bewegung nicht nur Erfolge sondern auch fatale Irrungen mit sich brachte, wird von ehemaligen 68er-Akteuren nicht verschwiegen. Kritisch beschreibt z.B. der Sozialphilosoph Oskar Negt die Gewaltgeschichte der 68er. Was sich in der APO an Gewaltbereitschaft im Umfeld von Baader und Meinhof angesammelt habe, „hat mit humaner Entwicklung, mit Menschlichkeit und Sozialismus überhaupt nichts zu tun. Ich sehe schon das Abgleiten in ein Revolutionsverständnis, bei dem der humane Gesichtspunkt völlig verschwunden ist.“
Das Attentat auf Rudi Dutschke und die Folgen
Mit dem Attentat auf Rudi Dutschke am 11. April 1968 begann der Zerfall der 68er-Bewegung: Ein Teil wandte sich wieder dem parlamentarischen Reformismus zu, andere bildeten autoritär und zentralistisch geführte K-Gruppen, einige bildeten in den 70er-Jahren die linksterroristische Bewegung 2. Juni oder die Rote Armee Fraktion, kurz RAF.
Die RAF hatte über Jahre mehrere Anschläge mit vielen Toten, unter anderem auf das US-Hauptquartier in Frankfurt, verübt. Ende 1972 wurden die Führungsmitglieder der RAF nach langer Verfolgung gefasst und verhaftet und von 1975 bis 1977 – in einem eigens errichteten Gebäude in Stuttgart-Stammheim – der Prozess gemacht.
Von 1970 bis 1975 übernahmen Hans-Christian Ströbele und weitere Rechtsanwälte die Verteidigung von RAF-Mitgliedern. Kurz vor dem eigentlichen Prozess von 1975 bis 1977 wurden Ströbele und einige seiner Kollegen wegen Unterstützung der RAF vom Prozess ausgeschlossen.
Abschließend ging es um die Frage, ob es einer neuen APO bedarf, um den positiven Geist der 68er „Aufklärung, Emanzipation und Solidarität“ zu schützen vor der AfD und den weiteren Rufern nach einer konservativen Revolution?“